Als im Jahre 1848 das
Herzogthum Lauenburg sich der Bewegung der Herzogthümer
Schleswig-Holstein gegen Dänemark nicht anschloß, derselben vielmehr
fernblieb, wurder der großherzogl. badische bundestagsgesandte Geh.
Rath Dr. C. Welcker aus Frankfurt a. M. als
Immediat-Bundes-Commissarius noch Ratzeburg gesandt, um für das
Herzogthum Lauenburg eine Administrationsbehörde zu installiren. Auf
dieser Mission begleitete ihn als Secretär kein Geringerer, als der
später so berühmt gewordene Dichter J. V. v. Scheffel. Ueber seinen
Aufenthalt in Ratzeburg wissen wir leider so gut wie garnichts, nur
ein Gedicht ist erhalten, daß er in Ratzeburg verfaßt haben soll und
das sich auf seine dortige Thätigkeit beziehen dürfte 1).
Es lautet:
Es war ein Kommissari,
Der soff bei Tag und Nacht.
Er hatt’ einen Sekretari
Hat’s ebenso gemacht.
Depeschen, Brief’ und Akten
Macht’ ihnen wenig Müh,
Sie kneipten und tabackten
Von spät bis morgens früh. |
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1) Man findet es in den preuß. Jahrbüchern Bd. 61.
Heft 2. p. 107.
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Und lag der Kommissari
Des Morgens noch im Thran,
So fing der Sekretari
Das Saufen wieder an.
Wo war der Kommissari,
Der soviel saufen kunnt’?
Wo war sein Sekretari?
Sie war’n beim deutschen Bund. |
Welcker setzte Namens des deutschen Bundes eine höchste
Administrationsbehörde (Statthalterschaft) für das Herzogthum
Lauenburg ein, welche bis zur definitiven Herstellung des Friedens
mit Dänemark das Herzogthum im Namen des Durchlauchtigsten deutschen
Bundes und unbeschadet der Rechte S. M. des Königs-Herzogs zu
verwalten hatte und auch verwaltet hat. Diese Behörde bestand aus
dem Grafen L. v. Kielmansegge auf Gültzow, Landsyndicus Walter und
Justizrath Höchstädt.
Aus dem Jahre 1848 ist ein Manuscript erhalten, welches die
Aufschrift trägt:
Zwar nicht ganz buchstäblicher, doch sonsten wahrhaftiger Abdruck
der Rede, welche der Bundestags-Commissair Geheimrath Welcker am
7.
Juli d. J. 1848 in der Ständeversammlung zu Ratzeburg vor vielen
Zuhörern gehalten hat.
Als sich Deutschland machte frey
Von des Erbfeind’s Tyranney,
Blieb zu seinem Glücke
Lauenburg auch nicht zurücke.
In dem Kampfe ging’s voran,
Kein’s hat’s ihm zuvor gethan.
Auch das Ländchen Lauenburg
Wollte deutsch sein durch und durch.
Doch nach dem Congreß zu Wien
Sah man tausend Fürsten zieh’n.
Schnitten wie durch Käs’ und Butter
Durch das Zeug und Unterfutter.
Schacherten mit Land und Seelen |
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Keines durft den Herrn sich wählen.
Waaren wurden Land und Leute
Alles war nur gute Beute.
Und das Ländchen Lauenburg
Sollt’ nicht deutsch sein durch und durch.
Sie die ihm so viel verdankten,
Als sie auf den Thronen wankten,
Gaben es dem Dännemärker
Machten so den Feind noch stärker.
Nach so vielen schönen Siegen
Mußte Lauenburg unterliegen.
Seinem Feinde unterthan
Büßte es den kurzen Wahn.
Denn das Ländchen Lauenburg
Sollt’ nicht deutsch sein durch und durch.
Ihr sollt ja nur wenig geben,
Sollet ganz kommode leben,
Sollet euer Recht behalten
Laßt uns nur darüber walten!
Damit sucht’n die Allerhöchsten
Das Land Lauenburg zu trösten.
Ach das Ländchen Lauenburg
Sollt’ nicht deutsch sein durch und durch.
Aus der Seestadt Kopenhagen
Kamen nun zu Roß und Wagen,
Tausend hungerige Leute
In das Land als ihre Beute.
Männer, Kinder und die Weiber
Schmückten ihre kahlen Leiber
Mit des Landes besten Farben.
Landeskinder mußten darben;
Denn das Ländchen Lauenburg
Sollt’ nicht deutsch sein durch und durch.
Contribution gab man zwar wenig,
Doch das Beste nahm der König.
Was aus Zöllen und aus Wäldern,
Aus Domainen und aus Feldern
Auskam, ging nach Kopenhagen,
Wurde zu dem Schatz geschlagen
Und der große Ueberschuß |
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War dem Land nur zum Verdruß.
Ach das Ländchen Lauenburg
Sollt’ nicht deutsch sein durch und durch.
Alle die das Land regierten
Sich um Deutschland wenig schierten,
Standen halb in Kopenhagen
Mochten da für’s Land nichts sagen.
Die für’s Land auftreten mußten
Ritt’r und Landschaft hatt’n den Husten.
So ward’s denn im Land ganz schummrig
Alles wurde wüst und dummrich;
Denn das Ländchen Lauenburg
Sollt’ nicht deutsch sein durch und durch.
Doch das Blatt hat sich gewendet
Von dem Bund bin ich gesendet,
Hab den Bundbeschluß gebracht
Der das Land ganz frey nun macht.
„Lauenburg soll zu Deutschland stehen
Hand in Hand mit Deutschland gehen.
Eure Krieger werden nun
Ihre Pflicht mit Freuden thun.“
Ja das Ländchen Lauenburg
Wird nun deutsch sein durch und durch. |
Wenn Welcker wirklich in diesen Versen seine Gedanken ausgesprochen
haben sollte, so ist es nicht unmöglich, vielmehr wahrscheinlich,
daß sein Secretair das Gedicht verfaßt habe, denn daß Welcker eine
poetische Ader gehabt habe, ist nicht bekannt geworden. Die Rede
wird auch nicht in der Ständeversammlung in dieser Form gehalten
sein, vielmehr wohl bei einem ihm von den Ständen gegebenen
Festessen.
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