Der Engländer Nugent, der
längere Zeit am Hofe zu Neustrelitz sich aufhielt und auch am
Schweriner Hofe freundliche und gastliche Aufnahme fand, erzählt in
seinem 20sten Reisebriefe, datirt
Schwerin 28. Novbr. 1766, von einem in
Lauenburg geborenen am Hofe in Ludwigslust angetroffenen Hofmaler
Findorf (richtiger Findorff.) Dieser Landsmann nimmt umsoviel mehr
unser Interesse in Anspruch als in lauenburgischen Geschichtswerken
von ihm bisher nicht die Rede ist. Der Vater dagegen wird wiederholt
von Professor Haupt (Haupt und Weisser lauenb. Kunstdenkmäler) als
Anfertiger von Kunstwerken für Kirchen bezeichnet. Nugent berichtet:
„Ward je ein Künstler mit der ganzen Anlage zur Kunst und mit allen
Talenten, die keine Hindernisse zu unterdrücken vermochten, geboren,
so war es Johann Diderich Findorf (geb. im J. 1722 den
12. Mai zu Lauenburg an der Elbe.) Sein Vater, ein
Tischler, wohnhaft in dem heute Bäcker Knuth gehörenden Hause,
führte ihn zu seiner Hantirung an. Nach überstandenen Lehrjahren
ging er nach Schwerin, wo er bei dem damaligen Hoftischler Sievert
als Geselle in Arbeit kam. Allein dies war der Ort, wo sich sein
Genie entwickeln sollte. Er hatte einen unermüdlichen Hang zum
Zeichnen, malte auch wohl zwischendurch ein Stück mit Wasserfarben.
Durch einen glücklichen Zufall kamen einige seiner Arbeiten
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dem hochseligen Herzog Christian Ludwig zu Gesicht, der bekanntlich
einer der größten Kenner und Liebhaber der Malerei und Zeichenkunst
war. Um also Findorfs Talenten einen größeren Wirkungskreis zu
verschaffen, sollte derselbe bei dem damaligen Bildhauer und
Medailleur Nonnheim (in dem Verzeichniß der Werke älterer Meister in
der Großherzoglichen Gemälde-Gallerie zu Schwerin, beschrieben von
dem Director der Kunstsammlungen Dr. Schlie, ist der
Name des Bildhauers „Nauheim“) die Bildhauerkunst lernen. Allein es
zeigte sich bald, daß er auch noch hier an den unrechten Ort
gekommen war, denn seine angenehmste Beschäftigung war noch immer
Zeichnen und Malen; zur Bildhauerei hingegen bezeigte er fast gar
keine Lust. Endlich ward es seines höchsten Wunsches gewährt, und
der Herzog übergab ihn im Jahre 1742 dem damaligen
Hofmaler Lehmann zum weiteren Unterricht. Indessen ließ diese
Veränderung auch noch nicht gar zu viel zu einer glücklichen Bildung
hoffen, denn Lehmann war ein hochmittelmäßiger Maler, dessen
non plus ultra sich auf ein Portrait oder eine bunte Fahne
erstreckte. Ueberdies hatte der Mann die Unart an sich, die man
allen mittelmäßigen Gelehrten und Künstlern nachrühmt: mit seinen
Kentnissen geheim zu sein, damit der Schüler nicht den Meister
übertreffen möge. Demohngeachtet brachte es Findorf durch
unermüdeten Fleiß soweit, daß er seinen Lehrmeister übertraf.
Folgende Anekdote sei ein Beweis seiner unerschütterlichen Geduld.
Findorf wollte einst eine Landschaft in Oelfarbe malen, wußte aber
noch nicht, daß das Brett oder die Leinewand vorher mit einer
steifen Farbe gegründet werden müßte. Er trug seine Farben auf, die
aber so wie sie trocken wurden, wieder verschwanden. Er wiederholte
die Arbeit öfterer, mit eben dem Erfolg, und sein Meister sah es
geduldig an, wie sein Lehrling sich quälte. Findorf trug aber
unverdrossen seine Farben zu wiederholten malen so lange auf, bis
sie stehen blieben, und da erst entdeckte ihm sein Lehrer das große
Geheimnis, wie die Tafel zur Oelfarbe zubereitet werden müsse.
Findorf mußte von
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nun an schlechte und mittelmäßige Stücke kopiren, allein der Herzog
fand bald, daß seine Kopien besser als die Originale wurden; ihm
wurden also bessere Stücke gegeben, und es dauerte nicht lange, so
erreichten Findorfs Kopien die völlige Schönheit der Originale. Um
diesen hoffnungsvollen Künstler immer mehr aufzumuntern, gab ihm der
Herzog außer Wohnung, Tisch und Gehalt, für jede Kopie einen
holländischen Dukaten. Dies verdoppelte seinen Fleiß so sehr, daß er
nun mit brennender Begierde selbst ein Meister zu werden strebte.
Anfangs kopirte er die vortrefflichsten Stücke der Schwerinschen
Bildergallerie, und endlich wagte er sich an die Natur selbst. Er
malte Blumen, Früchte, Küchenstücke, Thiere und Landschaften nach
der Natur, die ihm meisterhaft glückten. Begierig, seine Kenntnisse
immer mehr zu erweitern, auch sich mit der Natur im Großen und mit
berühmten Meistern bekannt zu machen, bat er um die Erlaubniß, auf
Reisen zu gehen. Herzog Christian Ludwig schickte ihn also nach
Dresden, allein der Maler, an den er angewiesen war, schrieb zurück:
„Den Menschen könne er nichts mehr lehren.“
Von nun an machte er es sich zum festen Gesetz, nie die Manier
irgend eines großen Meisters nachzuahmen, sondern immer der Natur
treu zu bleiben, und dadurch erhielten auch seine Arbeiten nachher
den außerordentlichen Werth bei Kennern.
Bei brausenden Gewässern, als Kaskaden u. s. w. malte er sowohl
Wasser als Schaum mit fast unnachahmlicher Kunst und seltenem Glück.
Seine Thierstücke geben, nach der Aeußerung aller Kenner, den
Oudryschen Stücken nicht das mindeste nach. Unter anderen malte er
einst einen Löwen nach der Natur auf ein ausgeschnittenes Brett und
stellte ihn im Zimmer auf; dies that solche Wirkung auf alle
diejenigen, die ins Zimmer treten wollten, daß sie mit der größten
Bestürzung zurücksprangen.
In Blumen-, Frucht- und Küchenstücken wußte er die natürlichen
Farben der Früchte sowohl als des ver-
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schiedenen Metalles aufs richtigste zu treffen, und am mehrsten
verdient bei all seiner vortrefflichen Arbeit bewundert zu werden,
daß er die höchste Mannigfaltigkeit der Färbungen aus sehr wenigen
Hauptfarben hervorbrachte.
Auch in historischen Stücken war er groß; unter andern ist die
Austreibung aus dem Paradiese eins der schönsten und edelsten dieser
Art. Adam und Eva sind beide laufend dargestellt. Eine helle
Erleuchtung des Himmels macht eine vorzügliche schöne Wirkung auf
beide Figuren, deren Hintergrund etwas dunkler gehalten ist.
Nicht lange vor seinem Tode unternahm er es, eine weit größere Idee
auszuführen, wodurch er gewiß sein Andenken unsterblich gemacht
haben würde. Dies war die Verkündigung der Hirten auf dem Felde, die
auf höchsten Befehl in der Ludwigsluster Kirche gemalt werden
sollte. Allein dies große Werk blieb unvollendet, weil er im J.
1772 darüber weg starb. Die noch in den Wolken
schwebenden Heerschaaren wurden nur fertig, die Hirten, über
Lebensgröße, nebst den Thieren, stehen jetzt noch unvollendet und
mit bloßer Kreide gezeichnet da.“
Dieses Werk wurde dann später von dem Hofmaler Johann Heinrich
Suhrland vollendet und wird noch heute von den Besuchern der
Schloßkirche bewundert.
Nugent sagt von Findorf weiter:
„So groß seine Talente waren, so edel und über allen Ausdruck
erhaben war sein Charakter. Ein Christ im ganzen Sinne des Worts und
Menschenfreund im umfassendsten Verstande. Auf seinem Sterbebette
trug er die Schmerzen seiner Krankheit mit bewunderungswürdigster
Duldung, und je mehr sein Ende sich nahte, desto mehr schien seine
Seele schon mit den himmlischen Gegenständen beschäftigt zu sein,
wovon er sich bei seiner letzten Arbeit das große Ideal entwarf.“
Nach einer Notiz im Ludwigsluster Kirchenbuch ist Findorff am
7. Mai 1772, 50 Jahr 1
Monat und 10 Tage alt begraben, während die
Künsterlexica ihn am 3. Mai
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1775 sterben lassen. Das Wahre wird also der 3.
Mai 1772 sein. Er ruht auf dem eingegangenen Kirchhof
zu Klenow, dessen Kirche er zu Lebzeiten zeichnete.
In der Großherzoglichen Gemäldegallerie zu Schwerin befinden sich
von Findorff 58 Gemälde und 33
Originalradirungen im Kupferstich-Cabinet. Erstere sind von dem
Direktor der Kunstsammlungen, Hofrath Dr. Schlie,
beschrieben, von den Radirungen giebt es noch kein beschreibendes
Werk.
Unter Nr. 352 der Gemäldesammlung ist „Selbstbild des
Malers“ mit der Bemerkung verzeichnet:
„Er ist nach links gewendet, blickt aber auf den Beschauer. Seine
Perrücke ist gepudert. Er trägt einen hellgrauen Rock und ein weißes
Halstuch.“
Außerdem existiert noch ein Bild von ihm gemalt von dem Hofmaler
Suhrland.
Unter Nr. 395 finden wir:
„Elbufer bei Lauenburg.“ Links hohe lehmige Ufer, welche bewaldet
sind, und neben denen im Mittelgrunde, unten am Fluß, ein Theil der
Stadt sichtbar wird. Im Vordergrunde ein Bauer und eine Bäuerin.
Rechts der Strom und das der Stadt gegenüber liegende flache Ufer
mit Gehöften und Bäumen. Auf dem Strom ein Holzfloß das von einigen
Leuten getrieben wird.
Dasselbe Bild existirt als Originlaradirung Findorfs vom Jahre
1760 mit der Unterschrift:
„Ihr Berge, wo ich sonst als Knabe mich gefreut, wenn ich euch oft
besucht. Euch sey dieses Blatt geweyht.“
Diese Bilder habe ich mit Genehmigung des Herrn Hofraths Schlie für
meine Sammlung photographiren lassen, außerdem besitze ich noch aus
der Zahl der Radierunggen eine Abbildung von Lauenburg mit der
Unterschrift:
„Das Amt Haus und der alte Schloß Thurm zu Lauenburg.“
Der Flügel des Schlosses steht in seiner heutigen Gestalt bereits
da, während die Ruinen des abgebrannten Schlosses noch nicht
vollständig abgetragen sind.
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Auch ein Bild der Kirche zu Klenow, Grabstätte des Findorff, und
noch einige andere Bilder dieses Meisters besitze ich, jedoch ist es
mir bisher nicht geglückt, Originalbilder von ihm zu erwerben,
obgleich im Privatbesitz noch mancherlei zu finden sein mag.
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