Ursprünglich hat im hiesigen Amte das Meierrecht in
seiner vollen Strenge Anwendung gefunden; der Meier konnte nur das
allodium separabile willkührlich veräußern; für
das allodium cum villa conjunctum konnte er nur bei
seinem Abgange eine Vergütung erga taxatum verlangen,
und an der Meierstelle selbst hatte er nur ein Benutzungsrecht,
dergestalt, daß er selbige weder veräußern noch verpfänden konnte,
und dieselbe in Concursfällen nicht mit in Anschlag kam.
Dieses ist noch im Jahre 1726 als Norm von dem Herrn VON WEDDERKOP
ausgesprochen worden. +a)
____________________
+a) Designation, was zum Amt Steinhorst gehörige Unterthanen, und
zwar ein Hufner jährlich für Hofdienste thun, und in Geld erlegen
müssen, auch auf was Art sie ihre Ländereien zu besitzen haben.
„Die gesammten Unterthanen sind freie Leute, und haben ihr
inhabendes Land zu gebrauchen; denn, wenn über eines Unterthanen
Vermögen als Haus, Vieh und Mobilien concursus movirt
wird, kommt das Land nicht mit in An-
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Später entstand indessen die Gewohnheit, welche
die Hannöversche Kammer seit dem Jahre 1770 genehmigte, daß in
Concursfällen das allodium nicht, wie früher
geschätzt, sondern meistbietend zum Verkauf gebracht ward,
+b) wobei
mit Rücksicht auf das mit übergehende Erbrecht und auf die Menge,
Beschaffenheit und Lage der Ländereien immer viel mehr geboten
wurde, als das allodium an sich werth war.
Die Hannöverschen Beamten haben indessen fortwährend den Grundsatz
festgehalten, daß nur das allodium von dem Meier
beschwert werden könne, +c) und ist es daher ihr Princip gewesen, es
nicht zum Concurse kommen zu lassen, sondern auf die Meier mit
Sorgfalt zu achten, und wenn sie mit der Abtragung der
herrschaftlichen Gefälle säumig würden, welches das erste
Kennzeichen einer schlechten Wirthschaft zu sein pflegt, sofort der
Stelle einen anderen successionsfähigen Wirth zu verschaffen, oder
dieselbe mit Erlaubniß der Königlichen Kammer meistbietend zu
verkaufen. Dieses Verfahren, welches noch von dem verstorbenen
Etatsrath SCHUBERT öfters angewandt ist, hat die Königliche
Regierung indessen wiederholt getadelt, und ist von derselben der
Grundsatz ausgesprochen, daß die Bauern nicht ex officio zum Concurs
zu treiben sind, sondern, daß dabei die gemeinrechtlichen
Bestimmungen zu beobachten sind. Die Folge war, daß die Bauern in
der That über den Werth des allodii hinaus Schulden contrahiren
konnten, wenn gleich die Verpfändungen und die
____________________
schlag, sondern wird dem Käufer des Erbes hinwiederum eingethan, der
es so lange er seine Dienste und Abgiften richtig abhält, zu seinem
Nutzen gebrauchen, aber nicht verpfänden, vielweniger abmeiern kann.
So geschehen Paris den 30. Januar 1726.
v. Wedderkop.
+b) Bericht des Amts vom 31. Mai
1777 an die Königl. Regierung.
+c) Bericht des Amts vom 26. Septbr.
1785 an die Regierung.
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Veräußerungen, wenigstens dem Namen nach nur
quoad allodium zulässig waren.
Es hat demnach im Laufe der Zeit die Natur des Meierrechts einen
ganz anderen Character angenommen, indem die Rechte der Meier nach
der neuen Praxis weit ausgedehnter sind, als sie ursprünglich waren.
Durch die Verordnung zur Verbesserung des Hypothekenwesens vom
15.
März 1836 ist eine noch größere Erweiterung der Rechte der Meier
gesetzlich ausgesprochen worden.
Da aber die alten Formen unverändert beibehalten sind, so ist es
natürlich, daß öfters auffallende Inconsequenzen Statt finden
müssen.
Eine eigene Lauenburgische Meierordnung gibt es nicht und sind daher
die Quellen des hiesigen Meierrechts meistens ungeschrieben.
Die geschriebenen Quellen sind:
1. Lauenburgische Hofgerichtsordnung vom 10. October 1681. tit. 40 §
8.
2. der lauenburgische Landesreceß vom 15. Septbr.
1702 § 8.
3. Resolution König Georg I. vom 27. Juni /
8. Juli 1718, daß die
Gutsherrn, als absolute Eigenthümer ihrer Höfe ihre Bauern durch
Umtauschung der Ländereien versetzen können.
4. Königliches Rescript vom 27. Mai / 7.
Juni 1720,
„die Höfe oder
Frohndienste betreffend, so soll von jeder vollen Hufe außerhalb der
Erndte gedient werden drei Spanntage und 2 Handtage."
Auf Herkommen beruht zum größten Theil das lauenburgische
Meierrecht. Kein Schriftsteller hat, wie GOTTSCHALK bemerkt, sich
damit beschäftigt, dieses Gewohnheits-Meierrecht vollständig zu
sammeln und darzustellen.
Diese Lücke wird nicht durch die Arbeit WALTERS in BÜLOW und
HAGEMANN Erört. IX ausgefüllt. In der Praxis
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muß die WALTERsche Arbeit sehr vorsichtig benutzt
werden, da der Verfasser zu sehr im Röm. Recht befangen ist, und die
eigentliche Natur des Meierrechts nicht genug beachtet.
§ 1.
Natur und Begriff des Meierrechts.
Das Recht der hiesigen Bauern an ihren Stellen, das Meierrecht, ist
gegenwärtig als ein dingliches Recht anzusehen, welches indessen
insofern sehr beschränkt ist, als der Meier nicht ohne Consens der
Gutsherrschaft die Stelle veräußern, oder mit dinglichen Lasten
beschweren kann, ja nicht einmal ohne Consens des Amts, Namens der
Gutsherrschaft die Stelle auf seine Erben übertragen, und in
gewissen Fällen sogar seines Rechts durch die Abmeierung beraubt
werden kann.
Für Lauenburg ist durch die s. g. Göhrder Constitution vom
19.
October 1719 festgesetzt, daß die Besetzung der Meierstellen
lediglich zur Competenz der Kammer gehöre, und daß darüber Prozesse
nicht zugelassen werden sollen. +)
Diese Bestimmung hat zur Folge, daß in allen denjenigen Beziehungen,
in welchen die Meier von dem Kammerconsense abhängig sind, nicht
wohl von eigentlichen erzwingbaren Rechten der Meier, sondern
vielmehr von den ihnen nach den Kammermaximen eingeräumten
Befugnissen die Rede sein kann.
Die von der Kammer, - jetzt der Regierung, - befolgten Maximen
vertreten in dieser Beziehung die Stelle gesetzlicher Vorschriften,
und da gerade die wichtigsten Rechtshandlungen der Meier an den
Consens gebunden sind, so sind sie eine Hauptquelle des s. g.
Meierrechts.
____________________
+) Ueber die Geschichte der Göhrder Constitution cfr. PFEIFFER
Meierrecht S. 378.
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Die nachfolgenden Abschnitte, welche die
hauptsächlichsten Rechtsverhältnisse der Meier einzeln behandeln,
werden dazu dienen, den Umfang und die Natur des Meierrechts,
welches sich nicht wohl in Einem Begriff darlegen läßt, anschaulich
zu machen.
§ 2.
Von der Erwerbung des Meierrechts.
Das Meierrecht wird erworben durch die Bemeierung, d. h. durch die
Genehmigung der Gutsherrschaft, daß der Meier die Stelle zur
Bewirthschaftung übernehmen möge, deren solenne Form die Ertheilung
eines Meier- oder Hausbriefes +) ist.
Die Ertheilung des Hausbriefes, d. h. die Bemeierung geschieht von
dem Amte, Namens der Cameralbehörde, wenn die Stelle durch Erbgang
übertragen wird und der Name des Besitzers sich nicht verändert,
sonst durch die Kammer, jetzt Königliche Regierung, als
Gutsherrschaft.
Nach den bisher angenommenen Principien wird nur eine solche Person
als Meier angenommen, welche im Stande ist, die
____________________
+) Formular eines Hausbriefes:
Demnach N. N. die von seinem Vater N. N. bis jetzt bewirtschaftete
Hufe unter den in dem Protocoll vom heutigen Tage enthaltenen
Bestimmungen quoad allodium et salvo nexu villicali übernommen,
dabei auch sich verbindlich gemacht hat, der Stelle mit guter
fleißiger Wirthschaft vorzustehen und sich deren Aufnahme und
Verbesserung angelegen sein zu lassen, die Gebäude in baulichem
Stande zu erhalten, alle Abgaben und Gefälle nachbargleich zur
Verfallzeit zu entrichten, im Uebrigen aber in allen Vorkommenheiten
als ein treuer und gehorsamer Unterthan und Gutsmann sich zu
betragen, als ist für denselben dieser Hausbrief, unter Amtssiegel
und Unterschrift ausgefertigt worden.
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Stelle gehörig zu bewirthschaften, und der Mangel
der hiezu erforderlichen Eigenschaften ist ein hinreichender Grund,
selbst den von dem abgehenden Meier designirten nächsten Erben von der
Succession in der Meierstelle auszuschließen. Aus diesem Grunde
werden auch nur Männer bemeiert, und selbst der aufgeheirathete
Wirth ist als der eigenthümliche colonus anzusehen, indem den
Töchtern nur unter der Voraussetzung, daß sie einen tüchtigen
colonum heirathen, die Meierstellen zufallen können.
Ueber das Alter, das bei dem Meier erforderlich wird, ist nichts
bestimmt, und wird daher auf die Persönlichkeit im einzelnen Falle
Rücksicht zu nehmen sein.
In der Regel erhalten die Söhne die Stelle nicht vor erreichter
Mündigkeit; es finden sich auch Fälle, wo die Söhne früher bemeiert
worden sind.
§ 3.
Von der Dispositionsbefugniß der Meier.
Nach einer im hiesigen Amte bestehenden Observanz werden zum
allodium der Meierstellen gerechnet:
+)
1. die auf der Stelle vorhandenen Gebäude und Bauwerke, an Brunnen,
Brücken, Sielen, wovon jedoch das von der Herrschaft etwa zu den
Gebäuden bewilligte Eichenholz abzusetzen,
2. alles vorhandene Vieh,
3. das gesammte Ackergeräth und Pferdegeschirr,
4. alles Hausgeräthe, Betten, Leinen u. s. w.,
5. alles Korn, sowohl das gedroschene, als ungedroschene,
6, das vorhandene Kleeheu,
7. die Obst, Weiden und andere Bäume,
____________________
+) Bericht des Amts an die Königl. Regierung vom
20. April 1829.
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8. das in den Buschkoppeln stehende Holz,
9. alle Schlagbäume, Zäune, Mauern und sonstige Befriedigungen an
Knicken, Gräben u. s. w.,
Stroh, Heu und Dünger werden als zur Meierstelle gehörig betrachtet.
Von den angeführten zum allodio gehörigen Gegenständen bilden die
sub 1. 6. 7. 8. 9. das allodium cum villa conjunctum, und die
übrigen das allodium separabile, eine Unterscheidung, welche
insoferne Bedeutung hat, als das allodium separabile eine reelle
Theilung unter mehreren Erben zuläßt, während das allodium cum villa
conjunctum nur ideell nach seinem Schätzungswerth getheilt werden
kann.
Das Dispositionsrecht eines Stellbesitzers über das allodium ist nur
insoferne einer Beschränkung unterworfen, als das allodium cum villa
conjunctum der Natur der Sache nach von der Stelle nicht getrennt
werden kann; denn in Ansehung des allodii ist der Stellbesitzer
vollkommener Eigenthümer.
Was aber die Meierstelle selbst betrifft, so ist seine
Dispositionsbefugniß Beschränkungen unterworfen.
1. der Meier kann die Meierstelle nur mit Consens der Cameralbehörde
(jetzt Königlicher Regierung) verkaufen.
Es wird zwar bei allen Kaufcontracten die Form gebraucht, daß der
Verkauf quoad allodium stattfinde; allein seitdem das frühere
Verfahren, wornach die Stellen den Käufern für das taxatum des
allodii überlassen wurden, abgekommen, ist die Bedeutung jener
Formel ververschwunden; der Verkäufer erhält den Kaufpreis der
ganzen Meierstellen, und man muß daher auch als Norm aufstellen, daß
er befugt ist, die Meierstelle als solche mit Consens der
Gutsherrschaft zu verkaufen.
Der Consens wird nicht verweigert; wenn Gründe vorhanden sind, aus
welchen es dem Stellbesitzer unmöglich
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ist, die Stelle ferner gehörig zu betreiben, oder
sie seinen Kindern zu übergeben, und wenn der Käufer die
erforderlichen persönlichen Eigenschaften und hinreichendes Vermögen
besitzt.
Das Vorhandensein solcher Gründe ist indessen bei Stellverkäufen in
den Amtsberichten immer angeführt worden, und es leidet daher wohl
keinen Zweifel, daß die Gutsherrschaft berechtigt wäre, einem
Stellbesitzer, der nur auf Speculation seine Stelle verkaufen
wollte, den Consens zu versagen, und ihn gegen das taxatum des
allodii der Stelle zu entsetzen.
In Concursfällen wird gleichfalls die ganze Meierstelle zum Besten
der Creditoren verkauft, und zwar wird in diesen Fällen die höhere
Genehmigung nicht eher eingeholt, als wenn das Amt den Hausbrief des
neuen Meiers zur Bestätigung vorlegt. Auch der aufgeheirathete Wirth
hat als wirklicher Meier die Befugniß mit höherer Genehmigung die
von der Frau herkommende Stelle zu verkaufen, und zwar mit dem
allodio inseparabili, dessen Eigenthum der Hauswirth durch die
Bemeierung dergestalt erwirkt, daß die Erben der Frau nur den
Schätzungswerth desselben zurückfordern können.
Es ist aber früher von der Kammer häufig vor Ertheilung der
Genehmigung die Zustimmung der Frau ververlangt
[sic!],
wahrscheinlich um derselben Veranlassung zu geben, wegen Sicherung
ihrer Dotalrechte an den Kaufgeldern das Erforderliche wahrzunehmen,
indem ihre Hypothek nur in dem allodio separabili des Mannes
stattfindet, und sie nach Genehmigung des Verkaufs sich weder an die
Stelle noch an das allodium inseparabili halten kann.
2. Der Meier kann auch nur mit Consens der Behörde die
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Meierstelle und das allodium cum villa conjunctum
verpfänden.
Es ist dieses in der Hofgerichtsordnung tit. 40. 8 ausdrücklich
ausgesprochen, und ist es mehrfach demgemäß erkannt worden.
Dergleichen consentirte oder Meierschulden kommen im hiesigen Amte
nicht vor; vielmehr sind die meisten Hypotheken nur in dem allodio
bestellt, und können nach den Gesetzen die Meierstellen und das
allodium inseparabile nicht afficiren, und bei den gesetzlichen
Hypotheken muß das nämliche Verhältniß eintreten.
Es würde hiernach der aufgeheirathete Wirth, welcher nichts in die
Ehe gebracht hat, nicht befugt sein, Hypothekenschulden zu
contrahiren, weil das allodium separabili, welches allein verpfändet
werden kann, der Frau gehört, und daher entsteht eine auffallende
Inconsequenz, indem er nach dem Obigen die Meierstelle c. allodio
separabili veräußern kann. Diese Inconsequenz gründet sich aber
darauf, daß die ursprünglichen gesetzlichen Bestimmungen mit den
neueren Maximen im directen Widerspruch stehen. Es ist daher
gerathen, die Ehefrau in diesem Fall consentiren, und die Bürgschaft
übernehmen zu lassen, um intricaten Rechtfällen vorzubeugen.
Es könnten hiernach die Bauern nur sehr gelinge Schulden
contrahiren, ohne überschuldet zu werden, allein die Maxime der
früheren Rentekammer, daß die Stellen im Concurse über das allodium
des Meiers zum Besten der Creditoren verkauft werden dürfe, hat die
nothwendige Folge nach sich gezogen, daß den Meiern weit über den
Werth des allodii separabilis creditirt wird.
Und in der That ist auch für die Gläubiger, wenn man von der sehr
entfernten Möglichkeit einer Abmeierung ab-
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strahirt, völlige Sicherheit bis zum Ablauf des
Werths der ganzen Meierstelle vorhanden, insofern sie bei einem
Verkauf unter der Hand ihre Gerechtsame wahrnehmen.
Wenn nämlich ein Meier Concurs macht, so wird die ganze Stelle mit
dem allodio verkauft, und das Kaufgeld gehört zum
allodio separabili des Cridars, und wenn ein Meier die
Stelle seinem Erben übergibt, so tritt derselbe als
Universalsuccessor ganz in die Stelle seines Erblassers und
übernimmt folglich auch dessen allodium separabile mit
allen darauf lastenden Hypotheken, und wird es bei der Uebergabe
Amtswegen wahrgenommen, daß der Stellbesitzer die hypothekarischen
Schulden übernimmt.
Wird dagegen eine Stelle cum allodio inseparabili
unter der Hand verkauft, so bestehen freilich nach dem Verkauf die
in allodio separabili des Verkäufers errichteten
Hypotheken; allein sie gewähren nicht die nämliche Sicherheit, weil
die verkaufte Sache nicht einmal re vera mehr dafür
haftet, insofern nicht der Käufer die Schuld als Allodialschuld
agnoscirt hat.
Es ist daher nothwendig, um Unredlichkeiten zu verhüten, bei
stattfindenden Stellverkäufen, die Creditoren des Verkäufers
ex officio vorzuladen, und ihnen zu eröffnen, daß mit ihrer
Hypothek eine Veränderung vorgegangen sei, damit sie ihre Rechte an
den Kaufgeldern wahrnehmen können.
Was von Verpfändungen gilt, tritt natürlich um so mehr bei
Servituten ein.
3. Ferner darf der Meier nur mit höherer Genehmigung die Stelle
verpachten.
4. Zu Uebergabecontracten ist die Genehmigung des Amts erforderlich.
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§ 4.
Von der Vererbung der Meierstellen.
Von einem eigentlichen Erbrecht in Meierstellen kann nicht die Rede
sein, da dieselben nicht durch Erbgang, sondern durch Bemeierung
erworben werden. Es sind indessen durch constante Kammerprincipien
sehr billige Normen eingeführt.
A. Wenn ein Meier mit Genehmigung der Kammer einen Anerben designirt
hat, so succedirt dieser in der Meierstelle. Der Vater hat das
Recht, den Nachfolger unter seinen Kindern zu wählen, wenn dieser
fähig ist. Es wird selbst dem Vater gestattet, unter den Kindern
mehrerer Ehen zu wählen; indessen ist es gewöhnlich, daß bei der
Eingehung einer zweiten Ehe bereits der Anerbe aus erster Ehe
designirt wird.
B. Wenn von dem Vater über die Succession nichts bestimmt ist, so
wird zwar die gebräuchliche Successionsordnung beobachtet, jedoch
unter Berücksichtigung des Interesses der Stelle, für welche es am
besten ist, wenn sie demjenigen zufällt, der die größten Mittel hat,
sie tüchtig zu bewirthschaften.
In der Regel treffen diese Gründe zusammen; denn derjenige, welchem
die größte Quote des Allodialnachlasses zufällt, welcher also am
wenigsten an Abfindung auszuzahlen hat, ist gewöhnlich auch der,
welcher nach der gebräuchlichen Successionsordnung zunächst berufen
ist.
Es können jedoch Fälle eintreten, wo diese beiden Gründe in
Collision treten; wenn z. B. von zwei Söhnen der nämlichen Ehe der
ältere ein armes Mädchen geheirathet hat, während der jüngere die
Aussicht hat, mit der Frau eine bedeutende Aussteuer zu erhalten.
C. Die Regel „längst Leib, längst Gut," nach welcher auf
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den unbeerbten Todesfall der überlebende Ehegatte
die Collateraten ausschließt, findet sich in allen Ehestiftungen,
und diese Succession der Ehegatten kann daher als eine geltende Norm
angesehen werden.
§ 5.
Von der Allodialerbfolge.
Neben der Succession in die Meierstellen und ganz unabhängig von
derselben besteht die Allodialerbfolge, welche sich ganz nach den
Bestimmungen des gemeinen Rechts richtet.
Die Kinder, welche während des Colonats der Eltern heirathen,
erhalten gewöhnlich von dem Vater eine Aussteuer, durch welche sie
alsdann in der Regel gänzlich von dem väterlichen und mütterlichen
Nachlaß vertragsmäßig abgefunden sind.
Für die übrigen Kinder bestimmt der Vater bei Uebergabe der Stelle
an den Anerben die gewöhnlich bei der Verheirathung derselben zu
entrichtende Abfindung.
Diese väterlichen Bestimmungen werden auch genehmigt, wenn sie nicht
eine gar zu große Belästigung der Stellbesitzer enthalten sollten.
Stirbt aber ein Meier, bevor er die Stelle abgegeben hat, und auf
den Altentheil gezogen ist, so müssen die Abfindungen gerichtlich
bestimmt werden, wenn zwischen den abzufindenden Kindern oder ihren
Vormündern und dem Anerben der Stelle eine gütliche Uebereinkunft
nicht zu Stande gebracht werden kann. In diesem Fall findet eine
Schätzung des allodii statt, und zwar sowohl des
allodii cum villa
conjuncti als des allodii separabilis und unter Zugrundelegung des
taxati wird nach Abrechnung der Schulden, und des Werths des etwa
auf der Stelle ruhenden Altentheils, das Erbtheil eines jeden
Allodialerben nach den Grundsätzen des gemeinen Rechts berechnet,
und werden demgemäß die Abfindungssummen bestimmt.
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Da es hiebei, wenn Kinder von mehreren Ehen
vorhanden sind, auf die Berechnung des Väterlichen und Mütterlichen
ankommt, so ist es richtig, jedesmal bei Abschließung einer Ehe den
Betrag des Eingebrachten zu constatiren; wie viel an Aussteuer
eingebracht worden, ist auch in der Regel in den Ehestiftungen
bemerkt, wenn aber die Frau das allodium der Stelle dem Mann
zubringt, ist eine Taxation erforderlich, welches bisher der Kosten
wegen nicht beobachtet ist.
§ 6.
Bewirthschaftung der Meierstellen während der Altersuntüchtigkeit
des Anerben.
Wenn ein Meier mit Tode abgeht, bevor der Anerbe tüchtig ist, die
Bewirthschaftung der Stelle zu übernehmen, so
1. bleibt die Wittwe in der Regel das Trauerjahr hindurch und oft
noch länger im Besitz der Stelle und bewirthschaftet dieselbe unter
Mitaufsicht der für die Kinder bestellten Vormünder. Dabei ist die
Aufnahme eines Inventars nicht gewöhnlich, sollte aber nur in dem
Fall unterbleiben , wenn die Vormünder ausdrücklich ein solches für
überflüssig erklären.
2. Wenn aber die Wittwe zur zweiten Ehe schreitet, so werden in der
Ehestiftung dem Interimswirth gewisse Wohnjahre verschrieben, welche
in der Regel nicht über den Zeitpunkt der Volljährigkeit des Anerben
hinausgehen; in früheren Jahren ist häufig, wenn die Stelle in
schlechtem Zustande war, und ein Interimswirth nicht leicht zu
finden war, der Termin etwas weiter hinausgesetzt, neuerdings aber
Solches vermieden worden.
Dem Interimswirth wird sodann die Stelle nach einem Inventar
übergeben, und muß er darnach die Stelle dereinst wieder abliefern.
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Der Interimswirth kann natürlich nur mit Konsens
der Vormünder die Stelle mit Schulden beschweren, und kann er wegen
schlechter Wirtschaft, selbst auf Antrag der Vormünder, im Interesse
der Kinder abgemeiert werden.
So wie indessen die Ansetzung eines Interimswirths nur in Folge
höheren Consenses stattfinden kann, so ist auch die höhere
Genehmigung zur Abmeierung erforderlich.
Wenn keine Wittwe vorhanden ist, so wird die Stelle gewöhnlich bis
zum gehörigen Alter des Anerben unter der Bedingung verpachtet, daß
der Pächter außer dem Pachtgelde noch die Abgaben entrichten und die
Hypothekschulden verzinsen muß; nur, wenn der Anerbe gar zu jung
ist, oder die Pachtgelder zur Alimentation der Kinder nicht
hinreichen, wird auf Antrag der Vormünder der Verkauf der Stelle
beschlossen.
§ 7.
Von dem Altentheil.
Dem abgehenden Meier und dessen Wittwe, so wie auch dem
Interimswirthe wird in dem Uebergabe oder
Interimswirthschaftscontracte eine lebenslängliche Versorgung in der
Stelle, Altentheil, verschrieben.
Das Recht, welches aus einer Altentheilsverschreibung entspringt,
afficirt dinglich die Meierstelle, und bedarf daher der Genehmigung
des Amts.
Das Altentheil besteht gewöhnlich in einer freien Wohnung, sei es in
einem eigenen Kathen oder im Hause, einigem Garten- und Ackerland,
und verschiedene Leistungen von Seiten des Stellbesitzers.
Die Größe des Altenteils richtet sich nach der Größe der Stellen;
für einige Dörfer ist durch eine vom Amte genehmigte
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Uebereinkunft der Betrag des Altentheils für die
verschiedenen Classen von Stellen festgesetzt. +)
Die Altentheilsverschreibungen haben häufig eine solche Ausdehnung
erhalten, daß sogar für den Fall, daß ein Altentheiler wieder
heirathen würde, der Wittwe desselben ein Altentheil verschrieben
worden ist.
Allein die Kammer hat mehrfach verfügt, daß die Altentheile auf ihre
ursprüngliche Bestimmung, nämlich eine nothdürftige Versorgung der
zur ferneren Bewirthschaftung der Stellen unfähig gewordenen Meier
und deren Ehefrauen einzuschränken sind.
Eben deshalb wird es auch in der Regel dem Stellbesitzer
____________________
+) Für Schönberg und Duvensee ist die Größe des Altenteils durch
Amtsprotocolle festgesetzt.
Die Hannöversche Kammer rescribirte indessen unterm 14. Febr. 1785:
"Es hätte diese Sache von dem damaligen Beamten einberichtet, und
nicht eigenmächtig regulirt werden sollen.
Da die Umstände der Höfe, auch bei Gleichheit der Größe und Güte der
Grundstücke oft dennoch sehr verschieden sind, so können Wir einen
allgemeinen Maaßstab des Altentheils von jeder Art der Meierstellen
nicht, wohl aber dieses genehmigen, daß bei Bestimmung eines
Altentheils darauf in so weit Rücksicht genommen werde, als nicht
etwa Umstände vorhanden sind, welche eine Abweichung davon
erfordern."
Dagegen ist bei der Stellübertragung an den 1/3 Hufner Johann Hinr.
PETERS in Schönberg zufolge Rentekammerschreibens vom 14. Novbr.
1840 ein Altentheil von 6 Scheffel Aussaat und Weide für 2 Kühe
nicht genehmigt;
"da indessen für Stellen dieser Größe der
Altentheil zu 4 Scheffel Aussaat, Ackerland und 1 Kuhweide
festgesetzt worden, und keine Gründe vorhanden sind, in dem
vorliegenden Fall eine Ausnahme von der Regel zuzulassen, so können
wir der intendirten Uebertragung unsere Genehmigung nicht
ertheilen."
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erst nach zurückgelegtem 60. Jahre gestattet, auf
den Altentheil zu ziehen, und würde, im Fall davon eine Ausnahme
statuirt wird, das Vorhandensein besonderer Gründe erforderlich.
Aus der Natur des Altentheils, bei dessen Entstehung immer ein
verwandschaftliches Verhältnis zwischen dem Stellbesitzer und dem
Altentheiler stattfindet, dürfte zu folgern sein:
1. Daß der Altentheiler nur mit Consens des Stellbesitzers sein
Altentheil verpachten kann.
Daß der Altentheiler nicht berechtigt ist, ohne Einwilligung des
Hauswirths Miethsleute oder überhaupt fremde Leute aufzunehmen, es
sei denn, daß deren Hülfe zu seiner Verpflegung nothwendig sei.
Allerdings ist sehr häufig der Fall vorgekommen, daß es alten
Hauswirthen gestattet worden ist, ihre Stelle mit Reservirung eines
Altentheils zu verkaufen, und bei den auf diese Weise entstandenen
Altentheilen hat oftmals zwischen dem Hauswirth und dem Altentheiler
ein verwandschaftliches Verhältniß nicht einmal bei der Entstehung
stattgefunden. Allein solche Altentheile sind Ausnahmen, und sollten
gar nicht genehmigt werden. +)
____________________
+) Das Verfahren der anticipirten Erbauseinandersetzung durch
Uebergabe des Hofes an ein Kind bei Lebzeiten der Eltern, bestimmte
Abfindungen der Kinder, hat namentlich in volkswirthschaftlicher
Beziehung Manches gegen sich, insbesondere, daß ein Hufner sich oft
schon zu einer Zeit zur Ruhe setzt, wo er noch arbeitskräftig ist.
Aber es ist das sicherste Mittel, Wohlstand zu erhalten, wenn man
dem Anerben in guten Jahren Gelegenheit verschafft, sich zu
verheirathen, und Vermögen in die Wirthschaft zu bringen.
Es setzt aber dieses Verfahren patriarchalische Zustände voraus, bei
denen sich die Kinder der Auctorität der Eltern fügen, und die
Familie sich als ein Ganzes fühlt, wo der die Hufe übernehmende Sohn
mit dem Recht eines neuen Hauptes der Familie
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§ 8.
Von der Abmeierung.
Die Abmeierung wird verfügt:
1. wegen nicht geleisteter meierrechtlicher Pflichten zufolge art. 8
des Landesrecesses von 1702 und zufolge Rescript von 1718.
2. Falls der Wirth dem Hofe nicht nach Gebühr vorsteht, z. B. wenn
der Meier aus Faulheit einzelne Theile des Hofes verpachtet, die er
selbst cultiviren müßte; wenn er die Gebäude nicht zu rechter Zeit
reparirt; die Zupflanzung der Bäume und die Zuzucht des Viehs
unterläßt; überhaupt sich der Faulheit und dem Müssiggang ergibt,
nachdem amtseitig Verwarnung vorausgegangen ist.
3. Wenn der Wirth ein böses und liederliches Leben führt.
4. Wenn er verschweigt, daß sein Vieh mit der Contagion behaftet
sei. (V. O. vom 20. Nov. 1719).
Das Abmeierungsrecht steht der Gutsherrschaft zu; indessen muß die
Abmeierung gerichtlich geschehen.
Durch die Abmeierung, die, wenn auch angedroht, in einer Reihe von
Jahren nicht zur Anwendung gekommen ist, geht das Recht der Erben
des ausgestoßenen Meiers verloren.
____________________
auch die Pflicht übernimmt, seinen Geschwistern, wenn sie einmal in
Noth kommen, zu helfen, und wo eben deshalb auch die abgefundenen
Geschwister dem Interesse der Erhaltung der Stelle Opfer bringen.
____________________
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