Jahresband 1894
Archiv des Vereins für die
Geschichte des Herzogthums Lauenburg
[Miscelle.]
Zum Möhnsener Urnenfund.
[W. Dührsen]
Am 24. Sept. v.
J. fanden sich einige Mitglieder des lauenb. Geschichtsvereins in
Möhnsen zur Besichtigung der interessanten Urnenfundstätte ein. Es
ist ja bekannt, daß man bei Möhnsen in 3 Wasserlöchern
oder Vertiefungen eines im 1894/05 - 02 - 119 vorigen Sommer ausgetrockneten Fischteichs viele
kreuzweis übereinanderliegende roh – mit Steinwerkzeugen – gefällte
Eichenstämme und darunter und zwar unter einer Schicht Moorboden
etliche Urnen gefunden hat, die bis auf eine – nach Berlin entführte
– nur noch in Scherben existiren, weil sie planlos und ungeschickt
zu Tage gefördert worden. Ob sie außer Knochenresten noch sonst
etwas enthalten haben, steht nicht fest, ist aber nicht
wahrscheinlich; wenigstens verlautet nichts darüber. Die dort
beigesetzten irdischen Überreste Verstorbener waren also nach aller
menschlichen Berechnung so wohl verwahrt, daß sie für ewige Zeiten
vor Auffindung und Aufstöberung geschützt zu sein schienen, denn
über die unter dem Moor in Sandboden gesetzten Urnen war Moorboden
gebracht, darüber waren kreuzweis die Eichenstämme – und zwar auch
solche von recht ansehnlicher Stärke – gelegt, die Lücken waren mit
Moor und Modde ausgefüllt und über dies alles war Wasser geleitet,
so daß die Grabstätte wie ein harmloser Fischteich aussah! Und ein
Fischteich ist auch viele Jahrhunderte hindurch diese sonderbare
Begräbnisßstätte gewesen. Nur einmal, Ende des vorigen oder Anfang
des jetzigen Jahrhunderts, scheint ein auch vielleicht dürrer Sommer
den Teich ausgetrocknet zu haben, denn in dem einen Wasserloch – die
Fundstätten verteilen sich auf 3 verschiedene
Wasserlöcher oder Vertiefungen im Teich – fehlen die Eichenstämme,
weil sie wahrscheinlich vor ca. 100 Jahre entdeckt und
herausgeschafft worden sind. Dieser Stelle des Teiches scheint
damals der Name „Eecksahl“ beigelegt zu sein. Die Stelle wird
„Tränke im Eicksahl“ im Verkoppelungsregister 1803
genannt. Hat man damals auch schon Urnen gefunden, so wird man sie
nicht weiter beachtet haben, denn für die Prähistorie interessirte
man sich damals noch nicht. Diese Begräbnißweise ist so eigenartig
und so abweichend von der sonst hier im Norden üblichen, daß sie die
größte Aufmerksamkeit verdient. Es ist uns nicht bekannt, daß hier
im Norden eine ähnliche Begräbnißstätte schon aufgedeckt worden - 1894/05 - 02 - 120 Es ist wohl anzunehmen, daß hier hervorragende Häuptlinge oder Könige eines damals hier seßhaften Volksstammes in der beschriebenen Weise beigesetzt seien. Die Begräbnißweise erinnert einigermaßen an das Grab des Alarich im Busento, der bekanntlich mit seinem Roß und seinen Schätzen etc. im Bett dieses zuvor abgeleiteten Flusses beigesetzt wurde. Nach dem Gesetz der Duplicität der Fälle würde man ja demnächst auf die Auffindung einer zweiten ähnlichen Begräbnißstätte rechnen dürfen. Hoffen wir das. Complicirt wird die Sache noch dadurch, daß nachträglich auf der Urnenfundstätte noch ein anscheinend einseitiges Dammhirschgeweih aufgefunden worden und daß dieses sich als ein STÜCK WEISZER CORALLE entpuppt hat, welches genau die Form eines einseitigen Dammhirschgeweihs und dessen Größe hat. Corallen in dieser Form sind ja keineswegs selten. Wie kommt nun ein derartiges Stück Coralle in unsern Norden? Im Wege des Tauschhandels durch die Phöniker von den Gestaden des Mittelmeeres? Dies Fundstück wird neben einigen Urnenscherben den Sammlungen unseres Vereins erhalten werden und nicht wie die einzige erhaltene Urne nach Berlin wandern. Letztere war ursprünglich auch für das „Museum“ in Mölln bestimmt, ist dann aber ins Museum für Völkerkunde nach Berlin gekommen. Die Scherben weisen keine Ornamente auf, wohl aber einen graphitirten Grund. Das Corallenstück wird als eine den Todten resp. ihrer Asche mitgegebene werthvolle Ehrengabe anzusehen sein. Das Museum für Völkerkunde in Berlin, das durch Herrn Dr. Weigel in Möhnsen Ausgrabungen vornehmen ließ, wird hoffentlich über diese Angelegenheit eingehende Mittheilungen machen, auf die wir dann, auf die ganze Sache zurückkommend, aufmerksam machen werden.
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