Nachdeme dan den 12.
Januarii dieses 1603. Jareß auf gestriges Tags von
den Fürstlichen NiederSechsischen Canzler und Rethen beschehene
erclärungh des freyen Zutridts halben, derselbe also im werck ist
erfolget, und die zwene beide Erbarn Stette (Lübeck und Hamburg)
abgefertigte Hern Secretarien und Notarien in vorigem gestrigs Tags
gehaltenem Protocollo benandt, neben Andreaß Grimmen Schwester und
Schwägerinnen Ilsabe und Margreta Wesels, auch die drey erfürderte
gezeugen Joachim Möller Tinnen Braschen Lubescher und Claws Cordes
Hamburgischer einspenniger neben Berent Rehder erwenter Schwester
Schwagern von Simon Braun Amptman zur Lawenburgk Magistro Eleazar
Knebeling (Canfelius?) Protonotario und Goldtfriede Wineken
Secretario aufs Haus Lawenburgk in einen großen
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*) Die vorliegende Verhandlung ist den in der Königl. öffentl.
Bibliothek zu Hannover asservirten Manecke’schen Materialien zur
Geschichte des Herzogth. Lauenburg durch gütige Vermittelung des
Herrn Oberbibliothecars Dr. Bodemann entnommen. Über
die darin behandelte Angelegenheit ist zu vergl. v. Kobbe, Gesch.
und Landesbeschr. des Herzogth. Lauenburg II. p. 384
ff. Im Jahre 1598, als Franz II. zu
Lauenburg das Herzogtum regierte, hatte der Rathsherr Gerhard
Gransin in Bergedorf auf lauenburg. Gebiet ein Reh erlegt und mit
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Sahl, dar Andreaß Grimmen neben den Burgvoigt Matthiaß N. gewesen,
gefurt worden, hat benanter Fürstlicher Protonotarius ungefehrlich
zum eingange volgende Worte angezeiget und geredet: Es wüsten sich
nemblich beider Erb. Städte abgesante gutermaßen zu erinnern, was F.
g. zu Sachsen gestrigs Tages in Andtwordt wegen der schrift-
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sich geführt. Wegen der dadurch entstandenen Irrungen hatte –
wahrscheinlich auf Anstiften des Herzogs – dessen Kanzleiverwandter
Heinrich Heitkamp, dem der Fortsetzer Reimar Kock’s kein gutes
Zeugniß ausstellt, den Amtsschreiber Andreas Grimm aus Bergedorf,
seinen früheren intimen Freund, zu einer gütlichen Unterhandlung
nach Schnackenbeck eingeladen, ihn dort aber, als er erschienen,
verhaftet und nach Lauenburg in den noch in der neuesten Zeit als
Gefängnis benutzten Schloßthurm bringen lassen. Ein dort wegen
Diebstahls internirter, Hans Rehder, hatte auf der Folter ausgesagt,
eidlich bekräftigt, dann aber widerrufen, daß er auf Gransin’s
Anstiften von dem Amtsschreiber Andr. Grimm auf dem Kirchhof zu
Bergedorf Geld empfangen habe, um den Herzog zu erschießen. Zwei
andere ebenfalls dort internirte Übelthäter, Timmer und Warncke,
bezeugten dasselbe und vergelich betheuerte der als Biedermann
bekannte Amtsschreiber seine Unschuld, vergeblich bat er um
rechtliches Gehör und um einen Vertheidiger. Ohne Weiteres wurde der
schwächliche und gebrechliche Mann der Folterung unterworfen und
mehrere Tage gemartert, ohne daß er ein Geständniß ablegte, obwohl
allgemein verbreitet wurde, er habe gestanden und solle geviertheilt
werden. Der Rath von Hamburg und Lübeck fertigte Notare und Zeugen
nach Lauenburg ab, die aber nichts ausrichteten. Der Herzog
verlangte vielmehr nun auch die Auslieferung des Rathsherrn Gransin,
da sechs Erzbuben, Schelme, Diebe und Mörder von diesem und Grimm
angestiftet seien, ihn, den Herzog, zu ermorden. Verhandlungen zur
Herbeiführung eines Termins zur Confrontation der sechs Übelthäter
mit Gransin und Grimm auf der Scheide von Niedersachsen und
Bergedorf zerschlugen sich und um die Vollstreckung des Urtheils
wider Grimm zu verhindern, entschloß man sich endlich auf Seiten der
beiden Städte, Gransin einzuziehen und die Sache am Kaiserlichen
Hofe anhängig zu machen. Eine kaiserliche Commission ward in
Lüneburg niedergesetzt, vor welcher der Herzog alle seine
Beschwerden vorbrachte. „Ein sonderbares Verfahren“, schreibt v.
Kobbe l. c. (p. 388), „wurde in dieser
Angelegenheit am 20. September 1603
veranstaltet. Es war von Seiten Hamburgs und Lübecks durch zwei
Notare eine Proceßschrift der fürstlichen Kanzlei zu Lauenburg
übergeben worden. Es wurden nun diese Notare vor eine große
Versammlung in die Eßstube des Schlosses (zu Lauenburg) ge-
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lichen verfasten abgelesenen resolution gnedig vernehmen lassen,
weil den der Aditus ihnen den Abgesanten gestattet worden, So
protestirten sie nochmalß, daß solch Zutridt J. F. G. an Deroselben
habenden Freiheit, Recht und Gerechtigkeit mit mehrerem nicht
praejudicirlich sein solte, Solchem nach der Röm. Kays. Mayt. zu
allem unterthenigsten Ehren
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laden. Diese Versammlung bestand aus den Prinzen August und Philipp,
dem Kanzler Joh. Wilh. Neonobel, dem Rathe Hector Mithobius, den
Hofmeistern Hans v. Dalchow und Gabriel v. Bieberling, den Räthen
Johann Arenhorst und Platho Matth. Schilher, dem Jägermeister Khüne
v. Platen, dem Hofjunker Joh. Schacke und Baltzerv. Ritzenplitz, dem
Licenciaten der Rechte und Hofgerichtsprotonotarius Eleasar
Canfelius, dem Amtmann Simon Braun, dem Kammersecretair Paulus
Bertsch, dem Stallmeister Albr. Helwig, dem kammerschreiber Otto
Lisch, dem Registrator Andreas Fischer, dem Botenmeister Joh.
Ehrhart Withöwer, dem Zöllner Martin Zabell, dem Küchenschreiber
Andr. Ammermann, dem Kanzleiverwandten Erps, dem lauenburger
Bürgermeister Hans Pechelin und dem Rathsverwandten Peter Schmidt.
Nachdem der das Wort führende Kanzler sich über die in der Schrift
enthaltenen Calumnien höchlich beschwert, auch erklärt hatte, daß
die Notare sich billig wohl des fürstlichen Hoflagers hätten
enthalten und keine Abgesandte zur Inficirung Ihrer fürstlichen
Gnaden Lande und Leute hätten senden sollen, sintemal in der Stadt
Lübeck die greuliche Seuche der Pestilenz, so vielleicht nicht ohne
sonderbare Strafe von Gott über sie verhängt, grassire, wurde,
ungeachtet die Notare behaupteten, sie wären zu einer solchen
Handlung nicht bestellt, der verhaftete Hans Rehder vorgeführt und
demselben seine frühere Aussage, wie er vom hauptmann Gransin in
Beisein des Schreibers Andreas Grimm zur Ermordung des Herzogs
gedungen worden, verlesen. Als der Gefangene darauf aufgefordert
wurde, seine Aussagen eidlich zu bekräftigen, erklärte er: er habe
wohl gehört, es würde kein Eid geschworen, es bliebe denn eine Seele
verloren, man möge ihn nur gleich zum Tode führen; was in seiner
Bekenntniß geschrieben, hätte er Alles aus Marter und Pein
ausgesagt, da er in vier Tagen, von Mittwochen bis Sonnabends,
siebenmal gepeinigt und einstmal vier Stunden in der Pein gelegen,
daß ihm sein Leib und Rücken entzwei gezogen worden. – Diese
Erklärung erregte eine große Bestürzung in der Versammlung, welche
eine glänzende Genugthuung wider die Beschuldigungen der beiden
Städte zu bereiten beabsichtigt hatte“. Dennoch erfolgte noch lange
nicht die Freilassung des unglücklichen Amtsschreibers. Am 4.
Dezember 1604, nachdem er bereits 6
Jahre in dem noch jetzt vorhandenen, aber längst außer Gebrauch
gesetzten Verließ des alten
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und gehorsambs könten Ihrer F. g. geschehen lassen, daß der
gefangene Andreaß Grimmen seine außsage frey, sicher und ungehindert
thun müchte. Nach beschehung dessen wurde den abgesanten gestattet,
Andreaß Grimmen Losament, darin ehr bißhero enthalten worden, in
Augenschein zu nehmen, und im fahl mangel dabey würde erspürt,
erbotten J. F. G. sich dahin, und konten F. G. gedulden und
geschehen lassen, daß Andreaß Grimm sein Außsage frey und
ungehindert thuen müchte, welches der Herr Fürstlicher in gestrigs
tags gehaltenem Protocol erwenter Protonotarius zu mehrmahlen
erweiterte, daß besser Rath hirein beschaffet würde, Andreaß Grimmen
persona aber war volgender maßen gestaldt, daß wie ehr
von der Banck aufstundt und die abgesanten ihme
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runden Schloßthurmes geschmachtet hatte, wurde dem Herzoge mittelst
Kaiserlichen Pönalmandats die Freilassung des Gefangenen binnen zwei
Monate unter Androhung der Reichsacht anbefohlen. Aber diesem Befehl
leistete der Herzog keine Folge und erst als am 24.
August 1609 wirklich die Achtserklärung erfolgte, ward
der unglückliche Amtsschreiber endlich Anfangs Dezember s. J. in
Freiheit gesetzt. Der Herzog mußte 25 Mark löthigen
Goldes halb dem Kaiserlichen Fiscal, halb den beiden Städten
bezahlen. Die Achtserklärung hatte folgenden Wortlaut: „Nachdem
Herzog Franz zu Sachsen auf Beklag- und Verfolgung beider Städte
Lübeck und Hamburg um seines begangenen Ungehorsams willen, indem er
der ausgegangenen Urkunden reproducirten Kaiserlichen Impulsorialen,
auch darauf gefolgten Urtheilen keine Folge gethan, an diesem
Kaiserl. Hofgericht in Röm. Kaiserl. macht und des heil. Reichs Acht
erstlich suspensive, dann aber auch pure mit Urtel und Recht
gesprochen und erklärt worden ist; hierum so verkünden und
denunciiren Jh. Kaiserl. Majest. denselben hiemit als einen
offenbaren Ächter, setzen ihn aus den Frieden in den Unfrieden und
erlauben sein Leib, Haabe und Güter gedachten Klägern und
jedermänniglich. Signatum unter J. Kaiserl. Majest.
aufgedruckten Secret-Insiegel zu Prag d. 24. Aug.
1609.
L. Stralendorf.
Godtfridus Hertel“. |
* * *
Unter „URGICHT“ versteht man die Bestätigung des
vom Angeschuldigten auf der Folter abgelegten Geständnisses. Zwei
oder drei Tage nach der Folterung mußte außerhalb der Folterkammer
vor gehörig besetztem Criminalgericht der Angeschuldigte sein
Geständniß als wahr bestätigen (Art. 56 P. G. O.).
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die Hände reichten, hette ehr einen Stegken bei sich, den ehr zur
erden setzte, daß ehr gar kümmerlich und krum gingk, sein Haupthaar
aber hinck ihme über eine halbe Elle vor der Brust herunter, in
geringem Habit bekleidet, sein Angesicht war elend und gahr wüst
gestaldt, daß ihm die Augen tieff im Kopf lagen. Doselbst beider
Erb. Städte gesanten auf beschene proposition gegen Andreaß Grimmen
geandtwortet, daß sie ihnen gestalten Sachen nach noch im Lebende
bei zimblicher Leibsgesundtheit funden, dasselbige hetten sie gern
erfahren, vorsegen sich solchem nach nicht anderß, Ob ehr wol des
beschwerlichen furnehmens von F. G. bezichtiget, daß ehr dennoch
daran unschuldig were, Inmaßen dan beide Erb. Städte ihnen fur einen
ehrlichen getrewen Diener immer angesehen und geachtet hetten,
Deßwegen dan auch ihre Obern und Eltisten sich seine Sachen
mügligstes fleißes angelegen sein lassen, viel und große Kosten
darauf gewendet, viel unterschiedtliche Schreiben deßhalben
gewechselt und volgents eß an Herzog Ulrichen alß Kreiß-Obristen
lassen gelangen. Weil aber dieses bei F. G. nicht helfen wollen,
were deswegen bei der Röm. Kays. Mayt. geclaget, auch anfangs proces
in inhibition erhalten, Nachdem aber die schüldige parition nicht
erfolgen wollen und F. G. unterschiedtliche Exceptiones dargegen
eingewendet, so weren doch dieselben als Irrelevantes verworfen, biß
entlich ein Kays. decretum bei Poen der Acht und Oberacht, so ihme,
Grimmen, in originali vorgelesen, ausgewirgket, darinnen unter
andern den freyen Aditum zu ihme, Grimmen, zu verstatten, F. g.
auferlegt worden. Solchem nach solte ehr sich mit grunde und
bestande der Wahrheit, wie eß in der That sich erhielte und ehrs fur
Gott und Menschen zu erhalten gedechte, mit ferner unbestendlicher
ernstlicher ermahnung u. erkleren, Ob ehr sich der grewlichen
bezichtigung schuldig wüste, oder derselben theilhaftig were,
welches sie aber nimmer hofften, frey und ungeschewet heraußsagen
und bekennen, Auf den fahl beide Erb. Städte nicht gemeinet, ihn in
seiner ubelthaet zu ver-
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thetigen, were ehr aber unschüldig, sollte ehr umbestendtlich
vermelden, welcher gestaldt ehr anfenglich in Haft gekommen, wie
seit der Zeit hero mit ihme procediret worden, ob ehr
torquirt were, wie ehr mit essen und trinken wäre gehalten, und ob
er auch immittelst communicirt hette. mit mehrerm u. Welchem nach
Andreaß Grimmen mit unerschrockenem Hertzen und gemüete offentlich
in zimblicher harter stimme zu reden angefangen, daß er sich sowoll
kegen F. G. des gnedigen gestatteten Zugangs, alß auch beider Erb.
Städte Lübeck und Hamburgk seine großgünstige Hern, und die Hern
abgesandten aufgenommener mühe halben und daß beide Erb. Städte sich
dieses so fleißig angelegen sein lassen und große Unkosten
aufgewandt, dessen ehr sich alß ein geringer armer Diener im
wenigsten vörsehen, zum allerhögsten bedancken, und indeme ehr seine
Schwester Margareten elendiglich seuffzend und weinend angesehen,
und daß seine andere Schwester nicht bey ihr gewesen, hat ehr auch
cleglich weinend nach seiner lieben Mutter und seiner andern
Schwester in Ditmarschen wohnend gefragt. Alß aber gegenwertige
seine Schwester Margrete ihre andere Schwester noch im lebende were
gemeldet, redete ehr ferner, daß nicht allein die newlichsten,
sondern auch alte Historien und Schreibenten bezeugeten, daß gute
und fromme Leute, bose und Schalcke vermischet in der Weldt lebeten
und daß es den frommen, unschuldigen, ehrlichen und redlichen
mehrentheils unglückhafftig, dakegen aber den Godtlosen, so sich
aller Freyheit gebrauchten und wollust pflegten, glücklich erginge,
daß auch die Godtlosen und bösen Leute nicht allein ihren Willen,
Pracht und Uppigkeit übten, sondern auch die frommen Godtfruchtigen
in ihen gerechten unschuldigen Sachen unterdrückten und denselben
allerhandt Tiranney vorsetzlich anfügten, und obwol nicht ohne, daß
von denselben die gerechte Warheit untergeschlagen, so würde doch
Godt, welcher die warheit selber wäre, solche wiederumb an den Tagk
bringen und empor heben und den Unschuldigen ungezweifelt erretten
und zu ehren machen. Je größer
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Schalck, je besser gelücke, über welchem verhengken Fleisch und
Bludt sowol bei den Christen alß Heiden sich nicht schicken könnte,
inmaßen solches die Historien mit Abraham, Isaac und Jacob, item den
frommen Koningk Hiskia, der wie ein Walbe gegirret, ergangen, daß
ehr fur seine Person mit dem Propheten Esaia, alß ehr seinem
Haubtmanne ließ ankündigen, auch pilligk sagen müste und köndte.
Dieß wehre sein Tagk des Scheldenß, Elents und Lesterns, dan sein
Elende seuffzen, grimmen und Marteren in seiner unschuldt hette
nicht ein Tagk, nicht eine Woche, nicht einen Monat, besondern
bereits numehr gantzer funf jahr gewehret, und were leider noch kein
ende noch ufhören dar; mit ferner anzihung deß Propheten Hierimea,
wie ehr die seinen zu Babel in der gefencknüß getröstet, daß ehr
auch solchem nach dem einigen und alleine weisen Gotte Vater, Sohne
und heiligem Geiste ewiglich lob und danck sagte, daß seine heilige
und hohe Mayestät ihnen diesen tagk erleben lassen. Obwol ehr von
dem Teuffel und seinen Schuppen solch wuten und toben, dessen ehr
unschuldig diese jahr über schmertz- und engstiglich erleiden müssen
und deßhalben zum grewlichsten und hefftigsten angefochten,
gemartert, gepresset und gepeinigt worden, welchs nicht allein mit
wahren worten außzusprechen stünde, sondern auch die cicatrices und
stigmata au seinem leibe dieselbe außweisen könten, ja daß auch
ferner herbei gebracht worden, neben erzehlung Mari Curtii
Historien, welcher auß standthaftigem gemüeth sich in eine
vergifftige Gruben, auß liebe zum Vaterlande und wegen des gemeinen
Nutzes guthwillig stürtzet, So hette ehr auch in diesem Falle das
Feur und Brennen nicht geschewet, aber unangesehen dessen alles
hette ehr dieses unerhörtes greulichs quelen lieber außstehen und
sein leben daran strecken, dan etwas unschuldigs, dessen ehr mit
warheit nie bezichtiget werden könnte, besondern die Pein und Marter
in seiner unschuldt außgestanden und es Godt bevohlen, auf ehrliche
unschuldige Leute bekennen wollen, dan seine Unschuldt so helle
leuchtede wie die Sonne am firmament des
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Himmels. Die Wahrheit aber zu sagen und zu bekennen were die Weldt
derselben hefftig viendt, aber wie ehr da auf dem Stule seße, so
wuste ehr wol, daß Godt in solchem Fall keine Engel vom Himmel
schicke, deuselben die wahrheit zu offenbahren. So wolte ehr den
Hern abgeordenten dasjenige, wie eß in der thaet sich verhielte,
dergestaldt alß wan ehr vor dem strengen Gerichte Gottes itzo
stünde, die warheit reden, und wiewoll ehr von dieser itzt
führhabenden mundtlichen communication nichts gewußt, nur daß ehr
ihme furn halbe stunde angekündiget worden. Dannenhero er auch ubel
dazu resolviret, so hetten aber doch solchem nach deß Hern Ambtmans
zu Bergertorff Grantzins Diener nit weit von Bergertorff ein Rehe
gefellet, ihme, Grimmen, unwißend; worauf Heinrich Heitkamp ein
scharfes Schreibent an ermelten Ambtman Gerhart Grantzin gefertigt,
welchs der gewesen Ambtschreiber Mauritz unterzeichnet gehabt,
Darauf Grantzin mit ihme, Andreaß Grimmen, geredt, waß dieß vor
Leute weren? hette ehr, Grimmen, geandtwordtet, ehr kändte Heitkamp
woll, en ehr mit ihme studiret, were sein Landsman und hette ihnen
fur einen ehrlichen Man angesehen, Alß aber der Herr Ambtman
Grantzin an ihnen, Grimmen begert, sie wiederumb zu beandtwordten,
hette ehr solchs gethan, und weil ihme die zeidt zu kurtz geworden,
ein kleinen Zettel hineingelegt, in vertrawen nemblich, in
quibus terminis diese Sache beruhete, ihme fürderlichst zu
verstendigen. Solcher Zettul aber, wie ehr vernommen, were vielmahl
abcopirt, auch hin und wieder gezeigt worden. Diesem zufolg hette
ehr von Heitkamp Schreiben bekommen mit vormelden, zum
Schnackenbecke furderlichst zu erscheinen, verhoffens, ihne alleine
der endts anzutreffen. Heitkamp hette aber aldar ehrliche
Gesellschaft, auch Schelme und Diebe bei sich gehabt, sonderlich
aber were Pawl Preetze Cammerschreiber auch alda gewesen und weren
weinig worte, aber vielleicht unterscheidenlich gedancken gefallen.
Dan Andreaß Grimme umb friedens willen, sie, die andern, aber böseß
zu verrichten alda gewesen, und da
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Heitkamp an ihm Diebsstücke boßhaftig beweisen wollen, hette eß
beßer einem feinde alß frennde angestanden.
Nach weiniger getheilten Rede und weil Andreaß Grimme ein Stubichen
deß Ambtmans besten Weins mit sich genommen und davon auß einem
silbern Gablis gedruncken, hette Heitkamp nach newer Zeitung von
gefangenen, die irgents zu Lübeck oder sonsten wor seßen, zu reden
begundt und daß ehr auch wuste zu Bergertorff, etzliche gefänglich
enthalten worden, in meinung (wie ehr den Dingen seit deme
nachgedacht), daß Andreaß wieder darauf andtworten und nach dem
gefangenen fragen sollte, welchs Grimm nicht gethaen, dieweil ihme
von keinem gefangenen bewust ware, darauf der Burgvoigt Matthiaß
gefraget, was fur Leute da furhanden weren, deme der Schießhund
zugehörte, der Voigt im Hause aber geandtwordtet, ehr were deß
Ambtschreibers auf Bergertorff, und der Burgvoigt weiter zu Andreaß
geredet, Sein G. F. und Herr, Hertzog Frantz, der alda auf der Nahe
beim Dorfe gehalten, bevohlen hette, sich gefangen zu geben. Ein
solches were ihme zumahlen seltzam in die Ohren geklungen, und
wiewoll ehr sich nicht groß darumb bekümmert, angesehen, ehr in
seinem Hertzen ihme nichts böseß bewust, verweiset were, hette
Matthiaß der Burgvoigt zur Lawenburgk seinen, Andreaßen, Wagen mit
Jürgen Specht, reisigen Diener von Bergertorff, wieder zurücke gehen
laßen. Darauf der Burgvoigt einen Hausmanswagen bestellt, auf
welchen Andreaß sich setzen müssen, und were einer fur ihme und
hinter ihme mehr besagter Burgvoigt mit langen Büchsen gestigen,
Welches der Burgvoigt Matthiaß auf Andreaß Grimmen erfragen bekannt,
daß eß also geschehen und wahr were. Zur Lawenburgk aber, alß
Andreaß in die Schreib-Kammer aufs Hauß gebracht, were Heitkamp mit
Paul dem Kammerschreiber zu ihme gekommen, daselbst Heitkamp sich
greulich vermalediet und verschworen, der Teufel ihne holen und ihme
Godt nimmer gnedig sein sollte, daß ehr hiemit nicht zu thun hette.
Heitkamp aber und der Cammerschreiber waren zu ihrem Essen nicht
gefürdert und hetten ihnen, Andreas
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Grimmen, getröstet, sich zufrieden zu geben, ehr würde morgen gudt
bescheidt bekommen, dan ehr einen gnedigen Hern hette, wie solches
alles auch der Burgvoigt bekannt, daß eß wahr were. Inmaßen dannoch
ein oder zwey mit Henning Schnödem, dem Narren, hinein gekommen, von
Geld außgegeben und von erschießen geredt. Andreaß aber hette nichts
von ihrem Vornehmen gewust, wie sie dan auch domalß einen starken
trungk mit ihme gethan, baldt dieser, baldt jener gefragt und alles
tentirt und stark getrunken, daß Andreaß kaum gewust, wie er zu
Bette gekommen. Alß aber Andreaß den andern Morgen kein bescheidt
erlangt, hette er Matthiaß den Burgvoigt gefürdert, antwordt von
ihme zu erlangen, der aber geredt, hette zu schaffen. Domals Andreaß
ihme dem Burgkvoigt einen Thaler wegen gehabter Unkostung geben, den
ehr aber domalß nicht annehmen wollen. Und wie Andreaß diesen Tagk
in die Kirche zu gehen begert, were eß ihme geweigert, aber eine
Postill gebracht, auch welche verordnet worden, ihne zu bewahren.
Nach Essen den Sontagk were ehr über der Schreiberey oder Hern
Losament gefürt, aldar Paulus Cammerschreiber und ein Notarius von
Braunschweig auch gewesen, welche ihnen von vielen umbstendlichen
worten deß gefelleten Reheß halber angekommen. Darnach hetten sie
ungefehr von dem Hauptman Grantzin, daß der 2 oder
3 Sachsische Unterthanen aufm Hause gefangen hette, von
welchen ehr auch Urphede außdringen wollen, so weder gehawen noch
gestochen, rede gefürt, nach mördtlichen Sachen, und ob ihme,
Andreaßen, davon nichts bewust, gefraget, ehr geandtwordtet, ihme,
Andreaßen, wie auch wahrhaftig, were hiervon nicht bekant, hette eß
auch nicht gehört, dan ehr 14 Tage mit seiner lieben
Mutter und Schwester newlich in Ditmarschen bei seiner andern
Schwester gewesen, daß eß inmittelst vielleicht geschehen sein
müste. Also hetten die eß hierbei laßen bleiben und were Andreaß
durch den Burgvoigt wieder in die Schreibkammer abgeleitet worden.
Diesen Sontag Mittag aber hette ehr gesehen, daß ein Schnittker aufm
Schlosse
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etzliche Delen geschnitten und gekürtzet, und hette Andreaß nicht
gemeint, daß es eben ihme zur Martern gelten sollte. Denselbigen
Sontag Abendt aber were der Zölner, item er Juncker Plato zu ihme
gekommen, welche auch einen starken trunck mit ihme gethan, die auch
allerhandt tentirt und gefragt, da ehr dan nicht auf andtwordten
können, weil ehr sich nichts böses gewust. Alß ehr aber sich fast
druncken zu Bette verfügt, hette ehr seine gewehr, item einen
kleinen silbern Pogk und einen silbern Leibramen bei sich ins Bette
gelegt, und were vertröstet den folgenden Morgen wieder nach
Bergertorff fahren solte. Diesen folgenden Morgen umb 3
Uhr aber were Matthiaß der Burgvoigt durch einen Wechter aufgewecket
mit vermeldung, ehr sollte eilig kommen, dann der Herzogk ihne zu
sprechen begehrt. Kurtz darnach hette der Burgvoigt Andreaßen
angezeigt, ehr solt aufstehen, daß also diejenigen, die es mit
Andreaßen im Kopfe gehabt, nicht viel geschlafen haben müsten, dan
sie mit ihme fortgeeilet, da ehr nun aufgestanden und seine bei sich
niedergelegte Gewehre gesucht, were alleß wegkgewesen, ehr aber den
Burgkvoigt gefragt, wor es geblieben? Der Burgkvoigt geandtwordtet,
ehr würde es wol wieder bekommen. Also were Andreaß in die Höhe
dieses gemackeß geführet, daselbst der Brannschweigische Secretarius
oder Notarius, item F. G. Canzler und D. Clerich wieder von dem
gefelleten Rehe zu reden angefangen, und hette der Canzler gemeldet,
wan sein G. F. und Herr ein solchs und derogleichen furhette, pflege
ehr J. F. G. einzusagen, ein solches hette Andreaß dem Ambtmanne
auch thun sollen. Deßen sich Andreaß entschuldiget, worauf sie
wieder gesaget, daß F. G. beigekommen, der Ambtman zu Bergertorff
Her Gerhart Grantzin 6 oder 7 Kerle
bestellet hette, S. G. F. und Herrn nach dem Leben zu trachten, und
weil ohne Vorwißen deß Ambtschreibers vom Abtmann nichts bestellet
werden könte, so müste auch Andreaß alß Ambtschreiber alle Hendel
und Rathschläge mit wissen. Worauf Andreaß aber geandtwordtet, ehr
wüste von diesen Hendeln nichts, hette aber alß Märgken
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oder Fabelen hiervon reden gehört und eß alß ein unglaublichs dingk
mit verwundern vernommen, auch sich verlauten laßen, daß eß
unwarhaftig ding sein müste. Worauf die Vögele oder gefangene Kerle
alßbaldt hiebey gebracht, welche dan von dem Braunschweigischen
Notario also informirt, daß sie auf die beschehene furgestellte
fragen nicht anders alß Ja, Ja geandtwordtet und ihnen Andreaß,
gefraget, ob ehr nicht mit dem Geldtkerl zu Hamburg gewesen und
aldar Sucker gekauft. Worauf Andreaß aber geandtwordtet, ihme hette
hirvon nichts gedrömet, viel weiniger daß ehr sonsten hievon wißen
sollte. Und weiter in Andreaß getrungen, ehr sollte sagen, wie der
Geldkerl hieße, ob es Sievert Minten oder Marten Bancke, welcher ein
Dieb were, den sie zu Bergertorff hetten wollen aufhencken laßen,
oder Hans Rederß, welcher jammerlich unschuldiger weise da seße, von
den dreyen were, mit welchem Andreaß auf das Hauß Bergertorff
gangen, welchen Jacob Eggerß im Platz stehende gesehen hette?
Andreaß Grimme aber geandtwordtet, Eggerß were ein Dieb und deßen
berüchtiget und uberzeuget. Worauf sie weiter gesaget, Jacob Eggerß
were von dem Geldkerl bestellet, mit dem Hauptmann Grantzin nach
Lübeck zu fahren; welcher Eggerß auch furm Thore aufgestiegen, und
wie mehrbesagter Hauptmann zu Lübeck zu Radthause gangen, hette
Eggers gefolget und furm Radthause aufgewartet. Daselbst zu Lübeck
der Herr Amptmann Grantzin mit wolgedachtem Radte zu Lübeck dieser
mordtsachen halben geredet hette. Jacob Eggers aber, oder daß ehr
nicht fehlet ein Ander were in Wilm Medings Hauß zu Lübeck gangen,
und Medings sein Schreiber hette dem Geldtkerl oder dem Eggers einen
Thaler geben. Worauf Eggerß, item N. Boekweitze, item C. Timme
Andreaß Grimmen entgegen gestellet und mit ihme confrontirt.
Doselbst Eggerß gesagt, eß were also und hette der Hauptmann
Grantzin befohlen, da sie ja gefangen werden solten, von diesem
furhaben nichts zu offenbahren, und das müßte Andreaß als ein
Amptschreiber mit wißen. Und weiter Andreaßen, ob ehr nicht mir dem
Geld
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tkerl in Dicke Jurgen Krogerß hufe vor Bargerdörff gewesen und
diesen Jacob Eggerß in den Hof gefürdert und der Geldkerl N. Jacob
Eggerß darselbst gesprochen und besteldt, dar ehr, Andreaß, mit
beigewesen sein solte. Daselbst auch Andreaß Grimm einen Brieff auß
dem Ermel gezogen, worauf ein Eidt gestanden, den hette ehr ihme
vorgelesen, und were Andreaß damit davon gescheiden, und Boekweitze
hette ihnen durchs Hauß gehende gesehen. Andreaß aber hette sich
bestendig ercleret, ehr wüste hievon und diese benante Buben weren
alle strafwürdige Leute, welche sie zusammen geraffet, denen kein
glaube beizumessen stende. Item N. Buchwitzen hette weiter gesagt,
Andreaß were mit dem Geldtkerl zu Hamburg gewesen und hette von
Peter Berenß ein Stauff Sugker gekauft, welchen Zugker zum
warzeichen Andreaß mit einem Stücke geldts bezahlt, das ubrige weise
Geldt aber hette Andreaß wieder empfangen und hette Andreaß den
Geldtkerl mit sich nach Bargerdorff wieder aufs Hauß genommen. Aber
ehr, Andreaß Grimmen hette eß bestendig verleugnet, dan diese Leute
handelten im Finsteren. Item Boekwetze und Timme hetten weiter
berichtet, der Hauptmann zu Bargerdörff, Grantzin, hette einen
haufen Leute zu sich zusambde bescheiden und deliberirt, weil sie
aber außerhalb der Pforten sich enthalten, hetten sie deßen nichts
vornhemen konnen, der Hauptman aber Grantzin were im Platze
gestanden und hette gesagt, daß sie gehöret: wan nur ein Kugel durch
den Hertzogen Magerkoet (wofür ehr erschreckte, es nachzureden)
gegangen, so hette der Krieg ein Loch. Und weil vermudtlich, daß
Andreaß dieses beßer angehöret hette, so solte ehr alles
offenbahren. Andreaß aber hette geandtwordtet, wüste nicht hirumb,
hette ihme sein lebenlang nicht gedrömet. N. Boekweitze und Timme
aber und da ehrß sagen durffe, hettens die anwesenden Hern selbst
mit bejahet, dan sie den Kerlen alß günstige Richter erscheinen.
Welchem nach die drey verordenten benanten Räthe geandtwordtet:
Wiltu dar nicht von wissen, eß soll sich noch woll schicken. Und
hetten Matthiaß Brun Burg-
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voigt ihnen von dem Gemache wiederumb abzufuren befohlen, der ihne
alßbalt in sein voriges gemach gebracht. Daselbst der Schlüter ihme
seine vorige Helden umme beide been wieder gelegt, daß ehr also in
denen wandern müßen. Und wiewol ihme seine Schwester strümpfe
geschicket, umb seine Fueße und Beine (welche ihme mehrentheils
taub) anzuzihen, so hette ehr aber dieselben wegen engkeit der
Helden nicht über den Beinen leiden können; wie ehr aber in
denselben geschlaffen, sich darin gekeret und gewendet hette, were
leichtlich zu erachten.
Darnach were die Durchl. hochgeborne Furstinne und Fraw P. Maria,
geborne zu Br. und L., Herzoginne zu Sachsen, Engern und Westphalen
zu ihme neben Matthiaßen dem Burgvoigten alleine gekommen und hette
mit großer verwunderung angezeigt, wie Andreas Grimmen doch darzu
gekommen, daß er sich mit solchem losen Volcke bekummert und von
ihnen sich verfüren laßen hette, dan sie vernommen, daß ehr ein
guter Geselle, der von guten ehrlichen Eltern geboren, und were J.
F. G. desto schmertzlicher, ehr darob in solch Unglück gerathen,
Andreaß Grimmen aber solle sich zu J. F. G. aller gnaden getrösten
und vorsehen, dan dieselbe von Fursten stammen, auch mit Furstlichen
Tugenden von dem almechtigen gezieret und begabet; da ehr güetlicher
weise zur bekantnuß gebracht werden müchte, daß ehr mit seinen
diensten vorsehen werden sollte, dan J. F. G. bei ihrem Hern und
Gemahl wol etwaß außrichten konten. Inmaßen dan J. G. auch bey dem
gefangenen Schumacher genandt, der sich hart versündiget, auch
gethan: Sollte derhalben frey nur kegen sie bekennen und nicht
geschewen; geschege es aber nicht, so hette ehr zu betrachten, daß
ehr jetzo in ihren Eisen lege, dar ehr sonsten woll in vorderben
würde. Ehr, Andreaß Grimmen, aber hette sich das beste ehr immer
gekont und gemocht, so gedemütiget und mit worten gedrungen und
gewunden, unterthenig geflehet und gebeten, ihr gefastetes
verbittertes gemuete in etwas zu lencken, hette aber alß unschuldig
nicht bekennen können. Wie nun J. F. G.
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gesehen, daß sie bei ihme deßfalß nichts erheben konnen, welches der
Burgvoigt Matthiaß auf bescheines Andreaß Grimmen erfragen, daß es
wahr were öffentlich bekennen müßen, weren J. F. G. wieder von ihm
gangen. Sonsten hette nur ein einziger ehrlicher Man dieß Werck vor
sich selbsten wol schlichten können. Item ein Wechter, Bischof
genant, were darnach zu Andreaß auch gekommen mit vermeldung, ihme
Geselschaft zu leisten, und daß ehr auch ehemals wol gefenglich
geseßen, aber auf beschehene güdtliche bekantnuß aus der hafft
wieder gerathen, welcher Wechter ihme dan ferner vermeldet, ob ehr
irgent einen Brief an die seinigen zu schreiben vormeint, wolte ehr
deßwegen einen Botten kriegen, aber eß müßte in höchstem Vertrawen
verschwiegen sein und pleiben. Also hette ehr eilents an Margreten
Vagedeß gen Bergerdorff einen Brieff vorfertigt, seine liebe Mutter
zu trösten, sich ob seiner gefenckniß nicht zu hoch zu bekümmern,
besondern einen feinen gelarten Man, deme er seine Noth entdecken
müchte, zu vermügen, an ihne herüber zu kommen. Inmittelst aber were
der Wechter von sich selbst für ihme gestanden, daß niemandt sein
Schreiben irgents durch ein ritze gewahr werden sollte. Unter
welchen Brieff unangesehen ehr dem Wechter einen Ortsthaler gegeben,
dennoch gezeichnet dem Pörtner einen Thaler darzuleggen. Mit welchem
Brieffe ehr von ihm gescheiden, nach verlauf aber gar kurzer zeidt
were der Wechter wieder gekommen mit vermeldung, daß der Hertzog
ihme auff der Brügken bejegnet, der von ungefehr das Schreiben
gesehen, welcher F. G. ihnen gefraget, wo ehr hin wolte und wer den
Brieff geschrieben? Also hette er den Brieff nicht wieder bekommen,
auch kein Andtwordt empfangen. Den andern Tag weren zwei Kerle, ein
alter Man von Escheburg und noch einer Hein Weintörp geheißen, so
ein großes langes gedicht in handen gehabt, welchs zu Bargertorff
verfaßet und von Braunschw. Secretario vorlesen worden, mit sich
gebracht, welchs, dazu dan sie beide Ja gesagt. Andr. Grimm aber
redete, daß der Heinr. Wentorp ein Bludtschender were, welche andere
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und dergleichen Mißthätere seine großgünstige Hern verbrennen zu
laßen pflegen, achte derhalben ihnen nicht würdig fur einen gezeugen
kegen ihne furzustellen, der wider die Wahrheit und Unschuldt zu
reden duchtig were.
Folgents den 3. Maii were Matthiaß der Burgvoigt die
Glocke 3 des Morgens (alß ehr Andreas Grimm aufn
Meytag zuvor dar zur Lawenburg in die Weide gebracht, bishero aber
ihme böß Futter aldar gegeben worden) zu ihme gekommen mit
vormelden, solte sich bereiten, dan die Dieb henckere alda angelangt
weren, und da ehr irgents Geld bei sich hette, daßelbe solte ehr von
sich legen, daß ehr deßen etwa nicht beraubt würde, da dan ehr
flehentlich mit vergießung seiner Tränen, welches auch vor deme
geschehen, Hertzog Frantz F. G. ihne zuförderst gnedig hören oder
durch deroselben Räthe hören zu lassen unterthenig gebeten, ehr
hette eß aber leider und Godt müßte eß geklaget sein, unangesehen
ehr Andreaß für den Burgkvoigt in seiner Gefencknuß einen Fußfall
anstatt F. G. gethan, mit untertheniger Bitte, gnedige Audienz zu
verstatten, auch ihme einen gelarten Man, dem er seine gerechte
sache vertrawen möchte, zuzuordnen, hette eß aber nicht erhalten
können. Also were Mr. Urban von Wolffenbuttel, der etwa seiner art
nach ein zimblicher bescheiden Man, dan sonsten hetten sie ihne
folgendts wol entzwei in zwey Stücke gerißen, neben seinem
Stieffsohn, und M. Hanß Dor im Lande, und des Nackerß Sohn von
Ratzeburg, welcheß Matthiaß der Burgkvoigt auff beschehen erfragen,
also auch bekandt, in Andreaß Grimmen Losament gekommen, darselbst
M. Urban zu ihme gesagt, er sollte ihnen der Arbeit und ihm selber
der Schmertzen verschonen und von sich selbsten die Warheit
bekennen; aber ehr, Andreaß, alß ein ehrlicher unschuldiger Mensch,
hette diese Marter und Drawen hintan gesetzet, sich dadurch von der
Warheit nicht abwenden zu laßen, darüber ehr dan auch lieber alles
leiden, ja sterben wolte. Weil ehr aber speciem rupturae
gehapt, das ehr sonsten keinen Menschen dabevorn geoffenbahret,
hette ehr gebetten, ihnen mit der Folterung
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zu verschonen. Also hetten sie ihme unterscheidtliche Schrauben auf
beide Beine gesetzt, daß ihme dieselbe unterschiedliche Löcher an
einander gemacht. Dannenhero ehr undleidtliche Marter und Pein
empfunden, daß ehr lieber, wans müglich gewesen, ihme zehenmahl den
Kop abhawen laßen wollen. Folgents hetten sie ihme die Hände hinder
dem Rügken hinauf gezogen, welche mit kleinen strigken greulich
gewunden und gebunden worden, daß ehr darob sehr geruffen und
geschreiet hette, wie sie aber ein sollichs nicht hören wollen,
hetten sie ihme einen Knevel in den Mundt zu thuen genötigt, weil
ehr aber gedacht, daß Schelmen, Dieben und Bösewichten deroselbige
vor diesem gebraucht worden, hette ehr sich darob desto hefftiger
gewehrt, daß also die Hencker ihme den Knevel durch die Lippen und
Zahnen mit gewalt hindurch gestoßen, darab ehr dan an den Lippen
verwundet worden, und den Knebel hinder dem Kopfe im Nacken
zugebunden und ihne also lallen laßen. Volgents hetten sie ihne an
den wrißten der hende unerhörts leiden und Marter mit fünf Riemen
oder Strigken angethan; weil ehr aber unschuldig, hetten sie nichts
erfragen mugen, und ob ehr deßwegen remedia zu gebrauchen und zu
baden, auch ein wenig Haßwerff zu haben bergert, welchs auch der
Burgkvoigt also bekannte, so hette ehrß doch nicht bekommen mügen.
Darauf dan die Henckere von ihm gegangen, aber etzliche balt wieder
gekommen mit bedrawung, wollten wieder anlangen und es noch erger
machen, und were also den Tag in solcher Marter beliegende geblieben
und mit worten woll geplaget worden. Ehr hette sich aber mittelst
unter Gottes gewaltige handt gedemütiget und seine Zuvorsicht zu
demselben gerichtet. Deßelben Abents umb 8 Uhren were
ehr wieder aus den Eisern gelaßen und in Casper Kalvers Kammer,
darin eine Peinbangk zugerichtet, gefuret, da alles zu
torquiren fertig gewesen, daselbsten ehr zum instendigsten
gebeten, einen guten Man ihme zuzuorden und nicht so grewlich zu
tyrannisiren. Unangesehen aber deßen were ehr ohne alle
vorhergehende judiciis und antzeige unaußsprechlicher maßen
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gemartert und gepeiniget, und hetten ihnen auf der Reckebangk die
stricke in die frische streimen der Hende gelegt. Wie ehr aber nun
also zum andern mahl auf angeregten 3. tag Maii,
ungeachtet der unleidtlichen pein, nichts bekandt, M. Urban aber
seine ehrliche unschuldige Bestendigkeit gesehen, were darab
besturtzet und hette darauf den Jacob Eggers in der thuer stehende
gefragt: Kenstu diesen Menschen auch woll? Ehr geandtwordtet: Ja,
ehr heißet Johan. Matthiaß der Burgkvoigt aber hette geandtwordtet:
Nein, er heißet Andreas. Welchem nach M. Urban N. Eggers weiter
gefragt: Wie hat dan der Eidt gelautet? Eggers antwortet: weder
Holtz noch Stein, weder Stock noch Staf nicht zu offenbahren. Und
wie N. Eggers darauf zurugk getreten und von anderen vielleichte
beßer informiret worden, hette er sich wiederumb nach
der Tortur gewendet, und domals noch darzu geredt: so whare ihme
Godt helfen sollte, der Eidt also gelautet hette. Diesem nach were
ehr auf eine Banck gelegt und wiewoll ehr dermaßen zugerichtet, daß
er nicht balt entlaufen konnen, ungeachtet aber deßen were ehr in
die vorigen eisen geschlagen. Zu beschauung nun all solcher marter
hadt ehr die beyne entbloßet und die Narven so vorn an den
Schenckelen eins bei den anderen noch augenscheinlich zu ersehen
gewesen, imgleichen auch die strimen vorn an den henden offentlich
getzeiget und gewiesen.
Volgende tage über den 4. 5. 6. Maii hette Matthias
der Burgkvoigt sich zue ihm gefunden mit vorgeben, ehr solte doch
alles gudtwillig sagen und bekennen, dan F. G. ein urtheil, ohne daß
auch Zeitung vom Merten Brugken, den man meinte zu Buxtehude
gehencket ware, bekommen, daß derselbe hir baldt anlangen werde,
worumb ehr sich doch so grewlich martern und peinigen laßen wolte.
Andr. G. aber hatte seine Ehr, Unschuldt und Redlichkeit hirin
betrachtet, were auch auf den Burgkvoigt scheldig worden, indeme ehr
Andreaßen vermeldet, ob ehr woll weder lesen oder schreiben
gelehrnet, daß ehr dannoch sein thundt so woll alß ein Doctor
verrichten konnte, welchs benanter Burgkvoigt
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auch auf Andr. Grimmen beschehene frag alßbalt bekrefftiget hadt.
Volgendts ungefehr den 15. Maii were Matthias der Burgkvoigt
abermals zu ihm gekommen und daß nochmals das urtheil angelanget,
berichtet, und sofern bißhero kein genugsames poltern, engsten,
pressen und peinigen mit ihme fuhrgenommen worden, solle ihme solchs
noch grosser gemacht werden. Und da ehr Josuae Krafft, der die Sonne
am Himmel stille laßen stehen, bey sich gehabt und auß derselben
gebeten, mit ferner tortur ohne praesumtion verschonet zu werden
geredet, hette ehrs doch nicht erhalten mugen, und wie ehr
berichtet, daß seit den 6. Maii M. Urban da geblieben, der dan eben
den 15. Maii zur Lawenburgk etzliche gerechtfertiget
gehabt, Andreaß Grimm aber gesessen und zu Gott gebetet, were eben
der Sluter gekommen und ihme die Helden aufgeschlossen, weil ehr
aber dermaßen zugerichtet, daß ehr schwerlich gehen konnen, hette
ihn der Schluter eben umb Mittag durch den platz in den Diebkeller
gebracht. Daselbsten die Diebhenckere, so sich vollgesoffen,
gewesen, ihme gedrowet, wie sie redtlich aufn abendt grewlich an ihn
setzen wolten, worbey M. Urban gesagt: die Milch ist nicht rein; auf
welcher seiten aber M. Urban es verstanden, wuste Andreaß nicht.
Aufm abendt umb 4 uhren weren die 4
Diebhencker alleine zu ihme gekommen, wer zu den auch N. Bokweitze
und N. Eggerß abermahlß herbei gebracht worden und weren eben die
vorigen Quaestiones erwiedert: ob nemblich nicht der
Hauptman auf Bargertorff G. Grantzin mit wissen beider Erb. Städte
Lubeck und Hamburg den Geldtkerl bestalt hätten, oder ob Lubeck
allein oder ob sonderbahre Burgermeistere oder ob sonderbahre
Radtshern oder ob Börgere oder ob Burgermeistere und Rath deß
Stattleins Bergerdorff Borgere, Haußleute und Voigte im Lande hirumb
wissenschaft hetten und von ihnen bestalt weren? Andreaß Grimm aber
hette begert, einen guten Man hirbey zu haben, ehr hette aber keinen
außerhalb den großen Stummen ab- und zugehende gesehen, und dar der
vorhanden, pflege der
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Hertzog sampt J. F. G. Gemahl nicht weit abe zu sein; Andreaß aber
hette ihren Lügen alß ein falsch gedicht, daran ehr fur Godt und
Menschen unschuldig keineswegs beispringen können oder wollen. Also
weren ihm die Füße unten an der Regkebanck feste gemacht und die
Schrauben in die alte Wunden wieder gesetzt worden, daß Eiter und
Bludt von der Peinebanck auf die Erden gelauffen, und wie ehrs
hernacher gesehen, hette er zu dem Wechter N. Bischoff gesagt:
sihestu das woll. M. Urban aber hette ihm die Hande hinter dem
Rugken algemach hoher und hoher gezogen, und wenn M. Urban
abgelaßen, hette M. Hanß, Lawenburgischer Diebhencker, wegen
Furstlichen Gnaden, noch ein Haken höher gespannen. Welchs ehr also
in höchster Pein und marter in die drey stunden außhalten müssen,
und weil ehr, Andreaß, dessen alles ungeachtet, alß unschuldig
nichts bekandt, hette M. Hanß ihnen mit Federposen in brennenden
Schwevel gestecket auf die Brust und sonsten aufm leibe besprenget.
Und wie Andreaß Grimm eben die Brust darauf entblößet, hat ehr die
Narven auf der lingken Seiten uber dem Hertzen gezeiget, so
scheinbar genung zu sehen gewesen. Wie ehr, Andreaß, aber durch die
Martern auch noch nichts bekandt, hetten die Hencker ein Insrument,
welchs als ein Durchschlag, darin großer stanck und lebendige wurme
gewesen, hergebracht. Alß er dan nackendt und bloß aufm rugken auf
der Folterbangk gelegen, hetten die Hencker weidlich zugezogen,
etzliche der Buttele auch ihme den schweis und Bludt vom angesichte
und sonsten abgedrucknet und das Instrument mit den Wurmen, so gantz
ubel gerochen, welchß ehr alß nackendt aufgedenet aufm rugken
liegent nicht sehen konnen, ihme aufm Nabel gesetzet und gedrucket;
weil aber die Wurme nicht so hefftig, alß die Diebhenckere wol gerne
gesehen, hineingefressen, hetten die Buttel ein stucke eisen
gluendich gemacht und mit demselben auf ihn zugelauffen, alß wan sie
ihne mit zangen zerreißen wollen. Solch eisn aber hetten sie auf dem
Durchschlag gehalten, daß die wurmer desto hefftiger in den
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Nabel fressen und in den leib kriechen sollen, daß er lieber (inmaße
ehr sich dan darob auch Gotte befolen) sterben wollen. Und wiewoll
F. G. viel Rhete und Diener am Hofe, so hette ehr aber doch
außerhalben der 4 Hencker keinen Menschen bei sich
haben mügen. Es were ihm aber zugemuete gewesen, urinam zu lassen;
deswegen dan einer der Hencker, bona veria zu melden, sein membrum
virile bey einer halben Stunde in die Handt gehalten, wie ehr aber
keinen urin reddiren konnen, were er von der Banck abgenommen und
auf ein Bundt stro darnider gelegt. Daselbst ehr, Godt dem Herrn zu
ehren geredet, und durch seine gnedige barmhertzige erhaltung besser
wie ehr jemals auf einem Bette gethan, sanfte geruhet und
geschlafen.
Den volgenden Morgen den 16. Maii frue weren die
Hencker wieder gekommen und ihm zum 4. mahl, gleicher
gestalt wie vorhin gescheen, in die vorigen frischen Wunden mit
peinigende und marternde die vorigen Instrumenta wieder eingesetzet,
mit noch fernerem bedrowen, im Fall ehr nichts bekennen wolle, ihm
noch grewlicher marter anzuthun, daß ehr nimmer mehr wieder aus dem
Keller kommen oder diesen tagk erleben sollte. Und wie eben seine
hierbeystehende Schwester Margarete ob solcher ehlenden erzelten
Marter und Pein kleglich geweinet, auch jemmerlich geberdet, sagte
Andreaß mit unerschrockener Stim und Hertzen, sollte sich deswegen
nicht so übel gehaben, besonderen sich vielmehr erfrewen, daß sie
einen solchen Bruder hette, der ums standhaftiger bekandtnus der
wahrheit und unschuldt halben solchs alles erlitten und ausgestanden
hette und were dennoch von dem Almechtigen erhalten worden, mit
weiteren vermelden, weil ehr, Andreaß, vernommen, daß M. Hans ohne
eußerliche Pein mit eingebung Trencke die Menschen engsten konte,
die wahrheit zu bekennen, so hette ehr begehret, ein solches auch
stracks zu gebrauchen, damit ehr dieser unschuldigen, unmenschlichen
marter und pein dermaln nur geubriget sein muchte, inmaßen, ihme dan
darnach ein wenig Wein beigebracht, davon ehr ein Leffel 2
oder 3 voll gedruncken, so
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ehr erachtet, daß der materia darin gewesen sein mußte, dan er gar
seltzam und gantz ubel geschmecket. Den Abendt aber hetten die
Hencker und Matthias Burgkvoigt ihn im finstern nach dem Losament
aufbringen wollen, er hette aber kein glydt am leibe gehabt, so ehr
regen und zusetzen konnen, hetten derowegen Magnus Bischoff und
Frantz Wichman, beide Wechtere, ihre Hande zusammengeschlagen, ihn
darauf erhoben und auß dem Diebskeller durch den platz wieder ins
vorige Losament tragen wollen, welchs ehr, Grimm, aber in deme er so
grewlich zermartert worden, und daß der eine Wechter Schlussel an
der seiten gehabt, nicht erleiden konnen, daß sie ihm an die seiten
gerüret; darab sie ihn zweymal in den Platz niederlegen müßen.
Ungeachtet solcher grewlichen marter und unmenschlichen
ausgestandenen pein aber weren ihm, alß ehr auf das Bette gehoben,
die eisen wieder umb die Fuße gelegt. Volgenten tags hette die
Fürstinne beyseins Matthias des Burgkvoigts ihne selbst besucht, und
alß J. F. G. die Decken selbst aufgehoben, seine beine so jemmerlich
zugerichtet gewesen, sich daran zu belustigen, zu besichtigen wolte
ehr sagen, und ihnen dermaßen getrostet, daß solche marter noch
14 gantzer tag wehren sollen, und weiter gefragt, warumb
ehr doch so verharrte, gantz und gar nichts zu bekennen, da man doch
dessen Zeugnuß genug hette, und auch uber das ehr von beiden Stetten
und idermenniglichen gantz verlassen werde, ja daß kein Mensch mehr
vorhanden, der nach ihm fragte. Aber damit dennoch Ihre F. G. die
feurige Kolen von ihres Feindes haupte samlete, wollten J. F. G.
ihme schweden zu den Peinen und auch wasser zu dem Brande, so sehr
eingefressen war, herunter schicken, und were wunder, daß der
Hencker den brennenden Schwefel, welchen ehr ungefehr auf ihnen
zugeschmissen, nicht ins gesichte geworfen. Die schweden aber und
das Wasser zu dem Brande hette die Furstinne bey Matthias dem
Burgkvoigt herunter geschicket, und wiewoll er auch große
unerleidliche Pein an den Wristen der Hende eine lange Zeit darnach
gefület, und unangesehen die Händt nicht durch
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gekommen, sondern die Strimen der Bande noch zu ersehen, und wunder
gewesen, daß sie ihm die Feuste nicht gantz und gar abgezogen, daß
ehr auch in deme keine remedia darzu bekommen muegn, es ihme so
darin gestochen, daß ihm die haut volgends 7 mal
unterscheidlich hernacher abgeganen, daß ehr die Hende weder unter
noch uber der Decke, noch uber dem Haupt leiden und neben sich haben
konnen. Deßwegen ehr auch gantz und gar von Krefften gekommen, daß
ehr weder gehen oder stehen, ja noch itzundt kaum einen Flohe und
anders, darmit ehr geplaget, ertoten konte. Und were noch vor
angezogener greulicher tortur Matthias der Burgkvoigt von J. F. G.
zu Andreaß geschicket, der ihme dan etliche Fratzen, Fragen wolte
ehr sagen, furgehalten, dardurch ehr auch mercklich beschweret
worden. Ehr were aber dessen alles unschuldich, inmaßen ehr dan mehr
dasjenige, was J. F. G. zu deroselben reputation, als
zu beschwer gereichen konnen, vor seine Person geleistet hette, dan
ehr, Andreaß, auf Ihrer F. G. gehalten Beilager zu Wulffenbuttel die
comoediam judicum Paridis daruber woll sechs wochen
zugebracht und agiren helfen, daß ehr also dessen sich nimmermehr
versehen, daß ehr, Andreaß, wie ein Kindt, das sich nicht regen oder
bogen konnen, im Bette gelegen, nur daß ihne der Wechter auf eine
seiten des bettes etwas gehoben, daß ehrs auf der andern seiten ein
weinig aufgestoßen, und were wegen Swachiedt in etlichen viel tagen
nicht vom bette gekommen. Wie ehr darin gelegen, leichtlich zu
erachten, dan ehr dermaßen zugerichtet, wan er je noch essen sollen,
daß ihm der Wechter den Leffel zum Munde reichen müssen; und ob ehr
wol unterthenigk gebeten, F. G. andere Leute zu ihm gestatten
mochte, so hette ehr aber doch zum bescheidt bekommen, daß Matthias
der Burgkvoigt es ebenso woll alß ein Doctor verrichten konnte, do
ehr, Matthias, doch weder schreiben noch lesen gelehrnet. Es ließe
sich aber ein dinck woll anspinnen, wenn es aber wieder gelöschet
werden solte, gehoreten andere leute darzu, damit es nicht endtlich
uber
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landt und leute ginge. Und nachdem ehr also mit dem Burgkvoigt
geredt und gefraget, woher doch solche ehlende Tragoedia entstunde,
ehr geandtwordtet, wollte es wol sagen, aber es musse im hohen
vertrawen verschwigen sein und bleiben: Es were nemlich einer,
Hinrich Schuemacher genandt, wegen begangenen Straßengewalts, indeme
ehr einen Klipkramer die Schwepen umb den Halß gethan und erwurgen
wollen, und ihme sein Kram genommen und endtwendet, aldar zur
Lawenburgk in gefenckliche hafft geraten; welcher Schuemacher aber
von der Furstlichen Fraw Wittiben Heydewigk bey Leben erbeten und
deß lands Sachßen verwiesen worden, welchs auch der Burgkvoigt
Matthias auf Andreaß Grimmen beschehene fragen tacite
affirmiret. Derselbe were kurtz darnach zu Witzhafe im lande
Holstein neben anderen Dieben gesehen und daß sie Rohre bey sich
gehabt. Dieser Schuemacher aber were balt darnach im lande zu
Sachßen betreten und von neuwem zur Lawenburgk in hafft gebracht
worden; und alß er daselbsten gefragt, worneben ehr sich inmittelst
verhalten, do were dem Burgkvoigt Matthias eingefallen, daß sie
Buchsen bey sich gehabt, und gefragt, wen ehr damit schießen wollen?
Schuemacher aber von dem einen und andern, auch von dem Waldvoigte
zur Oumulen gesagt. Der Burgkvoigt geandtwordtet, es mußte dem
Waldgreven zur Oumulen oder sonsten wol nicht, besondern F. G. wol
selbsten gelten, in betrachtung, der Hertzogk selbst diese Diebe und
Schelme im Walde liegen gesehen, welchs auch Schuemacher also
bekandt, die warheit were, daß ehr von dem Ambtman zu Bergerdorff,
den Herzogen zu erschießen bestelt, darab ehr, Schuemacher, dan
nicht mehr gepeiniget worden, und wiewol ehr auch von Kirchen
brechen und andern sachen umb nicht gepeiniget zu werden, befragt,
so hette ehr doch solchs alles verleugnet, aber bey demselben, waß
ehr von dem Hauptman zu Bergerdorff, Her Gerhart Grantzin, geredt,
bestendig verblieben, welchs auch der Burgvoigt, auf Andreaß Grimmen
beschehener erfurderung bekandt hatt. Dieses aber were von tagen zu
tagen
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mehr ausgebreitet, bis N. Buchweitze, Jacob Eggers und die andere
Schelmen auch allgemach herangekommen, dar dan Andreaß Grimmen
Person halben zuvorn nicht gedacht worden, bis Eggers, welcher einen
heimlichen Haß auf Andreaß gehabt, indeme Eggers ein Dieb und
Andreaß furdeme zu Bergerdorff geredet, weil der Galgen zu
Bergerdorff alt, müste man ihme einen newen bawen. Angelanget Jacob
Eggers aber were umb Ostern und N. Buchweitze umb Weihnachten fur
den Ostern in hafft kommen; dar also, wie geredet, von Andrea nichts
gezeuget, bis Eggers in hafft geraten. Seit solcher seiner
außgestandenen Marter aber weren keine Leute bey ihne kommen,
außerhalb der Wechter und des Burgkvoigts und die, so ehr nambkundig
gemacht, sonsten hette im anfange woll der Sluter ihm die Helden
alle tag besehen, aber nun in 2 Jahren nicht viel zu
ihm gekommen. Hirbey aber konte ehr unvermeldet nicht laßen, daß der
Heitkamp, des Wechters Sohn von 10 Jahren, welchen ehr
in Lübeck und Hamburg zimlich bekleidet gesehen, bey F. G.
angegeben, alß muchte derselbe etwa briefe von ihm, Andreaßen, in
Lübeck und Hamburg bestelt haben, und wie Heitkamp einsmahls durch
den Platz unter seinen Losament vorubergegangen und ein schrifft in
der handt gehalten, hette Andreaß ein kleines Steinlin aus der
Rauten geworfen, welcher Stein eben auf das Papier gefallen, in
hoffnung, herauf und seine zusammen geschlagene Handte zu sehen,
damit ehr seiner bey F. G. in bestem gedencken muchte. Heitkamp aber
hette mit seinem angeben bey F. G. so viel erhalten, daß das
Jungßken eine gantze nacht im Diebeskeller enthalten worden. Darab
zu vernehmen, daß Heitkamp an seinem, des Andreae, schweren Unglücke
noch nicht ersettiget. Wie ehr nun darauf von den abgeordenten Hern
Secretarien gefraget worden, ob auch die Prediger zu ihne quemen und
ihne communicirten, andtwordtet Andreaß: Ach nein, ehr hette eß wol
zu tausent mahlen begeret, were auch dessen vom Burgvoigte und
Schluter wol vertröstet, hette eß aber nicht erlangen mügen
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inmaßen ehr auch weder Bucher, Feder oder Dinte, außerhalben daß der
Herr Suderintendent ihme zwey Bucher und von den Wechtern ein alt
Betebuch gelenet, bey sich gehabt, und nachdeme ehrs, wie geredet,
nicht haben mugen, hette ehr sich zum spruch Augustini: Crede
et manducasti gehalten und were sonsten die halßstarrige
boßheit der leute mit verwundern zu vernehmen. Indeme seine
Schwester, wie itz vernommen, zu viel mahlen dar gewesen und durch
das Riemenlich vornen an den Pforten gekicket, von Heroda zu Pilato
elendiglich abgewiesen, mit furgeben, dieß were eine böse Sache,
daran iderman die Hände waschen wollen. Herodes und Pilatus aber,
waß die gethan, hetten sie theilß nicht verstanden, diese aber wol
gewust, daß ehr, Andreaß, unschuldig gewesen. Und da eß noch schon
so weit gekommen, daß ehr an seine Schwester ein Zettul schreiben
mügen, were der Kurtze in des corrigirens und austhuns keine maße
noch ziel gewesen. Ehr seße dar fur Gottes Angesichte und redete die
Wahrheit, wüste aber nicht, wie es ihme darnach ergehen würde, dan
ehr sich deßwegen allerley besorgen müste. Weil auch die Hern
abgesanten ihne gefraget, ob ihme bei beschehener unterschiedtlicher
tortur irgents eine Rechtsfrage oder Urtheil einiger
Universitet oder sonsten Judica furgelegt oder gehalten worden?
andtwordtet ehr: nein, gantz nichts. Weil aber der Burgkvoigt oft
von Urtheil gesagt, so hette ehr dessen zusehende begert, aber
nichts vernehmen können. Das Essen und Trincken belangende hette ehr
zu Zeiten elendiglich Essen und saur Drincken bekommen; welches
Drincken schlimmer denn covent gewesen. Ehre wäre, wie
vor angedeutet, durchauß gemattet worden, hette aber gantz und gar
keine remedia, ja keine Klave Engver oder bißlein
Cannel oder Zimmetrinden haben mügen; daß ehr also zu Zeiten die
gantze Maltzeidt uber Wasser auß dem Brunnen getruncken, so ihme die
Wechter geholet, ja, das noch mehr, hetten sie ihm in sein Dringken
lebendige Frösche gesetzet, darin fingerdick Barm gewesen, daß ehr
wie ein Kücken, Godt müchte es erbarmen, dargelegen und wol sagen
muchte,
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daß ihnen Godt von newem geboren. In dem Kohle (welcher fast täglich
im schwange ginge) weren auch stücke von alen zerrissenen
unfläthigen Schötteltüchern gewesen, so ehr fingerlanck wieder aus
dem Munde gezogen. Und wie ehr sich darob zum hefftigsten beschweret
und den Wechtern befohlen, andere bessere Speise ihme zu bringen, so
solten doch die Köche dagegen gemurret haben: Wil ehrs nicht
fressen, so mag ehrs lassen, eß were dem Schreiber guet genungk. Daß
also die andern gemeinen Schelme und Diebe in der gefencknuß besser
dan ehr gespeiset worden. Und wiewol ehr vernommen, daß fast täglich
aufgeschrieben würde, daß ehr diese und jene Suppen bekommen, so
weißte es aber das werck viel anderß auß; ehr hette aber im anfange
seiner gefengniß wol verstanden, F. G. gnedig bevohlen, ihme gudt
Bier und Essen auß F. G. Pütte zu reichen; diesem aber were also
nicht nachgekommen worden. Und ob er wol die Wechter gebeten umb die
gebuer einen Trunck Hamborger Bier ihme zu holen, so hette ehrß doch
nicht erlangen können.
Nachdeme ehr dan in diesem seinen bekennen vielmehr auf F. G.
reputation alß auf deroselben verkleinerung gesehen, alß bat
ehr unterthenig, etzliche eine oder zwey deßfallß zuzuordnen, fur
denen ehr seine außsage ferner thun wolte, daß S. F. G. die Warheit
seiner Unschuldt und ferner wie ehr gespeiset, wol erfahren solte.
So were ehr auch seit deme niemalß außerhalb den 1. Februarii
Anno 1602 auß seiner Custodia gelaßen, were
aber baldt wieder hinein gebracht worden.
Welchem diesem allen nach die Herrn Abgefertigten ihnen gefragt, ob
er sich dieser geschehenen außsage dan zufolge wol getrewte,
bestendig seine Unschuldt zu beweisen? sagte er unerschrockenß
hertzens; Ja, wolte es in einer Stunde thun, dan ehr da fur Gottes
Angesicht seße, welcher wüste, daß ehr die Warheit redete; wan ehr
nur einen unparteyschen Richter haben müchte. Solchem nach bat ehr
Linderung seiner custodiae, neben abschaffung der
großen schweren
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Helden, Schlösser und Ketten und daß ehr etwas beßer mit Eßen und
Trincken versehen werden müchte. Diesem nach haben die beiden
abgefertigten H. Secretarien geredet: dieweil F. G. deputirte
itzundt alle dasjenige, so ihme widerfahren und ehr auch seiner
Unschuldt halben außgesagt und bekannt, angehört, so begerten sie
gleichfals Linderung der gefengnus und daß ehr beßer müchte
gespeiset werden. Deßwegen dieses alles auch also zurückgebracht
werden solte. Im fall nun aber ihm, Andreaß, uber verhoffen etwas
unmenschlichs widerfaren solte, wolten sie dagegen solenniter
protestirt und ihnen so lange unschuldig achten und halten, biß F.
G. das Kegentheil beweisete, und solte Andreaß nur auf Godt den
Herrn, der ihnen biß anhero so gnedig bewahrt, hinfuro ungezweifelt
seine bestendige Zuversicht setzen, mit geschöpfter Hoffnung, daß
beide Erb. Stette Lubeck und Hamburg ihnen in seiner Unschuldt nicht
verlaßen, sondern waß löblicher Magistrat in dem falle zu thunde
gebueret, daran stregcken und erfullen. Die Furstliche deputirte
meldeten: da die Legaten diese protestation einwenden wolten, hetten
sie eß gestrigs Tages auf der Gerichtsstuben, da die Resolution
verlesen worden, thun sollen, sie ließen aber dieselbige auf ihrem
werth beruhen und wolten dasjenige, waß sie gehört und gesehen,
imgleichen auch waß sie wegen mitigation carceris und daß Andreaß
beßer mit Eßen und Trincken versehen müchte werden, unterthenig
getrewlich referiren.
Nach diesem sein alle zehen aufgelassene Persohnen von den
Furstlichen deputierten in Andreaß Grimmen custodia aufm Schloße zu
Lawenburgk gefurt worden, und wiewol man begert, Andreaß zugleich
mit hinein gelaßen werden möchte, seine außsage deßfals zu thunde,
so ist er doch nicht hinauf gestattet worden, sondern bei dem
Burgvoigt im großen Sahl inmittelst bleiben müßen. Andreae Grimmen
Custodia aber war eine nicht gar große vierkantige Stube, in welcher
ein Ofen gestanden, darin alß ein halber Mane Fenster gewesen, die
man aber nicht aufthun können.
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Und ob ehr wol, wie ehr zuvor in dem verhöer [im] großen Sahle
geredet, vor diesem so viele Luft dardurch nicht gehabt, so were es
ihme um eine zeidtlang gestattet, und daß ehr auch zu zeiten, wider
der Wechter willen, ein bißlein Rauten ausgebrochen, dardurch ehr
die Leute im Platz sehen und die Hände außstecken können. Seine
Helden, so uber beide Beine gingen, imgleichen auch die Ketten, so
an das Bette und Helden feste gemacht, wie Andreaß zuvor
deponierte, darannen ehr wie eine Meerkatze ginge und nicht
weiter, dan dieselbigen reichen, kommen könnte, weren ziemlich
schwer, dan die Strenge der Glieder derselben Ketten und Helden
eines zimblichen fingers dick gewesen. Und wie wir Andreaß nach
solcher Besichtigung im vorigen Sahl wieder gesprochen und der
Helden erwenet, sagte ehr, wan die Herren die eisern Bolten in die
Schlosser gehorende, welcher der Schluter itzo in Handen hette,
segen, sie würden billich noch ein mehre mitleid mit ihm tragen,
sonsten aber stende auch in der custodia ein klein
kurz bette, welchs Andreaß Grimmen statur nach gar zu
kurtz fallen thete, beklagte sich auch Andreaß, ihme beschwerlich
fiele sein opus naturae in dieser selben
custodia zu thuende, bat underdienstlich mit nochmaliger
hogster Dancksagung beschehenen annehmens, diesem furzukommen, dan
ehr sich eingebildet und auch niemals anders erfahren, denn daß kein
lebendiger Mensch mehr vorhanden, der sich seiner in irgentds
angemaßet, bat nochmals das beste zu thun und ihn in seiner wahren
unschuldt als einen armen, geringen gefencklichen Diener großgunstig
nicht zu verlassen und des Lohnes von dem Almechtigen hinwieder
gewertich zu sein. Wormit der Abtridt von ihme genommen worden.
Albertus Olthorst publicus et
in Camera Imperiali immatric. Notarius, in fidem omnium
et singulorum praemissorum manu propria subscripsit. |
* * *
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In Gottes der h. untheilbaren
Dreifaltigkeit nhamen fur und fur. Amen. |
Durch dies offn Instrument sei allen und jeden, so
dessen ansichtig werden muegen, offentlich kundt und zu wissen: Wie
daß Anno salutis humanae in Christo Jesu Domino et salvatore
nostro in integrum restitutae, seiner freudenreichen
heiligen minschlischen geburt 1603, Indictione
Romana prima, bey herschung und Regierungszeitten des
Allerdurchleuchtigsten, großmechtigsten und unüberwindtlichsten
Fursten und Herren, Herrn Rudolphi, dieses namens des anderen,
erwelten Romischen Kaysers, zue allen Zeiten Mehrern des Reichs in
Germania, zu Hungern, Boheimb, Dalmatien, Croatien, Schlawonien etc.
Konings, Ehrtzhertzogs zue Osterreich, Hertzogs zu Burgund, Steir,
Karnten, Krain und Wirtemberg, Graffen zue Tyroll, etc., unsers
allergnedigsten Kaysers und Hern, Ihr Kays. Mayt. Reiche der
Romischen und Boheimbschen beidt in acht und zwantzigsten, des
Hungarischen aber im ein und dreissigsten, sodan deß itzigen
Kayserthumbs im sieben und zwantzigsten Jahr, die Ehrnveste
Hochgelahrte Hochachtbare Hoch- und Wollweise Herrn Burgermeistere
und Rahdte der beyden loblichen des H. freien Reichs Ansehe-
(-Hanse-) Kauff- und Handelstete Lubeck und Hamburg respective mich
endtsbenanten am hochloblichen Kayserlichen Cammergericht
immatriculirten Notarium requiriren, beneben auch
großgunstig vermelden lassen, Weill nemlich ihre Ehrnv. Hochachtb.,
auch Ehrnvesten und Hochgelahrten Hern D. Vincentium
Mollern, Hamburgischen subsyndicum in sachen des gefangenen
Amptschreibers Andreaß Grimmen, an den Durchlauchtigen Hochgebornen
Fursten und Hern, Hern Frantzen, Hertzogen zue Sachsen, Engern und
Westphalen etc. mit etzlichen werbungen abzufertigen entschlossen,
So solte ich daßjenige waß deßwegen hinc inde verlauffen müchte,
fleißig ad notam nehmen und ihren Ernv. Hochachtb. W. davon eins
oder mehr offene Instrumenta umb die gebuer vorfertigen und
mittheilen. Deßhalben dan auch wolgedachter Rath, dero Stadt Ham-
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burg, mich meines Eidts, damit Ihren Ernv. Hochachtb. W. ich
verwandt, quoad hunc actum und weiterß nicht,
realiter et cum effectu relaxirt und erlaßen haben wolte,
Inmaßen erfolget wie Erngedachter Herr Subsyndicus den
andern Tagh Martii umb zwo Uhren Nachmittages dieseß schwebenden
Sechszehenhundert dritten Jahres altes stylo receptiori,
in die Gerichtsstuben vorn aufm Schloß Lawenburg, daselbsten die
auch Edle, Ernveste, Hoch und Wolgelahrte Hern Doctor Johann Wilhelm
Neonobel, Cantzler, Hanß von Dalchow, Hovemeister, Gabriel von
Biberlingen, Doctor Hector Mithobius Rath, M. Eleaser Knevelius
Prothonotarius, Simon Braun Amptman, Andreaß Tischer, Tobiaß
Eggebrecht und andere Cantzleiverwanten mehr gewesen, zur Audientz
gestattet worden. Doselbsten dan erwenter Herr Cantzler zum eingang
geredet: Nachdem ihm gestrigs Tages ein Credentzschreiben unter des
Raths zu Hamburg Signet durch mich endtsbenanten Notarium
uberandtwordetet worden, were daßelbige ihrem G. F. und Hern der
gebür unterthenig vorgedragen. Welchem zufolge dan J. F. G. die
gnedige anordnung gethan und sie dazugegen deputirt hette, daßjenig,
waß der Her Gesanter anbringen würde, anzuhören und daßelbig
getrewlich unthenig zu referiren, worauf dan J. F. G. sich gnedigen
bescheidts wieder vernehmen laßen würden.
Diesem nach proponirte vorangezogener Herr
Syndicus, daß Hochgedachter Furst auf erwentes uberreichtes
Creditifschreiben und beneben beschehenes ansuchens ihn zu gnediger
Audientz verstattet. Sie, die Hern Deputirte
Cantzler und Räthe solche mühe und arbeit auch auf sich genommen,
beider Erbarn Städte werbung anzuhören, dießem thete er sich
unterthenig und fleißig bedancken, wie er auch dieses der gebüer
gegen seine Hern Obern und Eltisten rühmen wolte. Und were nun an
deme, daß die Hern Fürstlichen Räthe ohne weitleuftige anzeige sich
gnugsahm zu erinnern hetten, welcher gestalt die Römische Kaiserl.
Mayestät in schwebender angedeuter Rechtsfertigung den unschuldigen
Andream Grimmen belangend auf die hic inde ergangene
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Acta ein Arctius Mandatum zu Prag außgehen laßen,
welches auch ihrer F. G. vor diesem der gebüer insinuirt und
uberandtwordtet, darinnen unter andern J. F. G. bey höchster Pein,
der Acht und Uberacht auferlegt worden, deß unschuldig Gefangenen
Freunde, Verwandte und der beiden Erbarn Stette Advocaten,
Dienern, Defensorn, oder die sonst an ihn geschickt
werden möchten, einen freien Zu- und Abgangk zu gestatten, Inmaßen
dan J. F. G. sich negstmahlen gegen beider Erbarn Stette abgesandten
gnedig ercleret, dem außgewirckten Mandato in diesem
Puncte so viel zu gehorsamen, daß wan obbenante des unschuldig
Gefangenen Freunde und Verwante, auf beider Erbarn Stätte
Advocaten und Defensores daselbsten zur
Lawenburg anlangten, der freie Aditus, doch auf
hibevor beschehene erklerung, ihren Nahmen von sich zu geben und F.
G. erklerung darauf gewertig zu sein, vergünnet werden solte.
Ob nun wol beede Erbare Städte sich gentzlich vorsehen, daß
demselben zufolge des unschuldigen Amptschreibers beide Schwestern
und Schwägere, wie die fur viertzehen Tagen alhie in loco
gewesen und umme den Aditum embsig und fleißig
angehalten, derselbe ihnen verstattet worden sein solte, So hetten
aber doch ihre Ern-Hochachtb. W. mit befrembdung vernommen, daß uber
verhoffen ihnen derselbige verweigert und abgeschlagen worden,
deßwegen dan auch beide Erbare Stette sich alle darab habende
Notturft protestando hiemit vorbehalten, auch die von beiden Erbarn
Stetten Abgesanten hiebevorn de non sufficienti paritione
eingewandte protestationes anhero nochmalß repetiert und
erwiedert haben wolte. Weil aber dennoch ihren Ern.-Hochachtb. W.
fur eine Notturft erachtet, den unschuldig gefangenen Amptschreiber
abermahln in seiner langwierigen beschwerlichen gefencknuß zu
besuchen und mit demselben sich aller gelegenheit nach zu unterreden
und zu erkundigen, Alß hetten ihne beide Erb. Stette Lubeck und
Hamburg abgefertigt, bei F. G. anzuhalten, daß ehr der Herr
Legatus neben dem Notario und gezeugen zu
demselben gestattet
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werden muchten, dasjenig, so ehr in Mandatis hette,
mit ihm ungeschewet zu reden und seine außsage ad notam nehmen zu
laßen. Und weil dieß suchen allerhöchstgedachter Röm. Kays. Mayt
befels auch ihre F. G. worden sein, deßwegen beschehener erklerung
gemäß, So vorsege sich der Herr Legatus gantzlich,
ihme solchs nicht abgeschlagen, besondern der freie Aditus
gegönnet werden solte, deßhalben ehr dan auch von J. F. G.
gnedige wilfarige Resolution unterthenig erwartend.
Nach der Herrn Cantzler und Räthe beschehener unterredung erklerten
sie sich, daß dasjenig, waß itzo durch den Herrn Legatum
wegen beider Stette, vorgedragen angehört worden. Weil aber in dem
Credentzschreiben beider Erbarn Stette Volmacht erwehnt worden, alß
begerten sie dieselbige zu sehen, welche auch ihnen darauf gezeiget
worden, wolten nun dieß alleß J. F. G. unterthenig referiren,
worauf gebürliche Resolution wol erfolgen würde.
Folgendts Tages den 3. Tag Martii, wie damalß der Herr
Legatus wieder in die Gerichts-Stuben vor Eßens
aufgefordert worden, und gethane proposition vom Hern
Cantzler repetirt worden, excipierte ehr
mit folgenden und andern weitleuftigen Worten: daß nemlich auf dieß
beschehenes untertheniges antragen J. F. G. befohlen hätten, dem
Hern Gesanten und Advocaten in dießer Sachen hinwieder anzumelden,
daß J. F. G. aus dießer der benanten beider Stette voriger und
itziger beschickung fast sonnenklar vermerkten, wie daß beide Stette
sich dieseß unschuldigen gefangenen Amptschreiberß dermaßen
hefftiger alß sie fast in andern ihren eigenen anliegenden Sachen,
nicht thun könten, annehmen und pro aris et focis militirten.
Dannenhero J. F. G. seltzahme gedanken schopften, indem beide Erbare
Stette dieser Sachen so fleißig abwarteten und theilhaftig machten.
Damit also die Warheit nicht an Tag kommen, und dieß
enormissimum delictum assassarii und andere ubelthat
ungestraft bleiben müchte, welches J. f. G. im weinigsten sich nicht
vorsehen, und dan daß von ihnen dem verordenten
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wegk Rechtens und andern in disem falle heilsamen beliebten
Constitutionibus Imperii nicht nachgegangen würde, welches
aber J. F. G. an seinen Ort stelleten. Es were aber billig, in
vortrettung der Diener ein Unterscheidt zu machen: daß nemblich
keine Obrigkeit schuldig, wie groß die immer were, sich derer
Diener, welche wider die christliche Liebe auß boßhaftigem Hertzen
einem andern, und sonderlich J. F. G. wider Gottes befeligh nach
Leib und Leben getrachtet, dermaßen anzunehmen, daß einem andern
frommen Diener in seiner Unschuldt wol gebürt, darmit das Laster
nicht unterdrücket würde und die Straffe nachbliebe, wie J. F. G.
auch deßwegen aus allerhandt Zunötigungen eß ohne das vormerkt, daß
J. F. G. zu beiden Stetten alß benachbarten sich nicht vorsehen,
denn diese Sache were peinlich und dennoch wider J. F. G. alß einen
Fursten deß Reichs an Kays. Mayt. in dem man nullitates
fingiret, die sie aber nimmer darthun noch beweisen solten,
appellirt worden, da man doch vielmehr hiemit billig zurückhalten
und wider die Rechte und Reichs-Constitutiones nicht
handlen solten, wie dan J. F. G. an Kays. Mayt hofe und im gantzen
heiligen Reiche darthun und ausfüren wolten, daß ihr gnediger Herr
nicht sollich ein Fürst were, der sich unterstanden, einen
unschuldigen Menschen zu unterdrücken, besondern da das Vornehment
des schuldigen Amptschreibere nachgeblieben, hetten J. F. G. diesen
process und was dem anhengig wol geübriget sein
können. Weil es aber angefangen, solte es ausgeführt und die
Notturft an Kays. Mayt. Hofe und im Reiche einzuwenden nicht
vorgeßen werden.
Waß das Arctius Mandatum, darein J. F. G. bei högster
Poen eins und ander auferlegt, betreffe, wusten J. F. G. sich deßen
alles wol zu bescheiden und das vorlengsten vormerkt, sollich
Mandatum durch unbestendigen bericht und unwarheit zuwege
gebracht worden were. Derowegen auch J. F. G. von demselben
appelliret. Den Punct aber deß freien Zutridts betreffendt
hetten J. F. G. wol ursache gehabt (weiln allsolich mandatum
per suppressionem veri et
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suggestionem falsi mit anzihung etzlicher Rechtsregeln
dahin gemeint, si preces veritati interentur außbracht
worden und daher ungültig und kraftloß were) sollichen zu- und
abganck zu verweigern. Damit aber J. F. G. in diesem und andern das
Licht nicht schewete, konten J. F. G. gedulden, daß hundert
Advocaten seiner Notturft halben, waß recht, erbar und billig und
die Warheit erforderte, mit ihme redeten. Weiln aber vormercket, daß
diesem also nicht nachgesetzt wurde, so könte auch nicht einem jeden
der Aditus zu dem Gefangenen verstattet werden. Weil
auch verstanden, daß man den gefangenen fur einen unschuldigen
angezogen, Solchs gestunden J. F. G. mit nichten, woltens auch
keineswegs zulassen, und dar der gefangener unschuldig, werde
folgen, daß ihr gnediger Herr ein unrechter Fürst were, das sie
hofften nimmer zu werden. Derjenige aber, so der That und
mißhandlung schuldig, konte sich nimmer fur unschuldig erachten.
Derhalben J. F. G. es dahin deuteten, daß das Wordt – unschuldig
gefangenen etc. – J. F. G. zue vordrieß und verkert voreracht
worden. Da aber beide Stette gemeint, die ihrigen deßwegen hernacher
mehr abzufertigen, begerten J. F. G., sich sollicher wordt zu
enthalten; wurde eß aber nicht nachbleiben und man unterstände sich,
J. F. G. hinfuro damit die ohren zue reiben, solte derjenige darauf
etwaß anderß gewertig sein, und wolten J. F. G. auch sonsten dawider
schreiben und sollichs vorthedingen; das aber die condition
deß Zutridts halben vorangezogener maßen nicht allein, besondern
auch daß diejenigen, so mit ihm handelten und gesprech hielten,
sowol im uf- und abgehen bescheidentlich sich bezeigen, auch keine
ursache damit J. F. G. Reputation vorkleinert wurde
oder zu unglimpf und verdruß anlaß und ursach geben solten, alß
gewesen, dessen weren J. F. G. gestendig. Eß hetten aber J. F. G.
mit schmertzen vernommen, daß der gefangener in negster beschickung
vieler ungebührlicher, unwarhafter wordt sich vornehmen lassen, daß
er so vielmahl torquirt und anderß, welchs ich
endsbenanter Notarius mit
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angehört hette, daß auch darauf die abgesanten sich hinwieder
vornehmen laßen. Ehr sollte ab solchem furnehmen gedult haben, und
daß beide Stette ihnen nit verlaßen wolten.
Dannenhero man sich unterstünde, den gefangenen zu vergleiten und
also ungrundt zu erdencken, damit diese Sache je lenger je mehr
schwerer und größer gemacht würde. Eß weren aber J. F. G. seitdem in
erfahrung kommen, was fur ungebüerlicher Handel J. F. G. underthane,
Wechtere und Dienere uf des gefangenen Amptschreiberß und seine
freunde anmutent vorgehapt hetten, wie sie dieselbigen corrumpiert
und ihnen versprochen, mit Weib und Kindern zu unterhalten, solten
nur ihnen loß machen helffen, auch zu den andern gefangen zu gehen
und ihnen anzusgen, waß sie hiebevorn des Amptschreiberß halben
bekant und ausgesagt, hinfuro nit mehr gestendig sein solten.
Deswegen dan die Wechtere, indeme sie solche Büberey gemacht, an J.
F. G. trewloß und meineidig geworden, welchs dan nicht zimblich
anzuhören. Eß hetten aber Kayserliche Mayestät den weg, wie man
procediren solte, vorgeschrieben, daß sich also nicht
gebürt gehapt, gesetzter maßen zu J. F. G. sonderbahren Schimpf und
Unglimpf diese Sachen vorzunehmen.
Betreffent aber daß deß Amptschreiberß Freunden der Aditus am negern
nicht gestattet, nachdem alsolliche Freunde damalß gefragt worden,
aus waß Ursachen sie ihnen zu besuchen begerten, sie geandtwordtet,
woltens umb christlicher und schwesterlicher liebe willen thuen,
worauf dan diese erklerung von F. G. erfolget, daß das Kayserliche
Mandatum dahin nicht ginge, besondern daß seine
Defensores und andere, so bericht seiner Sachen halben von
ihme einnehmen wolten und dazu bestellet weren, zu ihme gelaßen
werden solten, und daß nicht einem iglichen, der nur hergelauffen
kehme und um trosteß halben ihne besuchen wolten, der Aditus
vergönnet were, und weil sie seltzame Hendel mit corrumpieren und
sonsten, wie erwendt, treiben, so hetten seine Schwestern und
Freunde
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sich erkleren sollen, ob sie daran schuldig. Sie hetten aber andere
Sachen vorgegeben, Weil sie dan keinen Notarium bei sich gehapt, so
wurden sie auch zu keinem guthen ende etwas zu verrichten angekommen
sein; da sie sich aber etwan umb vier Wochen wieder einstelten,
könten sie deß Aditus wegen andern beßern bescheidt
erlangen. Auß diesem und andern Ursachen were der Zutridt ihnen
domals verweigert worden; weil aber der Her Gesanter befelicht, an
dem Gefangenen sich zu verfügen und seine notturft zu seiner
Defension gerichtet und keiner andern Ursachen oder
vorangeregten partiten halben oder sonsten das wider
die Rechte und das Mandat lieffe, mit ihme deßwegen zu reden, So
wolten J. F. G. gestatten (doch daß J. J. G. die ihrigen auch dabey
verordenen wolten), daß wir dieseß Tages die Glocke zwolffe zu ihme
gelaßen werden solten, alßdan das gesprech so lange man wolte
verstattet sein könte. J. F. G. aber hetten am neheren mit
Schmertzen vernommen, daß der gefangene Andreaß Grimm so unbesonnen
heraußer gefahren, daß ehr nemblich außbündig und gnungsahm sich
verandtwordten wollte. J. F. G. könten geschen laßen, daß nicht
allein zwey, besondern vier, fünf, sechs Stette, wie groß und
mechtig die immer weren, sich dieses annehmen, und daß nicht allein
den Stetten, besondern auch jedermenniglichen, wer eß fürderte,
abschrifft und Copei hirvon mitgetheilt, auf daß
vorgeschriebene weg rechtens hirinne observirt würde,
dan die beiden Stette diesen process gantzer vier Jahr
remorirt und ufgehalten, daß man hiemit zu keinem Ende
kommen, noch sie die ubeltheter zu keiner gebürlichen Straffe ziehen
können. Sonsten aber solte man sich bei dem gesprech deß Gefangene
keine Unschuldigheit einbilden, dan der eine Ubeltheter N. Eggers
öffentlich auf Grimmen bekant, daß derselbige ihme den Eidt
furgehalten, inmaßen dan solcher Eidt vom Hern Cantzler abgelesen
worden. So were auch Andreaß Grimm in J. F. G. Fürstenthumb zu
kommen nicht citirt, besondern hette sich selbst
hinein begeben und sich unterstanden, J. F. G. eigene Diener zu
vergleiten, wie dan J. F. G. auch ungerne
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vernommen, daß einer seiner unterthanen newlich zu Lubegk zu boden
geworffen worden, mit vermelden, daß were ein Niedersächsischer
unterthan, der billig wert were, ihme alleß leidt anzufügen. Sonsten
aber hette die Stadt Hamburgk sich dieses so hefftig nicht mit
anzuziehen, sintemahl dieß verbotter fürnehmen nicht bei Zeiten der
Hamburger, sondern der Lübischen Verwaltung, da Andreas Grimmen ihr
Diener gewesen, geschehen und furgangen, aber doch were J. F. G. an
deme ersettigt, was Urtheil und Recht mit sich bringen wurde. Welchs
ehr uf beschehene Werbung F. G. befehlich nach zur resolution
wieder vermelden sollen. Der Herr Legatus replicirte:
was der Herr Cantzler uf seine in befelig habende gethane werbung zu
J. F. G. erklerung mit fast scherffen anzügen und ohn zimblichen
injurischen verbitterten Worten, die ehr wider die beiden Erbarn
Stette ausgegoßen, in andtwordt sich vernehmen laßen, das hette ehr
mit befrembdung schmertzlich vernommen, wolte aber solchß
tacite nicht vorbeigegangen, sondern außdrücklichen davon
protestiret und seinen Herrn Obern und Eltisten deßwegen alle
gebührende Notturft vorbehalten, auch mich, Notarium,
requirirt haben, sollichs fleißig ad notam zu nehmen.
Dieweil aber die gantze Heubtsache uf dem eintzigen Punct des
Zutridts halben mit eingezogen, darauff ehr zwar nicht befehligt
sich alhir in weitleufftige Disputation einzulaßen, So wolte ehr
aber doch folgendts darauf angezeigt haben.
Belangent erstlich was wegen deß Gefangenen Schuldt oder Unschuldt
geredet, hetten beide Erb. Stette Lübeck und Hamburg auß
hochbefugten Ursachen ihreß Dieners, welche J. Ern. Hochachtb. W.
etzliche Jahr trewlich gedienet, billich anzunehmen im geringsten
noch nit erwiesen aoder außkundig gemacht worden, daß derselb dieser
That einigermaßen schuldig were, sondern daß vielmehr seine
Unschuldt ab nehermalß gethanen bestendigen außsage gnungsahm fur
augen und am Tage, daß aber beide Erb. Stette deß Cantzlerß anzeige
nach Andreaß Grimmen ubelthat sich theilhafftig machten, were ehr
mit nichten gestendig und
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repetirte deßwegen seine protestation zuemahl weil
solche suspicio nicht exprimirt worden,
daher dan auch dieselbe in specie nicht verandtwordtet
werden konte, und dieweil beide Erb. Stette im Reich Godt lob deß
ansehens, daß mit annehmung ihres unschuldigen Dienerß sie
keineswegs jeniger ubelthat halben sich vordechtig machen konnen, So
würden J. Ern. Hochachtb. W. kunfftig zu rechte und sonsten bei
menniglich aller gebuhr nach sich deßen wol entlegen, sonsten aber
hette ehr die Worter „unschuldig gefangenen“ zu J. F. G.
verkleinerung nicht geredet, sondern daß beide Erb. Stätte denselben
ihrestheils, weil ehr noch keiner ubelthat überzeugen, nicht anderß
dan fur unschuldig bißhero halten können.
Angehendt das Arctius Mandatum, welchs sub et
obreptitie deß Cantzlerß anzeige nach außgebracht worden
sein solte, hetten die Hern Räthe sich zu erinnern, welcher gestaldt
J. F. G. am Kayserlichen Hoffe ihre Exceptiones
ubergeben und damit aller Notturft nach gehort worden, aber
unangesehen deßen were dennoch sollich Mandatum
erkandt und erhalten worden. Daher solchs pro sub et
obreptitie nicht könte geachtet werden. Und obwol hiebevorn
angezeigt, daß von solchem Mandato appellirt worden,
so were doch solche Appellatio fur sich selber
unbündig und nichtig, inmaßen zu seiner Zeidt, sofern man sich
sollicher Appellation gebrauchen wolte, weitleufftiger außgefurt
werden solte, und ließe man derowegen solche Appellation uf ihren
unwerdt beruhen.
So viel den Punct deß Zutridts zu dem unschuldigen Gefangenen
belanget (welchen ehr nach der Rechtsregel quod quisque
presumitur innocens donec contrarium probetur also nennet),
thete ehr daßelbig utiliter annehmen, und were solchs der
Kayserlichen Mayestät befelchs gemeß, und wiewol man auch zu
beschonung, daß des Gefangenen Freunde am neheren nicht zu ihm
gelaßen worden, jetzt allerhandt eingewendet und bevorab wie im
Kayserlichen Mandat der Aditus nicht wegen deß
Trosteß, sondern des Gefangenen
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defension halben gebotten worden, so bezeiget doch der
Buchstab angeregten Mandati viel ein anders und würde
ohne zweifel Andreaß Grimme in solcher besuchung seiner Verwandten
allerhandt zu seiner defension gehörig vermeldet
haben, Weil aber der Aditus nicht gegonnet werden
mügen, so wolte ehr die gestrigs Tags eingewandte
protestationes nochmalß erwiedert haben.
Nachdem dan auch ehr, der Legatus, sich zuefürderst erkleren sollen,
auf was meinung der Gefangne besucht werden solte, so were nun
darauff dieses die Andtwordt: daßjenig nemblich, was zu seiner
Defension nötig were, und wie sich die Sachen allerseits
vorhielten, zu erkundigen, sonsten aber da beide Erb. Stette darab
suspicirt und in verdacht wier fug und billigkeit
gezogen, auch da inmittelst wider das Mandat noch etwas ferner
inmaßen bereits angedeutet, furgenommen werden solten, welchs beide
Erb. Stette die als unerwiesen davon nichts wißen konten, waß
gestalt hiemit dazu sie nicht citirt procedirt worden, wolte ehr die
nullitate und sonsten offentlich zirlich dakegen
protestirt und bedingt haben. Diesem nach ist dem Hern Legaten durch
Tobiam Eggebrecht Cantzleiverwandten vor der Gerichtsstuben
angezeigt worden, weiln eß hoch ufn Mittag und ohne daß Puncte
eingefallen, die F. G. zuforderst anbracht und deroselben erklerung
darauf wieder gewertig sein musten, so solte sich der Her Legatus
biß nach Eßens gedulden. An folgendts Tags aber, den vierten
Martii, die Glock halb drey nach Eßens, wie der Her Cantzler
und Räthe zuforderst den gewalt verlesen und besichtigt, duplicirte
Sachsischer Cantzler nochmals mit weitleufftiger rede und
mehrentheils vorhin eingewandter erclerung, dieweil nemblich
gestrigs Tages allerhandt vorgebracht, das der gebüer zuforderst
widerlegt werden müßte, und aber der Legatus anfangs super
injuriis et nullitate protestirt, So hette ehr von F. G.
befehlich, deßwegen gleichergestaldt auch zu protestiren und zu
bedingen, mit abgeschickten Notarium auch deßwegen
sonderbar requirirend, weil alleß protocollirt
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und hernacher in forma Instrumenti zweifelsohne
verfaßet würde. J. F. G. auch deßwegen auff ferner gnedigs ansinnen
eine oder mehr Documenta umb die gebühr zukommen laßen. Sonsten aber
hetten J. F. G. zu dem Hern Syndico und Advocaten in dieser Sache
sich den gestrigs Tags eingewandten verdrießlichen replic,
die J. F. G. mit Unmuth vernommen, nicht vorsehen, were auch darauf
befohlen worden, hinwieder anzuzeigen, daß beide Stedte oder die, so
dieß werck treibten, dadurch greifflich zu verstehen gegeben, daß
man sich dieses mehr annehme alß man zu rechte zu thun schuldig
were. Dardurch aber noch nicht erwiesen, ob eß beider Stette, die
eine Reichsstadt, die ander alß eine Fürstenstadt, meinung were,
dasjenig, so anbracht worden, zu ratificiren, da man doch billig
sich deß Rechtens hiebei erinnern und weiterß nicht denn daßelbe
meldete, einlaßen solte. Sonsten hette es die meinung, daß man dem
Andreaß Grimmen, welcher umb seines assassinii willen
und daß ehr F. G. nach dem leben getrachtet, vertreten helfen und
auß guedt: laster machen wolte.
Dieses aber nun ferner abzulehnen repetirte ehr wegen
F. G. vorige eingewante protestation und ließen J. F. G. sich nicht
schrecken, ob man gleich wegen beiden Stetten zehen oder zwantzig
Notarien protestirte und mit solchem Pralen umbginge, so würde doch
auß weiß nicht schwartz werden. Derowegen weil tacenda vera et
suggerenda falsa dieses alles expracticirt, so könte zu
verkleinerung der Stette dieses pro injuriis nicht
angezogen werden, wie dan auch J. F. G. umb beide Stedte eß nicht
verschuldet, daß sie von Nulliteten und nicht von
ordentlichen Rechte die Processe anfangen, weil es aber nicht in
acht genommen, so hetten J. F. G. dakegen protestirt, angesehen daß
J. F. G. wol abnehmen könten, daß nicht beide Stette zugleich,
besondern etzliche deroselben sein müßten, die sich dieses F. G. zu
besondern Unglimpf annehmen. Eß würde sich aber noch entlich finden,
deshalben dan auch salva praemissa protestatione J. F.
G. was zu dero Vorkleinerung geredet und geschrieben
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ad animum revocirt und entweder kegen beide Stette
oder die entzele Persohnen eß ahnden und eifern wolten.
Angehendt waß wegen deß Verdachts, so F. G. auf beide Stette
geschepfet, vermeldet worden, ginge zu Lübeck und Hamburgk das
geschrey, der Gefangener herein gelocket worden, welches aber nicht
so were, dan ehr selber hinein gewolt und sich beneben unterstanden,
F. G. eigene Dienere zu vergleiten und zu corrumpiren,
daß also dem gefangenen eß umb J. F. g. zu thuen gewesen. Ob nun
beide Stedte gnungsamb Fuege und Ursach gehapt, sich dieses Dieners
wegen assassinii und derogleichen Unthaten
theilhafftig und ex homine nocuo hominem innocuum zu
machen, das konten sie bei sich nicht schließen. Eß befünde sich
aber das contrarium, dan man sonsten von
nulliteten nit appelliret und dasjenig, waß ihnen dienlich,
herauß geklaubet hette, damit sie nunmehr gantzer vier Jahr den
Process aufgehalten, daß man zu keinem Ende kommen können.
Inmittelst aber hetten J. F. G. nicht dasjenig alß ein Tyranne,
sondern waß erkandt vorgenommen und procedirt. Derowegen J. F. G.
auch wol leiden mügen, ein sollich unbesonnen fürnehmen
nachgeblieben were, so hette man ihm was weder vor schuldig oder
unschuldig geachtet, Sie stellen eß aber dahin. Berührent daß der
Gefangene seiner Ubelthat noch nit überwiesen worden: sollicher
beweiß aber gehört nicht hir, besondern an einem andern Orte, und da
beide Stette, die deßwegen hirzu citirt worden, dabey geschickt
gehapt, wurden dieselben neben den zwantzig Persohnen, so bei der
beeidung gewesen, eß auch woll angehöret haben. Derohalben folgete
nicht, daß ehr unschuldig were, inmaßen dan auch nicht
illequitime, sondern illegitime mit ihme
procedirt worden. Und were F. G. nie ins Hertz gestiegen,
ungebüerlich hirein zu verfahren, eß hetten dieselbigen wol mugen
wünschen, ehr sich dieses nicht unterfangen hette, wolte er ihnen
gern entperen, und were unmüglich in einer ungewissen Sachen ein
gewisses Wesen zu machen. Nun were aber der Andreaß Grimme vom Hern
Syndico und Advo-
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caten gestrigs Tags fur unschuldig außgeschreien worden; ein solches
aber were in seiner Volmacht nicht zu finden, worumme er ihnen dan
so hoch fur unschuldig geachtet. Dahero abermahl J. F. G. abnehmen,
daß dieß Anstifften nicht von beiden Stetten, sondern nur entzelen
Persohnen herkeme. Inmaßen sie dan auch nachsichtung nach den
sigillis, so ihnen der Endts ungebreuchlich, haben wolten, dan mir
nachbenanten Notario gantz wol bekant, daß die vorigen
Abgesanten andere sigilla gehabt.
Der Herr Syndicus interloquirte hiebei, die Stette
hetten wol zwey oder dreyerley Siegel, derer sie sich nach jeder
Sachen gelegenheit gebrauchten, und hette ein jeglich sein sonder
abzeichen und Name, inmaßen dan daßelbig zne Hoffe auch ublich were,
in erwegung, daß J. F. G. Daumen-Pitzschaft, Cantzley-Secret
und andere unterscheidtliche sigilla hetten, die zu
unterscheiden Sachen gebraucht würden.
Der Cantzler redete weiter: und wan eß so heißen solte einen
Schuldigen sich anzumaßen, alß wan ehr keine Schuldt hette, so würde
kein Dieb an Galgen gehenckt; darumme dieses ein seltzahmer bericht
were. Ich, der Notarius, hette mit angehört, mit waß
ungebürlichen groben Wortern und großer unwarheit, auch gröblichen
lügen Andreaß Grimme seine Außsage am nehern gethan, welchs alles
nach Hamburgk gekommen, da doch J. F. G. bevohlen, sich aller Rede,
so J. F. G. an dero Reputation verkleinerung
gereichte, zu enthalten und nichts Unbefugtes zu verichten. Weil eß
aber nicht geschehen, ginge itzunder das geschrey, der Schreiber
were unschuldig. Solcher bericht aber geschege nur auf der einen
Seidt, das anziehen aber auf der andern. So were auch ferners
vornommen, das doch nicht ausgefürt, woher der Verdacht in dieser
Sachen auf beide Stette gezogen werden könte Deme zukegen hette der
Legatus bereits angehört, daß sich nicht gebürte, die
warheit zu unterdrücken, das böse zu dempfen, und dakegen die
unwarheit und Arges herfur zu bringen, insonderheit aber daß F. G.
zweifelten, ob sich beeder Stette dieser Sachen zugleich annehmen,
dan
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viel ehrliche, redliche Leute im Regimente und sonsten in der
Bürgerschaft vorhanden, denen alles dieses hefftig und hartt
treiben, und ob eß wol den Nahmen hette: die Stette führten diesen
process, so were aber doch Rath und Gemeine zusahmen
zu verstehen. Diese Sache aber gehörte fur die Römische Kayserliche
Mayestät und hetten J. F. G. als ein christlicher Fürst sich nie in
sie gezogen, einen unschuldigen Menschen nach leib und leben zu
trachten. Wie schmertzlich aber es J. F. G. alß einem Reichsfürsten
furgekommen, daß Leute dagewesen, die die Büchsen deßwegen schon
angeleget, welchs sie nicht auß muetwillen bekandt, sondern
derogestalt, alse wan sie vor dem jüngsten Gericht gestanden, ihre
Aussage gethan hetten, solchs were J. F. G. am besten bewust.
Angehent daß die Appellation a principe male
informato ad eundem melius informandum, so von F. G. vor
diesem vorgenommen, vom Hern Syndico und Anwaldt
carpirt worden, sollichs stünde bei beiden Stetten nicht,
ob sie das passiren laßen wollen oder nicht, sondern
beim Judice, inmaßen dan solche Appelatio
dem Rechte gemeß interponirt worden. Die
Appellatio aber, so beide Stette vorgenommen, were
dieselbige wider fueg und ohn fundament geschehen, und
wiewol J. F. G. eingewandten Exceptionen ungeachtet
das Mandatum doch erkant worden, so müsten sie es
dahin gestellet sein laßen; da aber J. F. G. deßen vorhin
verstendigt, hetten wol andere Exceptiones gefertigt
und uberreicht werden können.
Berürent so angezogen quod quisque bonus praesumatur, donec
contrarium probetur, wanß so wolte verstanden werden, so
würde allen Mißthetern geholfen sein; dieß aber were kein ungewiß
ding, sondern res certa, dan Leute hir säßen und
vorhanden weren, die eß bekandt hetten, aldieweil auch aus dem
gewalt nicht zu vernehmen gewesen, der Herr Legatus
nicht in befehlicht gehabt wegen deßen, daß des Gefangenen freunden
zu ihm am neheren nicht gestattet worden. Erwehnung zu thuen oder
deswegen zu protestiren, hirauf were dem Hern Syndico
und Advocaten
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bereits geandtwordtet, dieweil befunden worden, daß man allerhandt
Bubenstücke mit den wechtern, dieselbigen zu bestechen und zu
corrumpiren vorgehapt, welches auch des Gefangenen freunde
am neheren furgehalten worden, die eß zwar nicht verlöhnen könten,
aber hettens zue andern Sachen gemeint, Weil dan in dem Kayserlichen
Mandato keine meldung geschehe, so ließen sie es bei
voriger erklerung bewenden, daß nemblich wan sie wiederkemen und
beider Stetten Schreiben mitbrechten seiner Notturft halben und
nicht alles schimpflichs zu reden und anzuhören, daß ihnen der
Aditus alßdan verstattet werden solte, und säßen J. F. G.
eben darumme nicht da, daß wans denjenigen beliebete, so dieses
triebten und urgierten, Thür und Fenster auf jedes verdießlichs
angeben aufzuthuen und den gefangenen besuchen zu laßen. Das
Corrumpieren, welchs nach deß Hern Syndici und
Advocaten angeben noch nicht dargethaen worden,
betreffent, soferne solchs begert würde, solten die Leute ihme, dem
Legato, und mir, dem Notario,
vorgestellet werden, welche es wol aussagen sollten, derohalben was
von protestieren super nullitate erwent, mit umfügen
geschehen, und müßte man hirein was die Rechte und Reichs-Constitutiones
geben und mit sich brachten, folgen und stadtthuen.
Schließlich weil dasjenig, so der Herr Legatus
anbracht, J. F. G. verdrießlich vorgekommen, so solte ehr, der
Syndicus, seine verandtwortung schriftlich darauf
verfaßen und J. F. G. zustellen; alßdan J. F. G. gemüetsmeinung alß
ein löblicher Fürst hinwieder schriftlich zu erkennen geben wurden,
und were also dieß dasjenig, welchs ehr dem Hern Syndico
auß befehlig zur Resolution anvermelden sollen.
Der Herr Legatus triplicirte darauf alßbaldt: hette
angehört, was der Her Cantzler auf sein repliciren duplicando
weitleufftig anbracht und vormeldet hette. Ob nun wol itzo
vier Puncte tractieret, die in weitleufftigkeit
gezogen werden wolten, so hette aber der Her Legatus
keinen bevelch ansehen zumahl weit ins feldt gewischet und
allerhandt anlaß gegeben worden, sich mit ihm in disputation
einzulaßen,
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Weil aber die Sache anderßwo zu disputiren sich
gebürt, so soll eß der Endts der Lenge nach widerlegt und ausgefüret
werden. Und nachdem sie dan seinen gewaldt gelesen, so hetten sie
darauß vernommen, waß ehr in befehlich gehabt, alhie zu werben und
anzubringen, beneben aber doch nit unterlaßen, besondern hette auch
etzlich Puncte, soviel in eill geschehen können, zu dem Ende, daß
seine gemüetsmeindung desto beßer verstanden werden müchte refutirt
und abgelehnt, deßwegen ehr auch anitzo weitleufftig angebracht
wieder confutieren wollte. Die eingewandte
protestation super injuriis beider Erbarn Stette halben
gethaen, betreffent, were dieselbige billig und rechtmeßig
geschehen, wolte auch dieselbige nochmalß anhero repetirt
und des Kegentheils reserviren uf seinen werdt und
unwerdt beruhen haben laßen, und würden beide Erb. Stedte dasjenig
gut, so sie mündtlich und schrifftlich in dieser Sachen vorgebracht,
zu rechte außfüren und beweisen. So weren auch beiden Erbarn Stedten
nicht zu verdencken, daß sie sich in dieser Sachen annehmen, weil
nicht allein der Gefangene Andreaß Grimme ihr getrewer diener were,
sondern auch beider Erbarn Stette mit in diesen Sachen wollen
gezogen und der angegebenen Ubelthat gantz ehrnverletzlich
bezüchtiget werden, Inmaßen dan zu dem Endt und zu beider Erb.
Stette höchster verunglimpfung (davon ehr protestierte)
gestrigs Tags eines Diebes Jacob Eggers extorquirte
vermeinte bekantnuß von dem Cantzler were vorgelesen worden,
darinnen vermeldet, waßmaßen des Hauptman Schreiber Andreaß Grimme
demselben Eggers ein Eidt vorgelesen des einhalts, daß ehr den Hern
von Lubeck und dem Hauptman zu Bergertorff trew und holt sein und
dahin trachten und sich bearbeiten soll, daß ehr Hertzogen Frantzen
erschießen helfen wolte.
Die Fürstlichen Räthe interloquirten: die Stadt
Hamburgk were hiebei außhalben verdachts, inmaßen solchs dem Hern
Syndico Wilhelmo Möllern vor diesem auch angemeldet
worden.
Der Herr Legatus redete weiter, so hetten auch, wie
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ex actis zu befinden, nicht entzele Personen,
besondern beide Erb. Stette Lubegk und Hamburg diesen process
außgebracht und getrieben, derowegen ein oder mehr eintzelen
Persohnen es allein nicht zugelegt werden könte, daß er auch den
gefangenen Amptschreiber als unschuldig genent, deßen hette er seine
Ursachen angezeigt, weil nemblich derselb noch keiner ubelthat
überzeuget, auch keine sufficientia et legitima judicia
wider ihn furhanden, darbey ehrß nochmahln ließe bewenden. Und
obwohl solchs nicht eben in seiner Hern eigenthumbliche meinung
were, und konte deßen jeder zeit von seinen Hern Ratification
vorlegen. Daß dan ferners die von F. G. furgenommene vermeinte
Appellatio a principe male informato ad melius informandum
den Rechten zuwider und ipso jure nichtig sey, darauf
thete ehr nochmahle beharren, und solte sollichs an seinen Ort
ferner außgefüret werden. Ferner anlangent, daß in seiner, des Hern
Gesandten, Volmacht des Hern Cantzlers anzeige nach nicht zu finden
sein solte, deßwegen daß des Gefangenen freunde mehrmahl zu ihm
nicht gestattet worden, in beider Stette Nahmen, wie beschehen, zu
protestiren, darauf andtwordtet der Her Gesandter, daß obwohl
sollchis in berürter Volmacht nominatim nicht
exprimirt worden, doch solches seiner Hern außtrücklicher
befehl und meinung were, gestalt er daruber von denselben
Ratification jederzeit vorzubringen erböttich und könte
nimmer glauben, daß besagte Freunde den Wechter angegebener maßen zu
corrumpieren sich solten unterstanden haben, inmaßen
sie dan sollicher ungebürlichen Bezichtigung sich selbst wol ferner
würden zu entladen wißen. Und hette ehr kein befehlich, sich
deßwegen in unnothwendige Disputation einzulaßen,
sondern wolte simpliciter seiner Hern wegen de
nullitate processus dagegen protestirt haben. Letzlich daß
ihme von dem Hern Cantzler angemutet worden, sich in schriftliche
Handlung einzulaßen, deßen hette ehr von seinen Hern Obern und
Eltisten keinen befehlich, sondern were allein umb den Aditum
anzusuchen abgefertiget worden. Nachdem aber wegen F. G. der Her
Cantzler allerhandt furbracht, so
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hette ehr uf gegeben anlaß daßelbe etzlichermaßen kürtzlich
verandtwordten müßen, und wolte deßen ferner außführung an seinen
gehörigen Ort ersparet und vorbehalten haben, itzundt aber erwarten,
daß man ihn neben dem Notario und Zeugen zu dem
gefangenen Andreaß Grimmen deducirte.
Alß nun uf F. G. Zulaßung der Her Legatus, ich der
Notarius, sampt denen zu endt bemelten drey gezeugen uf
beschehene Verordnung von Simon Braun, Amptmann zur Lawenburg, und
Eleasaro Knevelingk, Protonotario, aufs Schloß
Lawenburg in den großen Dantz-Sahl irgendt umb halb funff gegen
Abent gefürt worden und daselbsten nach Andreaßen Grimmen gewartet,
ist ehr entlich wie etwan ein Wechter so die Thür in dem Sahl vor
ihm ufgemacht, umb fünff Uhr des Abents herinner bei einem Stecken
krumb gehende gekommen, alß ehr dan wie ein verscheuchter Mensch
stille bestehent geblieben und sich umbgesehen, die Fürstlichen
beampte aber ihme nicht zugesprochen, habe ich, der Notarius,
neher heranzutreten und sich ufn Stuel, wie er jungsthin auch
gethan, nieder zu setzen gefodert. Daselbsten dan ihm, Andreaßen,
von dem Herrn Gesanten folgende wort und meinung angezeigt und
furgehalten worden.
Nachdeme die Römische Kayserliche Mayestät unser allergnedigster
Herr abermahl uf anhalten beeder Erbarn Stette Lubeck und Hamburg an
den Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Frantzen,
Hertzogen zue Sachsen, Engern und Westphalen etc. ein arctius
Mandatum außgehen laßen, darinnen J. F. G. unter andern
Puncten bei Poen der Acht und Uberacht nochmalß uferlegt,
wolgedachten beiden Stedten Advocaten und
Defensoren zu ihme, Andreaßen Grimmen, den freien
Aditum zu gestatten, auch F. G. darauf angeregten
Kayserlichen Mandato in solchen Punct zu gehorsamen
sich erklert und dem zufolg negstmahlß beider wolgedachten Stette
Abgesante zu ihm gelaßen, So hetten beide Erb. Stette für nothwendig
und rathsahm erachtet, ihn, den Legatum, nochmahln
anhero abzufertigen und nach erlangten freien Zutridt sich mit ihme,
Andreaßen
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Grimmen, aller Notturft nach zu unterreden und seinen itzigen
Zustandt von ihm zu vernehmen. Weil dan insonderheit auf seiner
nagstmahln gethaner außsage und bericht vermerkt, waßmaßen ihm kaum
ein Viertheil Stunde zuvor angekundet, daß der beiden Stette
Abgesandten zu ihm kommen würden, und daher vermuthlich ehr in so
großer Eil nicht alles sich besinnen können, So wolte ehr zuforderst
dasjenige, was ehr vielleicht dazumahl vergeßen und ihm inmittelst
wieder eingefallen sein möchte, nochmalß erzehlen und dan furs ander
auch berichten, wie ehr seidt der Zeidt, alß ihn negstmahlen der
beiden Stedte Abgesante besucht, mit Eßen und Trincken gehalten,
oder waß sonsten seithero mit ihm furgelaufen; item ob ihm auch der
carcer zeithero gemiltert und mitigirt,
auch etwaß newes mit ihm furgenommen worden. Von dem allen und waß
sonsten seine Notturft erfurdert, wolte ehr ungeschewet die Warheit
mit glimpflichen beschedenen Worten und so viel müglich ohne anzeige
eines ungedultigen gemüets in gegenwardt meiner, des anwesenden
Notarii, und darzu erbetenen Zeugen vermelden und
außsagen, worbey aber zu wißen, daß vor angeregte beide Persohnen,
der Amptmann und Protonotarius wegen F. G. hiebey
gewesen und seine außsage von anfang biß zum ende angehört haben.
Nach beschehener innerlicher Dancksagung, daß beide Erb. Stedte des
heiligen Reichs Ansehe- und Sehestedte Lubeck und Hamburg, seine
großgunstige gepietende liebe Hern und mechtige Patronen, sich
seiner Persohn in seiner unschult so getrewlich annehmen, welchs der
Almechtige ihnen samptlich und einem jeden insonderheit reichlich
nach seiner gnedigen Zusage wieder ersetzen wurde, andtwordtete
Andreaß Grimm hirauf, daß von den Hern Gesanten vernünftig angezogen
worden an neheren deß jüngst gehaltenen Gesprechs halben, kaum ein
Viertheil stunde zuvor deßen avisiert were, ein
solches bejegnet ihm itzundt noch, dan ehr von dieser beschickung
nicht ein eintzig wordt erfahren mügen, sondern wie ehr dar in den
Kleidern seße, mit denen ehr
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vor diesem uf den wagen gerapfet, gezogen und geschlepfet, die ehr
in aller eil itzo anthuen müßen, da ehr doch in vehementi
paroxismo gelegen, were ehr itzo herunter gebracht und ihm
die Helden ufgeschlossen worden. Weil eß aber jetzo spädt auf den
Abent, wollte ehr wohl unterthenig gebeten haben, ob dieß gesprech
biß morgen nicht verschoben werden möchte. Doch aber erinnerte ehr
sich vor seine Persohn, dieß werck nicht ein eintzele stunde zu
verzögern, dan ehr säße und bliebe leider, und Godt müste eß
geklaget sein, im Elende biß uber die Ohren bestecken. Ehr hette
woll viel anzuzeigen, wenns ihm nur wegen mattigheit in eil
einfallen wolte, daß ehr sich deßen erinnern könte. Wie ehr am
nehern uf domalige beschehne beschickung seine außsage verlaufenen
fürnehmens gethaen, und gemeldet, daß ehr in dem Diebeskeller
grewlich gemartert und gepeinigt worden, hette einer der Schluter
darselbst in wehrender Tortur zu Andreaßen gesprochen, solte nur auf
den Haubtman Hern Grantzin uf Bergerdörff bekennen, daß der der Dadt
schuldig were, so könte ehr dadurch loß kommen. Item alß die
Diebshencker ihn domahlß grewlich unmenschlich und unerhörlich mit
Schweffel gebrendt, were eine Flamme des Fewrs irgent einer Elen
hoch vom leibe aufgeflogen, welche aber von einem der Hencker
außgeblaßen worden, damit eß nicht tieffer einbrennen solte. Item
hetten sie ihm seine Hände und beiden Beene dermaßen mit Schrauben
zermartert, daß ihm das dicke fleisch an den Beinen von den Knochen
gantz loß geworden; derhalben ehr nochmalß seine Beine gebloßet und
die cicatrices oder Narven hinden und vorne gezeiget,
die auch neben den Striemen an den Henden besichtigt worden; daß
ihme zu etzlichen mahlen die Haudt von Beinen und Armen abgegangen,
darab auch ihme die Beine und Füße und sonderlich der rechte fuß
auch täglich geschwullen, doch were vorhin deßen mehr alß itzundt
geschehen. Darob dan auch im 1602. Jahr den 22.
Februarii die Helden erweitet worden, daß ihme die
Füße wegen der schweren Helden, Ketten und
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Eisen, derer ehr weder Tags oder Nachts nicht ohnig sein konte, blaw
wurden und blieben. Ehr hette aber vor diesem gemeldet, daß ehr
speciem rupturae gehabt und gebeten, ihne deßwegen mit
der Folterung und Reckung zu verschonen; solchs aber hette nicht
helfen mügen. Wie nun vorangeregter Protonotarius
Andreaß Grimmen bey vermeldung dieses eingeredet, ehr, Andreaß, am
nehern gesagt hette, ab sollicher ruptur mit der
Folterung verschonet geblieben were? sagt Andreaß Ja; wolt ihrs
bereits so infringiren, ich bin das erste mahl mit der
Folterung verschont worden, Und also anderst nicht hette ehr geredet
in solcher beschehenen Folterung und Peinung, ob ehr, daß ihm beide
Arme hinderrücks so hoch wie ehr sie jetzo vorn erhübe, gestanden
und außgedehnet gewesen, hette ehr eine newe rapturam
leider bekommen, die ehr unß auch jetzo, sofern wirß begerten,
zeigen könte. Und wolte ehr, Andreaß, nochmalß alß vorhin auch
geschehen seine außsage der Warheit nach thuen, alß wan eß vor
Gottes gestrengem Gerichte geschege. Et quia nuper, inquiebat,
propter praesentiam sororis referre pudebat, accidit ut cum in ipso
die Inventionis crucis anno 98 etc. leones (quo nomine carnifices
indicabat) me excruciandum aggrederentur et vix abesset, ut me non
totum dilacerarent ingentem circa pudenda upturam inde acceperim.
Alß ehr aber domals wegen solcher marter in agone
gelegen und nicht gewust, wor ehr gewesen, die Arme aber ihme zurügk
aus den Gliedern hinaufgestanden und nicht regen können, weren sie
ihme hernacher von den Diebhenckern wieder eingeschüngen worden. So
hette ehr auch in voriger außsage des Furstlichen Cantzlers,
item D. Clerici und deß Braunschweigischen Secretarien oder
Notarien erwehnet, daß in ihrer Regenwertigkeit, ehe er mit
etzlichen Schelmen confrontiren müßen, hiebei aber
hette ehr domalß vergeßen, daß Andreaß daselbst erwenet, eß gehörte
sich ordentlich Gericht und Rechte zu halten und einen theil nicht
allein zu hören, und wie Andreaß darauf nach zeit und stelle
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fragen wollen, sei nichts erfolget, besondern der Braunschweigische
Secretarius hette alles dirigirt, der hat daß der
jeneß gethaen. Wie nun Andreaß alles refutirt gehabt,
weren die Kerls herbey gebracht und der Braunschweigischer
Secretarius gefragt, ist das nicht wahr. Sie hetten aber
Andreaßen weder von zeit oder stelle zu reden und zu fragen, Urlaub
gönnen wollen, und dieß solte eine confrontatio sein,
dar es billiger confusionem divinarum et humanarum rerum
heißen möchte. Nach ihrem, der Kerle abscheidt aber, alß ehr
doselbst nochmalß seine Defension deßwegen thun wollen, were eß
ihnen nicht gestattet, besondern wieder in seine itzige gefenknüß,
die auf einen Sontag zugemeuret worden, gebracht und daselbsten in
die Ketten geleget, und dieß weren seine exceptiones,
deren ehr sich gebrauchen mügen.
Folgents den 17. Maii Anno 98, alß F. G. gemahl domalß
zu ihm gekommen und ihme Schweden und anderß geschickt, hette J. F.
G. geredt, daß ehr, Andreaß, am nehern vergeßen, daß nemblich
Andreaß sich auf seine Hern der beiden Stedte oder den Amptman nicht
verlaßen dürfte, dan der Ambtman selbst getrewte sich nicht, lenger
zu Bergerdörff zu sein. Inmaßen ehr dan auch seine Retschaft von
Bergertörff abführen ließe, ehr konte und solte ihnen aber nicht
entkommen, solten sie auch alle gütere, so sie auf der Welt hetten
verkaufen, ja auch ihre eigene Kinder versetzen. Andreaß hette
jüngst geklaget, daß ehr sonsten reden könte, item ein Drunck
Hamborger Bier und Wein zu högster notturft haben müchte; eß were
ihm aber leider nicht gedyen.
Vorangezogener Protonotarius redete hirkegen: Andreaß
konte je warheit ohne unzimbliche wörter Tirannye, leones
und anderß zu vernehmen wol sagen, welche und dergleichen Wörter F.
G. und deroselben Gemahl sehr zu hertzen gangen; eß thete dieß alles
ohne zweifel Andreaßen auch wol wehe. Aber wie deme, so müste er
sich doch meßigen, dan dasselbige verursachte, daß ehr dasjenig,
dessen
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ehr jetzo erwehnet, nicht so baldt bekommen könte. Den 5.
Februarii jüngst, sagt Andreaß ferner, hette sich
weiterß begeben, daß ehr durch den Schleuter were aufgeschlossen und
von demselben auf diesen Sahl gebracht, worselbst oftangeregter
Protonotarius, item Otto geheimb Cammer-Secretarius, item
Ludwig N., item der Ambtmann auch gesessen und jeder Feder, Dinte
und Papier vor sich gehapt, und ehr alß ein scapensis
vor den Collegio gestanden, hette der
Protonotarius lenglich angefangen zu reden, wie ihm
jüngsthin gantze funff Stunden seine Notturft vor den Abgesanten zu
thuen verstattet worden. Andreaß aber geandtwordtet: ihme zu gute zu
halten, dan ehr müste es interrumpieren, und gebeten,
ihm mit weinig worten die meinung anzuzeigen, worauf der
Protonotarius Knevelius: ehr von dem seinigen nichts
verschweigen, daß ehr auch dasjenig, was ehr mit F. G. Dienern und
Wechtern geredet und verafscheidt, auch erwent und gedacht haben
werde, damit eß auch an Kays. Mayt. Hofe queme, und wan also der
hinckente Bote noch anlangte, daß eß dan ein seltzames ansehent
werde gewinnen. Alß er aber elendig auf dem Stule gesessen und weder
Feder, Dinten noch Papier haben mügen, etwas zu notiren, hette ehr
doch gebeten, damit zu verfahren. Der Protonotarius
aber geandtwordtet: were nun dieß, daß nemblich ehr, Andreaß, zu
Frantz Wichman, seinem Wechter, gesagt haben solte, alß sein klein
Sönlein furüber gangen und sie beide auß der Rauten gekucket: daß
ist ein feiner Knabe, der wechter könt es Andreaß woll einem wordte
dienen, so wolte Andreaß des wechters Sohn helfen, daß ehr zu einem
feinen Manne gerathen solte, der dem Wechter, seinem Vater und
seinen freunden guts erzeigen konte; item daß ehr, Andreaß, geredet:
beide Stette ihne nicht verlaßen würden; item daß Andreaß auf zwo
Personen in Hamburg frey Brodt gekauft; item daß Andreaß so viel
geldt alß ehr selbsten schwer sich zu verbürgen aufbringen wolte;
item daß Andreaß dem wechter Franz Wichman hundert Mk. zugesagt, daß
ehr
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solte zu dem Eggerß in den Keller gehen und ihne fragen, waß ehr von
Andreaß nun sagete, welchs ehr, Wichman, auch gethan und ihne, den
Eggerß in beiwesende Jurgen des Schluters, Detleff des Schlutters
Jungen, Bartholomeus, Eggers Wechters, und Marten Hoppener, auch
Wechters, gefraget. Darauf aber Eggerß geandtwordtet: wüste nichts
böses von Andreaß Grimmen, seinthalben müchte ehr wol gehen und
stehen wo ehr wolte. Wie nun der Wechter Frantz Wichman Andreaßen
aufn Abent hirauf bescheidt wieder gebracht und Andreaß geseßen und
bona venia zu melden, seine Fueße bedeckt gehabt, der wechter Frantz
Wichman aber truncken gewesen, solte ehr, Andreaß, darauf
geandtwordtet haben: nun wolte ehr mit seiner Sache wol fordt
kommen. Item der Protonotarius domals weiter geredt:
Andreaß zu dem Wichman gesagt hette, da der Wechter ihne davon
helfen würde, wolte ehr ihne und seine Frawe erhalten, dan ehr zue
Hamburg zwey Prebenden hette, daß ehrß also wol thun könte.
Wie nun Andreaß Grimm dieses alles also ausgeredt, meldete der
Protonotarius, daß bei sollichem erzehlten furhalten
voriger unterschiedtlicher erzehlter Punct, welches alles also
ergangen were, sie von F. G. hirzu vier deputirte Personen gleichwol
per expressum anfangs protestirt und bedinget hetten,
daß dieß furhalten mit nichten gemeint were, Andreaß Grimmen
dardurch etwas newes anzufügen. Andreaß Grimm sagte weiter hette
aber geandtwordtet, daß ihme von diesen fragen, mit denen und
derogleichen ehr diese zeithero gnugsahm geplaget worden, nichts
bekant were, wie ehr dan auch vor diesem das geringste davon nicht
verstanden. Ehr thete sich wegen der jungsthin mittheilten
copei erhalten arctioris mandati halben, darin
ehr sich zum fleißigsten offters ersehen, zum hogsten nochmals
bedancken, und weil die Römische Kayserliche Mayestät J. F. G.
darinnen inhibiret sowol in genere alß
in specie in nicht weiters mit ihm zu verfahren, So
hette ehr de nullitate confrontationis totius actus et
processus solenniter protestirt
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und diese fratzen nicht werdt geachtet, darauf zu andtwordten,
beneben auch fur fernere gewaldt verschonet und beschützet zu werden
gebeten. Und weil sie nichts anderß gewolt, hetten sie ihn in seiner
custodien wol mügen bleiben laßen. Den Wechter Frantz Wichman
betreffent were derselbig ein Schelm, hette gebeten, denselbigen
nicht fur ihne kommen zu laßen.
Wie nun Andreas Grimme seine Notturft meldete, interrumpierte
ihn der Protonotarius, daß Andreas also zu ferner Rede
nicht kommen könte, protestirte hirvon der Her
Legatus. Ob wol von Kayserlicher Mayestät F. G. dies
uferlegt und bevohlen worden, daß man dennoch, wie sichs ansehen
ließe, ihm kaum solches vergunnen wolte. Andreaß Grimme aber
entdeckte weiter, ob ehr woll von diesem Actu und
confrontieren protestiret hette, so were
doch nicht desto minder Frantz Wichman herfur gekommen, ehr hette
ihm aber auf seine fratzen gesagt Weil er nun so lange zeit und
jahrhero wider Godt, fueg und Recht und sein eigen gewißen so
bößhafftig kegen Andreaß als unschuldigen gehandelt, so würde ehr
und die andern, so sich gleicher gestalt hinferner wider recht und
billigkeit und gewißen gegen ihn gebrauchen laßen, würden ihren
verdienten Lohn, den ehr diesem vor offters prophezeyt, wißlich
bekommen, dan Godt der Herr welcher die Warheit selber were, ließe
keine bößheit und unrecht ungestrafet, wie dan auch wol viele höhere
geschlegter von dem Almechtigen herunter gebracht worden. Im Fall
ihm aber nun von Kayserlicher Mayestät uferlegt, oder aber daß eß
ihme von beider Erb. Stetten Gesanten gerathen werden solte, alßdan
könte ehr ohne beschwer des Wechters öffentliche Landtlügen wol
widerlegen.
Diesem zufolge wordt Andreaßen vom Hern Legato
angezeigt: da solch und dergleichen fürnehmen hinfüro mehr erfolgen
würde, solte ehr sich daran im weinigsten nicht keren, besondern auf
das Kayserliche Mandat sich allewege
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berufen. Und wiewol F. G. von demselben vormeintlich appelliret, so
were doch solliche Appellatio allerdings nichtig und
krafftloß. Und uberdem weil F. G. seithero allerhant attentirt,
sich damit deroselben vorlustig gemacht. Damals von Andreas Grimm
weiter instendig gebeten, daß der Herr Superintendens
zu ihm gelaßen und an die vier fürstliche deputierte
begeret, es zu gedenken, item seine schwere gefencknus gelindert
werden, auch Butter, item Hamburger Bier und Wein nicht zum
Überfluß, sondern aller Notturft nach umb sein geldt bekommen
müchte. Worauf ehr damals in die vorigen Eiserne geschloßen worden.
Wie er nun also in die erwente gefencknüß gekommen, weren alle
Rauten so vorhin außen wieder eingeflicket gewesen, daß kein Lufft
oder Windt, auch der Stangk wegen der dabey gelegenen gemeinen
Kloaken, bona venia zu melden, wan der Windt Ost und
ohne daß ehr sein opus naturae in seiner
custodia thun müßte, ein- oder auskommen konte, weiln auch
der Lehem, auf welchen ehr in den harten schweren Eisen gehen müste,
abgetreten, dahero die custodi uneben, pflegte ihme
das Gehen zumahln ubel anzukommen. Item wan eingehitzt wurde, könte
ehr fur Rauch, fur Stanck und Dampf nirgents bleiben, daß zu
besorgen, da diesem nicht zeitlich furgekommen werden solte, daß
ehr, wofern ihm Godt der Herr das leben nach wie vor sonderlich
nicht erstreckte, darüber des Todts sein müste. Und nachdem er
keinen Menschen außerhalb zweyer Wechter bei sich gehabt, hette er
kegen dieselben bedinget, daß anstadt Milterung der Gefencknuß ihme
dieselbige noch schwerer und harter dan vorhin gemacht worden. Weil
aber alsolliche Wechter dieses so nicht verstanden, alß hette ehr
sie gebeten, vorgedachten Ludwig N. und Otten N. seinenthalben
anzusprechen, zum wordte unbeschweret zu ihme zu kommen, welches
auch den siebenten Februarii jungsten geschehen, daß
sie damalß an ihne sich verfügt und ihne in den Eisern stehen
gesehen, darab ehr sich zum högsten kegen sie bedanckt, auch domalß
von newem wegen der eingesetzten Rauten protestirt und
gebeten hette, F. G. in unterthenigkeit
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zu berichten, die untersten Bretter von den Fenstern abzuthun oder
aber die Fenster auf- und zusperren zu laßen oder in vorigen Standt,
alse vorhin die Rauten außen gewesen, machen zu laßen.
Zum Andern: weil ungeachtet des Kayserlichen Mandati
die newliche Confrontation und anderß mit ihm
furgenommen worden, so hette ehr instendig gebeten, mit den Hern
Advocaten beider Erb. Stette Lubeck und Hamburg sich
unterreden, welcher gestaldt ehr sich hirin verhalten solte?
Zum Dritten hette ehr unterthenig gebeten, F. G. geruhen mochte, auf
ihne ohne fueg und Ursache gefastes verbittertes gemüthe in etwaß
schwinden und fallen zu laßen. Und weil J. F. G. fur Augen segen,
dieß werck also wie sie wol gerne wolten nicht zum ende bringen
könten, daß J. F. G. auf mittel und wege, die christlich, erlich und
nicht wider Andreaß Grimmen gewißen liefen, in gnaden bedacht sein
wolten. Alßdan solten J. F. G. gnedig vernehmen, ehr, Andreas, in
allen billichen, christlichen ehrlichen Sachen sich erbar und
aufrichtig verhalten wolte, je eben mit demselben christlichen
Hertzen und gewißen, damit ehr J. F. G. auf Deroselben christlichen
Beilager zu Wolffenbüttel in unterthenigkeit zugethan gewesen, wolte
auch kegen J. F. G., kegen deroselben Jungker, Räthe, Diener und
Beampte in seinem Dienste zu Bergerdorff nach wie vor sich allewege
gebürlich und aufrichtig bezeigen und verhalten. Dan ehr zu Godt in
ungezweifelter Hoffnung lebete, innerhalb funf oder sechs Monat
seiner Hafft nunmehr dermahleins erlaßen solte werden. Doch aber
solte sowol J. F. G., alß ihm, Andreaß Grimmen, dieses an
beiderseits habenden Rechten unschedtlich sein und bleiben. Darauf
sie von ihme geschieden und sich erboten, F. G. solchs alles in
untherthenigkeit anzubringen.
Den Nachmittag aber ungefehr umb ein Uhr weren sie wieder zu ihme
gekommen mit anzeige, daß sie F. G.
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dasjenig, waß ehr begert, in unterthenigkeit referirt hetten, und
were nun J. F. G. nit abgeneigt, sich mit ihm, Andreaßen, auf mittel
und wege einzulaßen, daß ehr der Hafft alsobalt solte erlaßen
werden; wan ehr sich nur mit Ja oder Nein auf einen Reverß erkleren
wolte, ob ehr dem Eggerß den Eidt vorgelesen hette oder nicht. Im
fall ehr sich deßen weigerte, hette ehr sich gantz vergeblich
eingebildet, in funff oder sechs Monaten loß zu kommen, sondern
könte noch wol funff oder sechs Jahre oder lenger einen Anstandt
gewinnen. Dan weil die beiden Stette dieseß felschlich erpracticirt
gehabt, so gehörte dar ein Kegenbericht auf.
Belangendt zum andern, daß ehr, Andreaß, begehrt gehabt, wegen der
mit ihme jüngst vorgenommenen Confrontation mit den
Hern Abgesanten sich zu unterreden und ihres Raths zu erholen,
darauf hette F. G. geandtwordtet: weil J. F. G. kegen der Stette
gesanten bereits sich darauf resolviret, so ließen sie
eß dabey beruhen. Andreaß Grimm aber hette hirkegen eingewendet, daß
seine besonders großgönstige Herrn das Mandatum am
Kayserlichen Hoffe falschlich erpracticirt, das gebürete ihme von
seiner großgünstigen Obrigkeit nicht zu reden und könte solches auf
allen fall genugsamb widerleget werden. Daß ehr sich aber wegen des
Eggerß mit Ja oder Nein auf einen Reverß erkleren solte, solche
anerbotene Befreiung hielte ehr fur die höchste Bestrickung. So were
ihme auch solch gedt im anfange sowohl von der Hertzoginnen alse
andern mehr fur diesem gnugsahmb angeboten worden. Und dieweil die
Hertzoginne bei ihme in großem ansehende gewesen, so hette ehr aber
doch J. F. G. nicht so hoch geachten, daß ehr darob von ehr und
redligkeit solte abweichen. Weil dan der Eggers des Wechters Frantz
Wichman eigenem berichte nach von ihme, Andreaßen, nichts böses zu
sagen wüste und alles selbst verlochnete, die andern malefici
auch die Außsage, ob sie deßwegen vermeintlich gethan,
revocirt gehabt, so wolte ihme, Andreaßen, desto weiniger
gebühren, sollichs einzuwilligen.
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Offt angezogener Protonotarius aber redete hiebey: die
andern malefici hetten mit dieser Sache nichts zu
schaffen, besondern würde sie also mit Eggerß recht zusamen führen.
Andreaß Grimm meldete ferner die Rauten betreffent, daß die in
vorigen Standt wieder gebracht werden möchten, davon hetten die
beiden Ludwig und Otto von F. G. keinen eigentlichen befehlich
bekommen, woltens aber nochmahls in unterthenigkeit gerne kegen F.
G. gedencken. Worbey diese beiden guten gesellen angehangt: im fall
ehr sie wieder fodern laßen wolte und sie aber zu ihme nicht wieder
kommen würden, daß ehr sie deßwegen nicht verdencken wolte. Diesem
nach meldete offt angezogener Protonotarius M.
Knevelius, weil wegen der Rauten eins und anderß geredet würde,
müste ehr hiebei erwehnen, daß nemblich Andreaß nachgehends seiner
vorigen erklerung den Abgesanten beschehen J. F. G. Räthen und
Dienern latinis verbis, auch teutsch in den Platz
nachgerufen, sein bestes bei F. G. zu weißen. Damit nun dieß oder
ander mangel halben keine Ursache zu klagen vom Zaune gebrochen
würde, daß im hohen kalten Winter die Fenster nicht verwahret,
sondern die Rauten offen gestanden, darob ihme dan Kälte halben oder
ander Ungemach zugefüget worden (wie christlich aber sagt Andreaß
hirbey ist dies gemeint, dan ehr hiruber nicht geklagt), so weren zu
dero Notturft die Rauten wieder eingesetzt.
Ferner meldete Andreaß, daß den 28. Februarii
jungsthin ehr auf diesen Sahl gefordert worden, daselbsten
mehrangezogener Protonotarius auch zukegen gewesen,
welcher ihme dan vorgehalten, daß Hertzog Hanß zu Sonderburg F. G.,
an Hertzog Frantzen F. G. zu zweymahlen wegen ihreß Leib-Medici
D. Peter Hollanderß, so eine Rechtfertigung wider die
Hern von Hamburg, darinnen ehr seiner gezeugknuß vonnöthen
geschrieben hette. Deßhalben dan Andreaßen angemutet worden,
alßbaldt einen leiblichen Eidt deßwegen zu leisten. Damit ehr,
Holländer, an seinen
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Rechten nicht bekürtzt würde; weil ehr sich aber seiner langwierigen
gefencknus halben und waß ihme sonsten beneben begegnet, zum högsten
beschweret, hette ehr ein Tag oder zwey, angesehen ehr nicht gewust,
waß eß fur sachen weren, dilation begehrt. Der Protonotarius
meldete hirbey: hette sich erboten, die Artikel ihme zuforderst
vorzulesen; nach beschehung deßen redete Andreaß, der
Protonotarius gesagt, eß könte sich kein Jude oder Türcke
verweigern, den Zeugen-Eidt zu leisten. Und Andreaß weiter erwehnet,
daß grewlicher mit ihm, dan im Judenthum und Türckeyen nicht
geschehen, umbgegangen were, ohne daß ihm auch wider fueg und
billigkeit alle beweißthumb kleglich abgeschnitten worden. Nachdem
ehr aber von diesem holsteinischen Schreiben Copei zu
haben begert, der Protonotarius geandtwordtet, deßen
keinen befelch hette. So were eß biß dahero hiebei verblieben. Und
alß ehr, ja leider Gottes ein armer unschuldiger gefangener Mensch,
der auch ohne das beiden Erb. Stedten mit pflichten und eiden noch
verwant, zudem Kundschafft in dieser Sachen zu geben, von der
Römischen Kayserlichen Mayestät, deßen Schutz negst Godt ehr sich
getröstet, bevohlen, so wolte ehr eß auch hinfuro nicht thun.
Aldieweil dan ehr, Andreaß, entlich hirbei geblieben, hette der
Protonotarius vorangeregtes Tages den 28. Februarii
ihme damals ferner vorgehalten: ob ehr wol wegen seiner hiebevorn
zugefügten beschwer höchlich geklaget, daß dieselbe nicht geendert
würde, so konte ehr ihme hinwieder nicht bergen, welcher gestaldt
der Wechter Frantz Wichman zum Schwartzenbecke dermaßen kranck
geworden, daß ehr eines Predigerß zu haben und das Sacrament zu
empfangen begert, welchs ihm auch gereicht worden. Derowegen hette
der Protonotarius zwene gezeuchnuß, die sowol von dem
Superintendenten zur Lawenburgk alß auch dem Pastorn zu Brunstorff
in originali unter ihrer Handt gezeiget, mit begern,
dieselben vorlesen solte. Wiewohl ehr nun, Andreaß, dieses nicht
viel geachtet, hette er doch in großen gedancken sich darinnen etwas
ersehen, eß aber bei
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voriger protestation bewenden laßen, und damit seinen abscheidt von
dem Protonotario genommen und ihn gebeten, sein,
Andreaß Grimmen, Person im besten befohlen sein zu laßen. Solche
zwei Copien aber, die ehr damit zeigte, weren ihm in
der gefencknuß folgents auf den Tisch niedergelecht gewesen. Alß ehr
nun derselben ansichtig geworden, hette ehr kegen die beiden
Wechter, den Schluter Jurgen und Magnus Bischop, welche ihn
inmittelst sehr hefftiger und grausahmer dan im anfange geschehen,
mit wordten geplaget, deßwegen de nullitate
protestirt und sie gebeten, solche Copien ihrem
gnedigen Herrn wieder zu bringen. Weil sie eß aber nicht thun
wolten, alß hat Andreaß solche beide Schrifften in den Sahl auf den
Tisch, bei welchem Tisch ich, der Notarius, biß jegent
um halb achte dieseß prototollirt, niedergelegt, darauf sie auch
beliegen geblieben sein. In der einen gezeuchnuß aber, deßen Datum
stund den 17. Februarii Anno 1603, weren diese wordt
enthalten, welches Andreaß Grimme begert zu observiren, nemblich da
der Prediger von ihme gegangen, hette der Wechter Frantz Wichman
sich in das Ohrkissen gewickelt und diese wordt geredet: Ach, ach,
waß habe ich gethan! Der Protonotarius Kenvelius aber,
weil ihme dieses zu entkegen war, meldete, da Andreaß wolte das
eine, so solte ehr auch das ander extrahiren laßen. Weil Andreaß
aber vernommen, daß der Wechter Wichman, der nun seinen verdienten
Lohn kriegte, kranck liege, ihme aber auf beschehene unterredung mit
seinen Defensoren ab seinem Tohte seiner außsage halben nit weinig
gelegen, da ehr nun für solcher seiner außsage auf vorgestelte frage
Todts verblichen würde, protestirte ehr, eß ihme an seinem rechten
unschedtlich sein solte. Alß ihm auch seiner beiden Schwestern und
Schwägern alhir zur Lawenburg newliche anwesenheit angemeldet, sie
aber zu ihme nicht gestattet worden, klagte er weinende, daß die
Leute an diesem Hofe eisern, steinerne Hertzen hetten, indem die
seinigen so große mühe und unkostung gethaen, daß unangesehen deßen,
ehr sie nicht personlich sehen oder mit
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ihnen reden mügen. Doch aber weiln nunmehr seine Unschuldt Godtlob
an Tag gekommen, so wolte ehr auch nun wans dem Almechtigen gefiele,
gerne sterben. Nichstomin (nicht desto minder?) aber bat ehr die
Furstlichen beiden deputierte bey F. G. besteß zu wißen, daß ehr
Linderung der gefencknuß und deßen, so ehr wegen des Communicirens,
item der Butter, Wein und Bier zur Notturft fur sein Geldt bekommen,
auch sonderlich etzliche Rauten auß den Fenstern der gefencknuß
(deßhalben ehr sich gerne gedulden und niemandt sein bestes zu wißen
aus den Löchern hinfuro nachrufen wolte) außgenommen werden mochten.
Da aber dieseß uber verhoffen nachbleiben solte, müste ehr, weil er
gantz und gar von Krefften gekommen, daruber nunmehr des Todteß
sein. Worbei sie sich eben die Unbestendigkeit des Glücks in der
Welt zu erinnern hetten. Dan ehr ihm nie in Sin gezogen, daß eß ihm
in seiner Unschuldt hirzu kommen solte. Und were ehr leider hir am
Hofe nunmehr so lange verstrickt geblieben, daß inzwischen sich auch
viele verenderung zugetragen, derwegen versege ehr sich auch desto
mehr sie ein christlichs mitleiden hirab mit ihm tragen und sein
bestes wißen würden.
Sonsten hetten die Schelmen im Keller in ihrer gefencknüß, denen ja
noch die Fenster offen stünden und eß beßer dan ehr, Andreaß, damit
hetten, gerufen und geschreyen, welchs dan zu mehrmahlen auch
geschehen, daß ehrß jedesmahl angehört, sie weren nemblich
unschuldig, hetten kegen J. F. G. nichts furgenommen, besondern were
alles ertichtet und erlogen, dan ob sie hiebevorn deßwegen wol etwas
bekant, so were doch solches theils auß hefftiger Pein, theils auch
daß ihnen vertröstet worden,durch solch bekennen,und daß sie den
Eidt weidtlich geschworen, ihrer Haft dardurch erlaßen werden
solten, geschehen, und endigte damit seine Rede.
Diesem nach der Herr Gesandter zu den beiden er-
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wenten Fürstlichen Deputirten schließlich geredt: weil auß des
Andreaßen Grimmen gethanen bericht verstanden und angehört worden,
wie daß nach jungster Insinuirung des Kayserlichen
arctioris Mandati nicht alleine seine carcer
keineswegs were mitigirt und gelindert, unangesehen F.
G. negstmahln beider Stette Abgesanten deßen gnediglich vertröstet,
sondern derselbe seithero noch mehr und dermaßen exasperirt,
daß ermelter Grimme wegen stanck und mangel der Lufft schwerlich
sein Leben drin lenger erhalten könnte, sondern gewißlich deß Todtß
sein müste, So wolte ehr sie, die Hern Deputierte fleißig gebeten
haben, bei F. G. zu intercediren, daß darinnen
Enderung mochte gemacht, auch sonsten ihme seine Notturft gefolget
werden, wolte aber nicht desto weniger im Nahmen beider Erbarn
Stette protestirt haben, daß woferne ihme, Andreaßen, darher ein
Unglück entstehen, oder ehr unzeitiges Todts vorfahren solte, daß
solchs beiden Erbarn Stetten an ihren Rechten unnachtheilig sein
solte. Und wolten ihn, Andreaßen, so lange fur unschuldig gehalten
haben, biß F. G. das widerspiel auf ihn wie Recht darthun und
erweisen würden. Inmaßen dan auch sonsten beide Erbare Stette ihr
dieses und anderß mehr Puncten halben, darinnen J. F. G. dem
obangeregten Kayserlichen arctiori Mandato zuwider
gehandelt, alle gebürende Notturft Rechtenß an Kayserlicher Mayestät
Hofe allerunterthenigst anzubringen protestando wolten
vorbehalten haben, mit begeren, ich, Notarius,
dieselbe Protestation und Reservation fleißig anmerken und mit
Instrumentieren möchte, und sagte ferner zu dem Andreaßen Grimmen,
daß ehr sich und diese seine Sache Godt dem Almechtigen in gedult
befehlen wolte, nicht zweifelent, seine Godtliche Almacht ihn
gnediglich damit erhören und seine Unschuldt ferner an den Tag
bringen werde, wie dan auch beide Stedte mit dem Ernst, wie bißhero
geschehen, sich seiner ferner in Recht anzunehmen entschloßen und
solch ihm anzuzeigen befohlen.
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Geschehen seint diese Ding im Jahr, Indiction, Monat,
Stundt, Stett und Kayserlichen Regiments alß vorgemelt in beisein
und persönlicher Kegenwertigkeit der Erbarn: Heinrich Schmidt,
Henning Benecke und Johan Brüggeman, beide Hamburgischer reitender
Dienere alß glaubwürdige Gezeugen hirzu sonderlich requirirt und
erfurdert.
Albertus Oldhorst,
publicus et in camera Imperiali immatriculatus et
approbatus Notarius, in fidem omnium et singulorum
praemissorum manu propria subscripsi. |
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