Eine Aufforderung der
Herausgeber des Archivs des Vereins für die Geschichte des
Herzogthums Lauenburg hat mich veranlaßt, an dieser Stelle eine
Besprechung des in der Ueberschrift genannten Werkes zu unternehmen.
Indem ich dem Folge gebe, muß ich im Voraus bemerken, daß mir,
seitdem ich in der Zeitschrift der Gesellschaft für
Schleswig-Holstein-Lauenburgische Geschichte (XVI.,
1886) eine
systematische Uebersicht der Kirchlichen Kunstarchäologie des
Kreises Herzogthum Lauenburg gegeben habe, nur in vereinzelten
Fällen vergönnt gewesen ist, durch Augenscheinnahme nochmals eine
persönliche Nachprüfung des von mir dort Gesagten eintreten zu
lassen oder neue Untersuchungen in Betreff der lauenburgischen
Alterthümer zu unternehmen. Hierdurch wird es sich erklären, daß in
der Folge einerseits der kirchlichen Denkmäler vorzugsweise gedacht
wird, andererseits der von Professor Haupt gegebene, dem
alphabetisch geordneten Inventare vorausgeschickte „Geschichtliche
Abriß zur Beleuchtung der Bau- und Kunstgeschichte im Herzogthum
Niedersachsen“ nicht die eingehende Besprechung meinerseits erfährt,
welche ihm an sich zukommt und sicher von Fachgelehrten der
Landesgeschichte zu Theil werden wird. Da ferner nicht der Zweck
einer Bücherbesprechung sein kann, etwa vorgefundene Mängel, deren
das sorgfältigst gearbeitete Inventar immer wird
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aufzuweisen haben, einseitig hervorzuheben, ohne
gleichzeitig Besseres an die Stelle setzen zu können, so werden bei
der Beschränktheit des hier zu Gebote stehenden Raumes im Folgenden
oft nur Andeutungen gegeben werden können, wo zu eingehender
Meinungsäußerung gegen die in dem zu besprechenden Buche
vorliegenden Auführungen wohl Anlaß geboten wäre. Hierzu rechne ich
in erster Linie die auf S. 48-51 des Haupt und Weysser’schen Buches
abgehandelte Frage des Ansveruskreuzes bei Einhaus. Trotz der mit
kraftvollen Worten auftretenden Entgegnung des Herrn Dr. L. Hellwig
in diesem Archive für die Geschichte Lauenburgs (Bd. 2, H.
2, S. 112
ff.) und trotz der Haupt’schen, die Ansverus-Eigenschaft des Kreuzes
festhaltenden Bemerkungen kann ich bis jetzt in keinem Punkte
beweiskräftig meine in der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen
Zeitschrift Bd. 17 (1887) enthaltenen Darlegungen widerlegt finden,
was im Einzelnen auszuführen mir sich wohl gelegentlich einmal Zeit
und passendere Gelegenheit bieten wird. Hier nur so viel, daß, wenn
Haupt, Baudenkmäler Lauenburgs S. 48 behauptet, „die Inschrift des
Spruchbandes sei nur: or, dm me, und nur
or und me sei deutlich, die 4-6 Buchstaben der Lücke enthielten kein
pro,“ er in offenbarem
Unrecht ist, denn vor me steht, oder stand wenigstens noch
1887, mit
großer Deutlichkeit ein durchzogenes p, welches nur die landläufige
Abkürzung für pro ist. An dieser thatsächlichen Berichtigung glaubte
ich nicht vorübergehen zu sollen, denn sie bietet ein Beispiel
davon, daß bei Lesung der Inschriften das Auge der Verfasser des
Inventarwerkes nicht immer ganz zuverlässig gewesen ist, wofür
Beläge im Einzelnen später noch beigebracht werden sollen. Doch
zunächst einige Worte über das Werk als Ganzes.
Unter den Herzögen, welche die Herrschaft über das Herzogthum
Lauenburg im 16. Jahrhundert in einer Hand vereinigten, ist der
unruhige Franz II., der erbitterte Feind Lübecks, ohne Frage der
bedeutendste. Seine durch hinreichende Mittel unterstützte Sucht
nach fürstlichem Glanze führte ihn, offenbar lediglich aus
persönlichen oder Familieninteressen, auch dahin, die Geschichte
seines Landes bearbeiten zu lassen, ein Unternehmen,
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welches bei seinen Lebzeiten zwar niemals zum
Abschlusse noch zum Drucke kam, von welchem aber doch Bruchstücke
unter dem Titel „Das fürstliche Lowenburgische Ehrenbuch“ sich
handschriftlich in der Hamburger Stadtbibliothek erhalten haben und
besonders für die Kirchenbeschreibung der Stadt Lauenburg von hohem
Werthe sind. Das edle und sinnvolle Titelblatt, welches Plato
Matthias SCHILHERR aus Nürnberg, dem die Aufgabe der
Landgeschichtsschreibung vom Herzog übertragen war, für jenes
Ehrenbuch entworfen hat, konnte HAUPT nunmehr „nach dreihundert
Jahren endlich der Verborgenheit entziehen und einem Buche beigeben,
in dem, so gut es jetzt angeht, die Stände des Landes die Absicht
seines Herzogs Franz, ein Ehrenbuch des Herzogthums Niedersachsen zu
schaffen, zu erfüllen streben.“
Ist dieses Streben gelungen? Man wird wohl mit einem Ja diese Frage
beantworten dürfen, obwohl man bisweilen einem Zuviel des Strebens
begegnet, bisweilen das Gebotene etwas anders gestaltet wünschen
wird. Das Haupt und Weysser’sche Titelblatt trägt den Vermerk
„Herausgegeben im Auftrage der Kreisstände.“ Darin liegt offenbar
ausgesprochen, daß dies Buch nicht als ein privates Unternehmen,
sondern als eine auf sicherer Grundlage beruhende Veröffentlichung
zu betrachten sei. Man wird also in ihr die größte Zuverlässigkeit
voraussetzen, Zuthaten, welche persönlichen Liebhabereien
entstammen, möglichst vermieden glauben. Nicht ohne Verwunderung
wird man deshalb in dem Ergänzungshefte auf dem „Titelblatte aus
Dr.
Schilherr’s Lauenburgischem Ehrenbuche“, welches die Reihe der
leider unnummerirten Tafeln dieses Heftes eröffnet, eine Inschrift
finden, welche, weil auf den deutschen Kaiser Wilhelm II. sich
beziehend, sicher NICHT das Schilherr’sche Original GETREU wiedergiebt. Dergleichen kleine Scherze aber untergraben auch das
Zutrauen in die sonstigen Wiedergaben und widerstreiten dem Zwecke,
den doch eine auf amtlichen Charakter Ansprüche erhebende
Veröffentlichung überall hat.
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Dennoch würde man Unrecht thun, wollte man
lediglich aus diesem Grunde den auf das Werk aufgewandten Fleiß
verkennen. Letzterer spricht deutlich sowohl aus dem Texte, wie aus
den überaus zahlreichen, fast ausnahmelos von Herrn Architekten
Friedrich Weysser zu München beschafften zeichnerischen Aufnahmen.
Da letztere keineswegs alle den Zweck haben, wissenschaftlichen
Arbeiten als ausreichende Grundlage zu dienen, vielmehr meistens nur
die Aufmerksamkeit auf den betreffenden Gegenstand lenken sollen, so
wird man mit den einzelnen Bildern nicht rechten, sondern ganz
besonders sich freuen dürfen, daß eine so große Zahl von Abbildungen
theils in Holzschnitt, theils in Lichtdruck, einige sogar in
(freilich nicht sehr den Originalfarben nachgekommenen)
Farbendrucken eine anschauliche Vorstellung der Denkmäler
vermitteln.
Der Hauptschwerpunkt der Inventare von Bau- und Kunstdenkmälern
liegt zunächst in der sorglichen Feststellung dessen, was vorhanden
ist. Wenn nun in der Vorrede S. VI. gesagt wird, daß aus den
1877
eingereichten amtlichen Verzeichnissen nicht die sämmtlichen Angben
über Kelche und andere kirchliche Geräthe veröffentlicht, sondern
„nur die Gegenstände ausgewählt seien, die beachtenswerth
erschienen“, so mag diese Auswahl dort berechtigt sein, wo sie nicht
nur die baulichen und Kunstinteressen, sondern auch die
verschiedenen archäologischen Rücksichtnahmen festhält; solches ist
zwar meistens, doch nicht immer der Fall. In Betreff der Anordnung
des Stoffes schließt sich das vorliegende Werk über Lauenburg eng an
die gleichfalls im Auftrage der ständischen Verwaltung von Prof.
Dr.
Haupt herausgegebenen „Bau- und Kunstdenkmäler der Prov.
Schleswig-Holstein“ (Kiel 1887-89) an, mit welchem es als ein
zugehöriger Theil verbunden werden kann. Es theilt mit jenem
größeren Werke die Vorzüge und vermeidet manche dort sich findende
Schwäche, deren eine es leider beibehalten hat, die Luft an neuen,
nicht immer verständlichen Benennungen und Redewendungen; ein
Beispiel davon bietet sich sogleich in der Beschreibung der von
Lohmeyer 1857-58 erbauten Kirche zu BASTHORST, deren Schiff „ein
früh-gotisierendes
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flachrundbogiges Holzgewölbe“ haben soll, wovon
man schwerlich sich eine Vorstellung wird machen können. Durch
solche und ähnliche Kleinigkeiten wird die Benutzung des Buches sehr
erschwert; es ist dies um so mehr zu bedauern, da demselben eine
recht allgemeine Verbreitung namentlich auch unter den Einwohnern
des Landes selbst zu wünschen gewesen wäre, während jetzt mancher,
leicht verdrießlich über die in den Weg sich stellenden Hindernisse,
dem Inhalt des Buches nicht den Werth beizumessen geneigt ist, den
es in der That hat und behalten wird. Gerade in Rücksicht hierauf
sei es nun noch gestattet zu dem, bei den einzelnen alphabetisch
geordneten Orten gegebenen Material bei Haupt und Weysser einige
Ergänzungen, bezw. Berichtigungen und Anregen hier niederzulegen,
wobei auch hier die alphabetische Reihenfolge eingehalten werden
soll. *)
Basthorst. Die Kirche, deren Altargeräth ich selbst leider nicht
sah, besaß 1877 nach dem Inventar des Pastors Schumacher noch zwei
silberne vergoldete Kelche, deren größerer 23 cm hoch, das Wappen
derer von Uffeln trug, und dessen Patene von 17 cm Durchmesser den
Namen „Jochim Heidell“ führte, offenbar jenes „Jochim Heyde
Verwalter“, dessen Glasfensterwappen von 1707 H. S.
29 als noch in
der Kirche erhalten aufführt, während der Patene und dieses Kelches
keine Erwähnung geschieht. Ist er jetzt nicht mehr vorhanden? Der
H.
S. 29 aufgeführte spätgothische Kelch mißt 17 cm Höhe.
Wahrscheinlich ist er identisch mit dem im Inventar benannten
kleineren Kelche, dessen Patene 13 ¾ cm halten soll, und welcher die
Namen von Johann Busch und Ursula Dorten v. Verden trug. Leider
giebt das Inventar keine nähere Beschreibung oder Altersbestimmung.
Die Oblatendose, deren bei H. nicht genanntes Material das Inventar
als Silber angiebt, wird nach dem Lübecker Stempel mit den
Buchstaben FM entweder von dem älteren oder dem jüngeren
_____________________
*) Der Kürze halber ist das Werk von Haupt und Weysser über
Lauenburg fortan mit H. bezeichnet, während ich meinen Aufsatz über
die kirchliche Kunstarchäologie des Kreises Lauenburg mit den
Buchstaben L. K.-A. anführen werde.
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Goldschmiedemeister Friedrich Meins gearbeitet
sein, deren ersterer 1687-99 als Meister und seit
1688 als
Aeltermann in Lübeck vorkommt, der jüngere 1690 am 20. August dort
Bürger ward.
Berkenthin. Hier geräth der Leser auf Widerspruch zwischen Text und
Bild, deren ersterer besagt: „Turm innen gleichbreit“, was man nur
auf einen quadratischen Raum beziehen kann, während die Abbildung
5
deutlich ein Rechteck zeigt. Der Widerspruch löst sich, wenn uns
klar wird, daß nach „gleichbreit“ zu ergänzen ist „mit der Breite
des Kirchenschiffes“, wovon aber im Text kein Wort gesagt ist; auch
bleibt man beständig im Unklaren, ob zunächst vom Aeußeren oder
Inneren der Kirche die Rede sei. Wenn S. 31 beim Westportal erwähnt
wird, die Viertelstäbe in den Winkeln zeigen „oben einen sehr
einfachen würfelkapitälähnlichen Uebergang“, so hätte dabei gesagt
werden sollen, daß hierin eine recht ungeschickte romanisirende
Restaurationsthätigkeit vorliegt, welche hier so wenig wie an
anderen Kirchen gleichen Charakters die Stileigenthümlichkeit scharf
zu erfassen verstanden hat.
Der Pastor Albert Rodemann (H., S. 32), welcher, großentheils auf
eigene Kosten, zu Ende des 17. Jahrhunderts die innere Einrichtung
der Kirche beschaffte, war ein Lübecker und kommt, wie mir Herr
Senatssekretair Dr. Ed. Hach mittheilt, auch noch als Pastor in
Berkenthin mehrfach in Lübecker Kunsthandwerkerfamilien als Pathe
vor. Vielleicht ließen sich hierdurch noch die Meister seiner
Schenkungen an die Kirche feststellen. Bei Besprechung der Statuen
an dem prunkhaften Altar konnte wohl gesagt werden, was sie
darstellen und was überhaupt der Gedankengang des Altars ist, den
theils die Gemälde (Abendmahl, Crucifixus), theils die
Holzschnitzereien (der Auferstandene, die 4 Evangelisten)
aussprechen.
Davon, daß die schöne gothische Statue nicht wie ich (L. K.-A. S.
171) annahm, die Maria, sondern die Maria Magdalena vorstelle, habe
ich mich später überzeugt, als bei einer Reinigung der Kirche sich
die abgebrochene rechte Hand jener Figur gefunden hatte, und diese
eine Salbenbüchse hielt.
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Da letzterer Umstand bei H. nicht erwähnt ist, so
sieht man nicht, weshalb die Abb. 8 dargestellte, des Attributs
ermangelnde Figur eine Maria Magdalena sein müsse.
Da Borstorf als altes Raubschloß und um des auf dortiger Feldmark
gefundene Hornes willen doch bei H. S.
34 einmal genannt ist, so mag
hier die Gelegenheit ergriffen werden, das Bedauern u äußern, daß in
den Haupt’schen Inventararbeiten nicht, wie in anderen gleichartigen
Bearbeitungen bei jedem Orte zu Anfang eine Uebersicht der auf
dieselben bezüglichen Literatur, namentlich aber auch eine
Zusammenstellung der verschiedenen Namensformen, womöglich mit
Zeitangabe des ersten Vorkommens derselben beliebt worden ist. Für
Borstorf z. B. kenne ich „Borchardestorp“ im Zehntregister von
1235,
Borchadestorpe und Burchardesdorpe bei Detmar, Borgstorpe, auch
einmal Borchsporte (!) 1375, ferner Borgerstorpe, Bustorp; schon die
letzte Form zeigt, wie abweichend von den jetzigen Namen die
sicheren Formen zum Theil sind; derartige Zusammenstellungen, die
dem Bearbeiter des Inventars durch seine urkundlichen Forschungen
sich von selbst darbieten, können manchen Nutzen stiften, ohne
wesentliche Beschwerde mit sich zu bringen.
Breitenfelde. Zu den Charakterzügen dieser Kirche gehört bekanntlich
die im Lauenburgischen Kreise ihr und dem alten Theile der BÜCHENER Kirche eigene Art des Stützenwechsels; er besteht darin, daß von den
4 auf kreuzförmigem Sockel ruhenden Stützen je 2 in der
Diagonalrichtung befindliche die gleiche Bildung zeigen, nämlich so,
daß zwei der Stützen aus einem viertheiligen Säulenbündel, die
anderen zwei aus Pfeilerbündeln bestehen; die H. S.
40 bei Büchen
gegebene Abbildung läßt die verschiedene Stützenbildung erkennen;
aus der S. 34 bei Breitenfelde gegebenen Beschreibung: „die vier
Schafte sind viertheilig, ihre Theile abwechselnd aus dem Kreise und
dem Achtecke gebildet,“ wird man schwerlich entnehmen können, daß
hiermit ein Stützenwechsel gemeint sei.
H., S. 36 ist die Meinung ausgesprochen, daß „unzweifelhaft“ eine
Bemalung des jetzt unter eintönigem Anstriche
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leidenden Inneren der Breitenfelder Kirche (wie zu
Büchen) vorhanden war, „vielleicht ruht sie noch unter dem
Totenhemde der Tünche; Spuren sind beobachtet worden.“ Leider ist
nicht gesagt worden, wo diese Spuren sich zeigten. Es wäre dies um
so interessanter gewesen, da mir vor einer Reihe von Jahren trotz
sorgfältigster Bemühungen und vorsichtiger theilweiser Lösung der
Tünche NIRGENDS eine Spur von ursprünglicher Bemalung sich hat
zeigen wollen, wie auch der in Büchen (und ebenso in der Kirche zu
Plau in Mecklenburg) neben dem Stützenwechsel vorhandene
Schichtenwechsel in Breitenfeld sich nicht an den Stützen nachweisen
ließ.
Was schon oben angedeutet ist, die Ungenauigkeit der
Inschriftenwiedergabe, macht sich auch hier bei Breitenfelde
bemerkbar. Ich will nicht betonen, daß die Inschrift des Grabsteines
genauer in meiner L. K.-A., S. 149, wiedergegeben ist; wohl aber
möchte ich in Betreff der Inschriften der Glocken von 1511 der
H., S. 37 gegebenen Form hier die Form entgegenstellen, in
welcher die Wortzusammenziehungen auf den Glocken selbst erscheinen,
und wie sie für den Gießer dieser Glocken, den Lübecker Meister
Peter Wulf, charakteristisch sind. Die größere Glocke, welche eine
s. g. „Scheideglocke“ war, habe ich in Luthardt’s Zeitschrift für
kirchl. Wissenschaft und kirchl. Leben 1885, S. 592 ff. und
654 ff.,
insbesondere S. 656 genauer besprochen.
Die mit lübeckischem Doppeladler beginnende, mit dem Gießerzeichen,
dem nach rechts schreitende Wolfe, schließende obere Inschrift der
größeren Glocke (welche den ansehnlichen Durchmesser unten von
1,70
m hat) lautet *):
Ano . dni . m . cvXI . doward . icke . ghaten . indeerre .
deshilligen . licgames . vndeder . hilligen . drefoldichgheit.
Die untere Reihe, mit je 2 Trennungszeichen (je einem
sechsstrahligen runden und einem fünfstrahligen eckigen Stern)
zwischen den einzelnen Wortbildungen, lautet:
____________________
*) In Ermangelung der gothischen Schriftarten sind die Inschriften
hier wie später in antiqua-Schrift wiedergegeben.
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Ick . . hete . . ihesvs . . mischalme . .
desfrigdages . . ludendatschal . . vnsdepassige . . beduden . .
peter . . wvlf . . gotmi.
Von den unter dieser Inschriftreihe folgenden drei Wappen ist das
mittlere der Lübeckische Doppeladler, links davon der nach rechts
schreitende Wolf, rechts unter einer Krone (die H. nicht erwähnt)
jenes getheilte „schaumünzenartig“ sich darstellende Wappen, dessen
oberes Feld eine TAUFE CHRISTI zeigt (nicht wie H. will, „die
3
Könige“); ob die untere Darstellung als „5 Leute in einem Bote (St.
Nikolaus mit den Seinigen)“ richtig erklärt sei, muß dahinstehen;
ich dachte mehr an fünf Apostel in einem Kahne, vielleicht in
Beziehung auf Matth. 8,23 ff.
Die ohne Zweifel aus derselben Werkstätte hervorgegangene kleinere
Glocke trägt die durch je einen aus Pünktchen gebildeten
sechseckigen Stern getrennte Inschrift:
Ano . dni . m. cvXI . doward . ikgegaten . indeer . santemicgel .
desarse . engheles.
Mir will scheinen, daß ein Vergleich der wirklichen Wortfassung mit
der bei H. gegebenen nur ungefähr richtigen, die Zuverlässigkeit
seiner Lesarten nicht zu bekräftigen vermöge. Der von H. gegebene
dankenswerthe Hinweis auf alte Bauernhäuser würde hier wie bei
anderen Ortschaften viel nützlicher geworden sein durch einen
Hinweis, ob Jahreszahlen oder Inschriften daran vorhanden sind.
Die mit Recht als „der abscheulichsten eine“ bezeichnete Kirche zu
Brunstorf soll, wie bei H., S. 38 gesagt ist,
1777 erbaut, 1858 von
Lohmeyer umgebaut sein. In einem Berichte Lohmeyer’s fand ich
angeführt sie sei „1867 neu erbaut in der Form eines Rechtecks,“
vermuthlich hat letzterer sich geirrt.
Der Gießer der Glocke dort von 1697 nennt sich selbst „JOHAN
FALLENTIN Moller“, nicht nur „Falentin Moller“ wie bei H. steht.
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In Betreff der bei H. gar nicht genannten
Altargeräthe mit dem Hamburger Stempel und der Mark U. B. aus der
Mitte des 18. Jahrhunderts verweise ich auf L. K.-A.. S.
97.
Die Kirche zu Büchen, bekanntlich eine der interessantesten des
Landes hat in ihrem westlichen Theile, dem Schiffe der alten Kirche,
Uebergangsformen und den bereits bei Breitenfelde erwähnten
Stützenwechsel. Die bei H., S. 41 gegebene Abbildung des Südportals
läßt uns erst im Vergleich mit der auf S. 40 befindlichen Abbildung
erkennen, daß letztere nicht den Grundriß, sondern einen
Horizontalschnitt durch die Kirche etwas oberhalb des
Portalbogenscheitels bietet, was immerhin hätte bemerkt werden
dürfen; nach S. 46 Z. 6 soll man freilich doch den „Grundriß“ darin
erblicken! Ferner nimmt H. S. 42 unter Berufung auf Breitenfelde an,
daß die alte Kirche zu Büchen einen nur um 1,05 m den Chorbogen an
Breite übertreffenden Chor gehabt habe und hält diesen für
zweifellos quadratisch, worin er, wenn solcher Chor überhaupt
vorhanden war, sicher Recht hat. Anders aber steht es mit der Frage,
ob H. auch Recht habe mit der Behauptung, eine bloße (direct an das
Schiff sich schließende) Apsis, wie einige angenommen haben, wäre
„gegen alle Vergleichungsähnlichkeit und ist überhaupt in diesen
Landen in solcher Zeit unerhört.“ H. beruft sich zum Beweise auf
seine Schlesw.-Holst. Bau- und Kunstdenkmäler 3,
61 und seine
„Vizelinskirchen“ S. 39. Letzeres Citat, auf die Kirche von
Alt-Lübeck bezüglich, die längst zerstört war, ehe an eine einzige
der lauenburgischen nur gedacht wurde, beweist garnichts; nicht mehr
das erste Citat, welches besagt, daß Kirchen mit „nur Apsis“ in
Schleswig und Holstein aus alter Zeit nicht vorkommen. Mag sein;
indeß beziehen sich die a. a. O. gegebenen Beispiele nur auf
einschiffige Kirchen, und ist „im Ganzen abgesehen von denen der
mehrschiffigen Kirchen“. Nun ist aber nicht einzusehen, weshalb bei
der alten Kirche zu Büchen der Apsidenschluß direct an dem Schiffe
eine weniger berechtigte einzeln dastehende Ausnahme sein soll, als
die benfalls an dieser Kirche einzig im Lauenburgischen dastehende
Anordnung der Fenster in der
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Ostseite der Seitenschiffe der alten Kirche, deren
Ursprünglichkeit noch Niemand in Zweifel gezogen hat, auch H. nicht,
der diese Fensteranlage gar nicht einmal als eigenartige betont. Mag
man auch der ohne Begründung hingestellten, doch auf Lotz,
Kunsttopographie Deutschlands I., 128 beruhenden Ansicht in Otte’s
Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie, 5. Aufl.
I., S. 231
(wonach der ursprünglich einschiffige Chor spätgothische
Seitenschiffe erhalten hätte) nicht beipflichten können, so dürfen
doch die „Einigen“, welche eben wegen jener eigenartigen Ostfenster
den direkten Anschluß einer Apsis an das Schiff festhalten,
kräftigeren Gegenbeweisen, als den bei H. versuchten, noch
entgegensehen, zumal auch dessen Berufung auf Breitenfelde dadurch
an Kraft verliert, daß er S. 11 letztere für jünger als die Büchener
Kirche ansieht.
Höchst dankenswerth ist der im Ergänzungshefte gegebene Farbendruck
der frühgothischen GEWÖLBEBEMALUNG; doch ist nicht zu läugnen, daß
die gleichartig hergestellte Abbildung wenigstens EINER der
bildlichen Scenen in den Gewölbekappen schwer vermißt wird; die
Zeichnung auf S. 44 kann hierfür keineswegs entschädigen.
Daß der TAUFSTEIN aus „rothem Marmor“ sei, während er „öfters falsch
als Porphyr benannt sei“ – (LISCH, Mecklb. Jahrb. XX., S.
318 hielt
ihn für „Kalkstein“, ich selbst L. K.-A. 110 für „Granit“) – mag
hier gerne erwähnt werden. Wie verschieden der Geschmack in Betreff
von MALEREIEN sein kann, mag man an den Bildern der Evangelisten und
Christi an der Büchener Renaissance-Kanzelbrüstung sehen, welche ich
L. K.-A., S. 105 als „werthlos“ bezeichnet habe, während sie nach
H.
S. 47 „schön gemalt“ sind.
Lediglich der Vollständigkeit halber will ich hier noch anführen,
daß ich in der Büchener Kirche außer der L. K.-A., S.
57 schon
erwähnten Altardecke von 1736 noch ein TAUFHANDTUCH sah, mit einer
Krone in Seidenstickerei, doch habe ich mir keine Notiz über deren
Alter gemacht.
Bei Dassendorf hätte immerhin erwähnt sein dürfen, daß die
1683 als
„ganz verfallen“ bezeichnete Kapelle schon
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1614 als verfallen, ohne solchen Zusatz jedoch
bereits 1581 und 1590 genannt wird.
Des s. g. ANSVERUS-KREUZEs bei Einhaus ist bereits oben in der
Einleitung gedacht und die Erörterung darüber von mir auf andere
Gelegenheit vertagt worden.
Escheburg finde ich bei H. nicht erwähnt. Es befand sich in diesem
zum Kirchspiel Hohenhorn gehörigen Dorfe ehemals eine den Herzögen
Erich d. Aelt. und d. Jüng. gehörige „curia“, welche
1351 mittelst
eines durch freiwillige Gaben ermöglichten Kaufes an den Propst des
Klosters Reinbeck, Hinricus Witte, übergegangen und von diesem
(nebst anderen von anderen Klosterzugehörigen gemachten Schenkungen)
den Nonnen des Klosters Reinbeck überiwesen war „ad comparandum
tunicas dictis monialibus pro necessitate et indigentia ipsarum.
(Schlesw.-Holst.-Lauenb. Urk.-Sammlg. II., S. 454 ff.) Vielleicht
gehörten zu dieser „curia“ die Spuren von Fundamentsteinen, welche
beim Nachgraben gefunden und auf ein ehemals in Escheburg
befindliches „Schloß“ bezogen werden. Ueber eigenthümlich gestaltete
Pferdeköpfe an den Bauerhäusern dieses Dorfes spricht PETERSEN, die
Pferdeköpfe auf Bauerhäusern, besonders in Norddeutschland (Ber. d.
antiquar. Ges. XIX. 1860) S. 11.
In Betreff des Altares der Kirche zu Fuhlenhagen, die übrigens wohl
aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammen kann, giebt
H., S. 53
andere Maße, als die von mir L. K.-A., S. 62 angeführten; mir fehlt
augenblicklich die Gelegenheit zu nochmaligem Vergleiche; H. mag
Recht haben, wie auch darin, daß er den Altaraufsatz als „Schrein
mit flacher Arbeit“ erklärt, dessen „Bemalung nicht echt“ sei.
Wesentlicher ist der Inhalt und die Bedeutung der Reliefs auf der
Glocke. Hier muß ich im Ganzen die von mir gegebene Beschreibung (L.
K.-A., S. 124 ff.) der bei H.
54 zu lesenden vorziehen, obwohl
letzterer keinerlei Bezug auf meine Ansicht nimmt. Offenbar geht
aber H. etwas willkürlich in der Inhaltsbestimmung der einzelnen
Darstellungen vor; z. B. von einer Darstellung der Drei Könige
findet sich gar keine Spur! Ich dagegen habe die
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Freude gehabt, meine Vermuthung bestätigt zu
sehen, daß das räthselhafte Relief (eben jenes, in welchem Haupt die
drei Könige erblicken will) mit Wallfahrten zum Kloster Einsiedeln
in Verbindung stehe. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß das von
mir a. a. O. angeführte Relief Nr. 3598 des Kulturhistorischen
Museums zu Lübeck, nicht, wie ich noch annahm, ein „Bleimodell“ zu
dem Glockenrelief in Fuhlenhagen ist, sondern ein
Original-PILGERZEICHEN, wie solche, in Blei roh gegossen, zur
Erinnerung an den Besuch der Wallfahrtsorte an diesen selbst
verkauft wurden. Derartige Wallfahtrsmedaillen und –Zeichen sind
namentlich in Frankreich massenhaft gefunden, wo das Hôtel Cluny
die größte Sammlung davon besitzt, während die bedeutendste Sammlung
in Deutschland das Paulus-Museum in Worms birgt. Sie reichen bis in
das 14. Jahrhundert zurück. Man vergleiche den interessanten Aufsatz
von A. VON HEYDEN „Zwei Pilgerzeichen“ im „Jahrb. d. k. Preuß.
Kunst-Sammlungen“ VIII., S. 113 ff. Dort ist auch ein für die
Berliner Sammlung erworbenes Pilgerzeichen abgebildet, welches den
heil. Georg zu Pferde à jour darstellt. Auch diese Scene findet sich
auf der Fuhlenhagener Glocke nach Haupt’s Angabe wieder, während ich
nur „einen auf einem Thiere reitenden Mann, dem eine Frau
entgegenkommt“ sicher erkennen konnte. So mag denn vielleicht jene
hochinteressante Fuhlenhagener Glocke er Stiftung irgend eines
frommen Wallfahrers ihrer Entstehung und ihren Schmuck verdanken.
St. Georgsberg. Man wird nicht läugnen können, daß sowohl bei
H. 55
ff. wie in dem ebendort S. 8 ff. über St. Georgsberg und seine
Kirchspielstellung Gesagten eine große Unklarheit herrscht. Wenn es
auf S. 56 heißt: „sicher ist nur, daß sie (d. i. die jetzige Kirche
zu St. Georgsberg) aus der Zeit zwischen 1140 und
1165 stammen
wird,“ so liegt schon in diesem Worte „wird“ ein Widerspruch gegen
das „sicher“; vergeblich aber wird man sich nach irgend einem
Anhalte umsehen, der das Jahr 1140 in Betracht kommen lassen könnte.
Wie an mehreren Stellen des Buches bestimmt gesagt ist, wurde das
Bisthum Ratzeburg erst 1154 wiederhergestellt;
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damals, meint H., fand sich „zu Ratzeburg (unter
welchem Namen jener Zeit auch der St. Georgsberg mit verstanden
ward) außer dem mehr oder minder ausgedehnten Wohnorte auch
vielleicht schon die Kirche wieder vor; der gegenwärtige Bau dann
freilich nicht.“ Weshalb nicht? Wenn doch der JETZIGE Bau „sicher“
zwischen 1140 und 1165 entstanden sein soll, konnte er doch wohl
1154 vorhanden sein? S. 7 will H. freilich nicht als sicher, aber
doch als wahrscheinlich annehmen, daß 1158 die Kirchen zu Nusse und
Georgsberg schon gebaut waren. Meiner Meinung nach kann gar kein
Zweifel sein, daß unter der in der Dotationsurkunde Heinrich’s des
Löwen erwähnten, „ECCLESIA Sancti Georgii in Ratzeburg“ eben auch
das KIRCHENGEBÄUDE zu St. Georgsberg zu verstehen sei. Daß die
jetzige Kirche ursprünglich, jedenfalls schon bei der Höherführung
der Mauern „zu einschiffiger Wölbung in zwei quadratischen Jochen
bestimmt war, um im Westen einen gleich breiten Thurm erhalten
sollte“, will ich entgegen der Ansicht, daß sie auf 3 Gewölbejoche
ohne eigentlichen Thurmbau berechnet gewesen (L. K.-A. S.
14), als
möglich zugeben, wenn ich auch nicht einsehen kann, wie sich mit der
Behauptung, daß das Schiff „ZU EINSCHIFFIGER WÖLBUNG BESTIMMT“
gewesen sei, der Satz zusammenreimen läßt, die Thurmfensterpaare
seien „NATÜRLICH, (da das Geschoß höher war als das UNGEWÖLBTE (!)
Schiff) etwas höher als im Schiffe.“ Die Thatsache, daß sie höher
reichen und näher zusammengerückt sind als im Schiffe, soll nicht in
Abrede genommen werden; die Ansicht der Kirche und der Grundriß (H.
S. 56) läßt allerdings weder das eine noch das andere, sondern nur
erkennen, daß die Thurmfenster schmäler sind als im Schiff.
Weshalb unter dem Abschnitt „Kanzel“ nicht gesagt ist, daß das noch
erhaltene, jetzt eine Nischenthüre bildende Relief eine
Verkündigungscene nebst der L. K.-A. S. 106 gegebenen Inschrift
zeige, ist nicht erfindlich; ebensowenig aus welchem Grunde von der
dritten Glocke die Angabe gemacht ist „Lübeck 1840 ohne Gießer“,
während doch in der leicht lesbaren Inschrift
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mit großen Buchstaben steht: „. . . zu Lübeck
umgegossen von F. W. Hirt.“
Einzuschalten ist hier, daß neuerdings bei Glüsing an der Elbe
mittelalterliche Gebäudetrümmer aufgedeckt sind, welche für Reste
eines herzoglichen Schießhauses des 14. bis 15. Jh. gehalten werden.
(Vgl. v. Binzer im Lauenb. Archiv Bd. III, 1. S.
101 ff.)
Gelegentlich der Erwähnung der Burg zu Göldenitz mag hinzugefügt
werden, daß Herzog Erich IV. unter dem 13. Juli
1401 verbriefte, daß
weder er noch seine Erben oder Nachkommen noch sonst jemand
ihrethalben „den HOF, Dorp vnde molen thor Goltnitz“ ohne Erlaubniß
der Lübecker weiter befestigen sollten, als es damals war. (Lüb.
Urk. B. 5, S. 21; schon erwähnt bei KOBBE Gesch. Lauenbg’s
II, 110,
Duve S. 242). Unter den Zeugen ist „Lange Ludeke Schacke“, wohl der
1404 auf Göldenitz seßhafte.
Die KAPELLE zu Grambeck ist nach H. S. 59 „der älteste kirchliche
Fachwerkbau auf weit und breit und wichtig als der einzige der
Gegend, von dem unbestreitbar ist, daß er ins Mittelalter
zurückgeht. Dies festgestellt zu haben, ist unstreitig ein
Verdienst. Die Kapelle ist recht schief und baufällig; um so mehr
hätte man gewünscht, ehe sie ganz verschwindet, einige
Detailzeichnungen zu besitzen, welche es ersichtlich machen, worauf
jene Angaben eines so hohen Alters sich in Betreff der Holztheile
stützen und wie der erwähnte „einfache Zierverband“ beschaffen ist.
Ich selbst habe bei meiner früheren Anwesenheit in Grambeck diesen
windschiefen Bau nicht genauer betrachtet, sondern bei Kürze der mir
gewährten Zeit meine Aufmerksamkeit ganz auf die wichtigen
ALTARSCHREINE gelenkt. Da ergiebt allerdings die Beschreibung,
welche H. von dem „Malaltar“ giebt, wie Vieles in der Zwischenzeit,
seit ich den Altar beschrieb und als H. ihn sah, von den Bildern
untergegangen sein muß! Und leider habe ich bei einer in den letzten
Jahren mehrfach wiederholten Besichtigung des jetzt im Museum zu
Mölln befindlichen Werkes einen arg fortgeschrittenen Verfall
desselben bestätigt gefunden. Im Uebrigen aber darf
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ich die Beschreibung L. K.-A. S.
62 ff. ganz und
voll als die seinerzeit der Wirklichkeit entsprechende aufrecht
erhalten; insbesondere muß ich daran festhalten, daß die Figur der
Außenseite keineswegs Johannes den Täufer hätte darstellen können,
denn Spuren einer Bischofsmütze und der Bischofsstab waren früher
noch recht wohl erkennbar; daß die Figur ein Bischof gewesen, ist
deshalb sicher, und nicht wie H. sagt „sehr zweifelhaft“. Der
gekräuselte Bart steht dem nicht im Wege, da er an Bischofsbildern
auch des 14. und 15. Jhdts. öfter sich findet trotz des Gebotes des
Concils zu Rom 1074, den Bart zu rasiren. Man sehe nur die Erzfigur
des Bischofs Heinrich II. Bocholt im Dom zu Lübeck an. Daß von den
Malereien des zweiten, (Schnitz-) Altares das eine Bild die Scene
der Tränkung Christi mit Essig vorstellen könne, will ich nicht
abweisen; daß diese Bilder aber erst „etwa von 1700“ herrühren
sollen, kann ich nicht glauben; arg verrenovirt mögen sie allerdings
um jene Zeit sein.
Die Beschreibung der in manchen Einzelheiten interessanten Kirche zu
Groß-Grönau hat dadurch besonderes Interesse, daß es H. gelungen
ist, „auf den vordem ungeputzten Wänden in Schiff und Chor
kreisförmige Putzflächen, mit Weihekreuzen roth auf weiß bemalt“,
unter der Tünche als vorhanden nachzuweisen; Reste ähnlicher
Weihekreuze hatte ich nur noch bei der Kirche zu Sandesneben zu
finden geglaubt, während in Gr.-Grönau nach H. noch die Kreuze
selbst an ihrer alten Stelle sich erhalten haben.
Bei den Abbildungen der Alabaster-Reliefs des alten Altares (H., S.
65) sind die Buchstaben a und b zu vertauschen. Seitenstücke zu
diesen Schnitzarbeiten glaubt man, wie ich höre, neuerdings in
Italien gefunden zu haben; hoffentlich erfahren wir bald Genaueres
darüber. Wenn die Abbild. 37 c. und die Angabe H’s richtig ist,
„Gott, im Brusttuche drei Köpfe“ – (in L. K.-A., S.
71 sagte ich:
„Gottvater, in dessen Schooße Rosen liegen;“ eine gute Reinigung des
Werkes mag inzwischen größere Deutlichkeit der Einzelheiten ergeben
haben) – so haben wir darin eine hochinteressante und
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meines Wissens in dieser Art bisher nicht
nachgewiesene Darstellung oder Andeutung der Dreifaltigkeit zu
erblicken, die zwar öfter unter dem Bilde dreier Köpfe, aber niemals
im Brusttuche des den Crucifixus haltenden Gottvaters ich angedeutet
finden.
Die Orgel, welche 1806 aus der Johannisklosterkirche zu Lübeck
erworben war, setzt Haupt gewiß mit Recht in das 17. Jh. Es mag hier
deshalb noch besonders darauf hingewiesen werden, daß der Verfasser
eines Artikels „Zur Geschichte der Orgeln in den Kirchen Lübecks“
(Neue Lübeckische Blätter 1855, S. 157) sich im Irrthum befand, wenn
er Notizen aus den Klosterrechnungen von 1443 und
1448 auf die jetzt
in Grönau befindliche Orgel glaubte beziehen zu können; letztere ist
rund zwei Jahrhunderte später erst verfertigt. Mit dem Pastorenbild
„Bunge
† 1696 (Laffert)“ soll wohl das des Pastors Christian
Rungius
gemeint sein, der 1662-1696 in Grönau wirkte.
Der in der Inschrift der Glocke von 1497 genannte Name des „Thomas
werneri plebanus“ kommt schon 1490 Michaelis bei Gelegenheit eines
Pferdeprozesses vor im Lübeckischen Nieder-Stadt-Buch, wo er Thomas
warner, kerkher to Gronouwe“ genannt wird.
Wegen der testamentarischen Bestimmungen aus dem 15. Jh., betreffend
freilich nicht weiter nachweisbare Meßgewänder und kirchliche
Geräthe, hätte wohl immerhin auf die in L. K.-A., S.
86 auch
angeführten, Stellen der Zeitschrift f. Schl.-H. L. Gesch. XII.,
207
ff. verwiesen werden dürfen.
In Gudow findet sich eine der ältesten Kirchen des Landes.
H. glaubt
auch hier ursprünglich eine Apsis am Ost-Chorende annehmen zu
dürfen. Ich möchte ihm darin wenigstens beistimmen, daß der Chor
allerdings eine Verlängerung nach Osten erfahren zu haben scheint.
Der allerdings nur an der nördlichen Außenwand sichtbare Rücksprung
des Mauerwerkes legt die Vermuthung nahe, daß hier einst eine
halbrunde Apsis sich befunden habe, während die spitzigen Fenster
der Nord- und Südwand nicht minder als das völlig gothische
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(nicht mehr als im Uebergangsstil gebildet zu
bezeichnende) Ostfenster sich schon durch Form und Stellung von den
übrigen Fenstern des Altarhauses unterscheiden und als spätere
Zuthaten darstellen. Der Nachweis des Gypsputzes an den Wänden darf
dankbarer Beachtung gewiß sein, ebenso die Hervorhebung der
Marienstatue.
Bei Erwähnung des RITTERSITZES mochte immerhin bemerkt werden, daß
1304 die Feste Gudow von Herzog Erich I. an Marquard von Zecher
verkauft ward, 1330 ein Knappe Gerhard Godow als Zeuge vorkommt,
1341 die „veste to ghudowe“ von Graf Heinrich von Schwerin und
seinem Vetter Otto erobert und verbrannt war; 1349, als die mit
Lübeck Verbündeten die Raubburgen zerstörten, heißt es: „gudowe dat
hus, dar leghen se ver daghe vor mit bliden vnde mit werke, er se
dat wunnen.“ (Detmar, ed. Grautorff I., 271.) Es muß also eine feste
Burg gewesen sein. 1483 beschwerte sich der Rath von Lübeck, daß die
von Bülows eine NEUE BEFESTIGUNG ihres Schlosses Gudow vornähmen.
(Kobbe II., 195 u. Anm. 32.) Aus welchem Grunde von
H. die auf der
Denktafel von 1588 vorkommende Darstellung des Gudower Herrenhauses
als schlecht und „ohne allen Verlaß“ charakterisirt wird, ist
anzugeben versäumt; in der auf derselben Tafel sich findenden
Abbildung einer Kirche wird man sofort die Gudower Kirche erkennen;
sollte das Herrenhaus weniger verläßlich oder anschaulich gemalt
sein?
Gültzow gehörte nach H., S. 74 noch
1230 zu Lütau. Ich weiß nicht
die Originalquelle hierfür zu nennen. Im Zehntregister finde ich es
unter Hohenhorn (ad Cornu) aufgeführt, doch nicht unter Lutowe.
Hohenhorn selbst gehörte damals noch zur parochia Hagede. Einen
ungefähren Anhalt für die Errichtung des eigenen Kirchspiels Gültzow
wird man in der Urkunde vom 29. Aug. 1328 finden dürfen, durch
welche Ludolf Scorleke und Johannes de Wittorpe bekannt geben, „quod
bertoldesdorpe et abbendorpe villae nostrae, jacentes in parochia
lutowe ante divisionem ejusdem parochiae“ im Einvernehmen mit dem
Bischof Marquart von
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Ratzeburg „transpositae unitae et adunatae sunt
PAROCHIAE ET ECCLIESIAE PAROCHIALI GULZOWE, sic quod in Sacramentis
recipiendis et quibusvis aliis inhabitantes dictas villas ad
ecclesiam parochialem Gulzowe in perpetuum habebunt respectum et de
Gulzowe censeri debebunt et esse“ etc. Diese Urkunde (Schl.-H.-L.
Urk.- Sammlg. II., S. 71 abgedruckt) scheint mit Deutlichkeit durch
die Erwähnung der Theilung der Parochie Lütau darauf hinzudeuten,
daß das jetzt durch einen Theil von Lütau vergrößerte Kirchspiel
Gültzow erst kurze Zeit vor Ausstellung der Urkunde 1328 in’s Leben
gerufen war. In der Taxe von 1335 ist Gültzow bereits zu
25 Mk.
angesetzt.
Leider hat sich garnichts von dem alten Kirchengebäude erhalten.
So gut unter Gudow ein „gewaltiger KIRCHENBLOCK, ein Stamm mit
einfachen Beschlägen“ erwähnt ist, konnte bei Gültzow bemerkt
werden, daß im Inventar vom 6. Juli 1877
ein „Armenblock“ genannt
ist, anscheinend SEHR ALT, aus einem Eichenstamm ausgehauen, stark
mit Eisen beschlagen und mit drei Schlössern versehen.“
Die beiden barocken Engelgestalten, welche ich (L. K.-A., S. 171) zu
Hamwarde auf dem Kirchenboden sah, scheinen inzwischen verschwunden,
wenigstens sind sie bei H. nicht besonders erwähnt.
Hasenthal, im Zehntregister als Hasledale und zum Kirchspiel
Geesthacht gehörig vorkommend, soll bis 1636 ein Rittersitz gewesen
sein. Von der alten Burg sollen nach Kobbe und Schröder „nur wenige
ganz schwache Spuren vorhanden“ sein, doch durfte die Erwähnung von
H. wohl nicht ganz unterlassen werden.
Auch die Kapelle zu Havekost wird, wie die zu Dassendorf (s. d.)
bereits 1581 und 1590 genannt, dann
1614 als „verfallen“, und 1683,
wie auch H. S. 76 angiebt, als „ganz verfallen“ bezeichnet.
Das Altarbild zu Hohenhorn, welches als „aus Lübeck geschenkt“
bezeichnet ist, soll nach Linsen S. 618 f. im Jahre
1827
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geschenkt und eine Copie nach van Dyk sein. Von
den früheren Glocken war die 1751 gegossene nicht von
J. G., sondern
von Johann DIETERICH Ziegener in Lüneburg geliefert.
In Hollenbek war nicht nur, wie H. S. 77 meint, eine Kapelle,
sondern es scheint auch eine „Burg“ dort gewesen zu sein. Kobbe
III., 257 sagt: „Ein Holz bei Hollenbeck heißt „der neue
Hofes-Wall“, 1592 glaubte man – (die Quelle giebt Kobbe leider nicht
an) – hier noch die Spuren einer alten Festung zu erkennen. Und
Schröder Topogr. I, 537 meldet: „Auf einem Platze, HOFWALL genannt,
soll früher EINE Burg gestanden haben, ohne Zweifel die des
ehemaligen adligen Gutes Hollenbeck, welches 1469 Heyne von Lasbek
besaß.“ Aehnlich erscheinen Duve (Mittheil. S. 678) „Vorwerk und
Dorf Hollenbek als Bestandtheile eines ehemaligen Ritterlehngutes,
welches die Herzöge mit den Domainen vereinigt hatten.“ Ob noch
irgend welche Spuren solcher Burg in Hollenbeck zu finden oder im
Volksmunde überliefert sind, vermag ich nicht anzugeben.
Die unter Juliusburg von H. gemachte Bemerkung, daß das früher
Abentorp (Abbendorf, Avendorf) benannt gewesene Gut „von Alters her“
Lehnsgut derer von Kettenburg gewesen, ist nicht ganz begründet.
Abenthorp gehörte nach dem Zehntregister um 1230 zur Parochie Lütau,
und hatte XII Mansos. Laut Beurkundung vom 29. Augst
1328 wurde dann
von Ludolf Scorleke und Johannes de Wittorpe consentirt, daß
„berteldesdorpe (Bartelsdorf) et ABBENDORPE, villae nostrae“, mit
dem Pfarrsprengel und der Pfarrkirche Gülzow, vereinigt wurden.
(Vergl. oben S. 168 unter GÜLTZOW.) Anfangs des 15. Jhs. war
Abentorp im Besitze der Schack’s, kam 1441 an Herzog Bernhard, kann
also jedenfalls nicht früher Lehnsgut er Kettenburg’s gewesen sein.
Der 1704 eingegangene Thiergarten war (nach Kobbe III,
272) im Jahre
1660 angelegt worden.
Kehrsen, bereits 1194 als Kerseme und zur Parochie Stralige
(Sterley) gehörig genannt, hat bei H. S. 77 keine Erwähnung
gefunden; doch aber kann von Interesse sein, hier
1891/6 - 170
1891/6 - 171
festzuhalten, daß auf dem Kehrsener Hoffelde im
Gute Gudow bei Abtragung eines runden, mit einem nassen Graben
umgebenen Hügels eine eiserne Streitaxt gefunden ward. Der Grund
weshalb dieser Fund und die Fundstelle bei Schröder Topogr. II,
80
irrig unter „Leesten“ aufgeführt ist, findet sich in der Mittheilung
des Prof. Handelmann in Zeitschrift f. Schl. H. L. Gesch. X.,
17
dargelegt. In jenem grabenumgebenen Hügel darf man wohl eine
MITTELALTERLICHE BEFESTIGUNG VERMUTHEN.
Burmester, Beiträge zur lauenb. Kirchengesch. S. 134 giebt an, im
Visitationsprotokolle von 1683 werde angeführt, daß ehemals zu
Kitlitz eine KAPELLE gewesen sei; hiervon hätte auch H. Notiz nehmen
dürfen.
Auf dem Hoffelde von Klempau sind, wie H. Seite
77 angiebt, Spuren
des SCHLOSSES, und hatte man im Anfange dieses Jahrhunderts noch
Zugang zu unterirdischen Gewölben. Vielleicht kann in weiteren
Kreisen ein Fund interessiren, welcher 1858 in der Nähe des Hofes
Klempau gemacht wurde. Das Culturhistorische Museum in Lübeck
besitzt nämlich eine kleine Kruke mit zwei Henkeln und kurzer
Gußnase, etwa 17 cm hoch, aus gebranntem bräunlich-grau glasurten
Thone, die vielleicht noch dem 15. Jh. angehören mag; ferner das
Fußstück eines Pokals aus dünnem, stark in der Verwitterung
begriffenem Glas. Beide Gegenstände (Verzeichnis der
Culturhistorischen Sammlung. Lübeck 1864 N. 246 u.
247) wurden,
nebst mehreren ähnlichen, in der Nähe des Hofes Klempau unter
folgenden Umständen gefunden: „Beim Abtragen einer am Rande einer
torfhaltigen Wiese gelegenen Erhöhung stieß man nämlich, etwa zwei
Fuß (etwa 58 cm) unter der Erdoberfläche auf eine MAUER
VON FELDSTEINEN, die einen Raum von 4-5 ⃞R (etwa
95 qm) umschloß, der
mit einer Menge Knochen, meistens von Rindern und Ziegen, angefüllt
war. Die Mauer selbst ruhte auf starken, senkrecht im Boden
stehenden eichenen Pfählen, von denen einige noch sehr fest waren.
UNTER dieser Knochenlage, nur wenig mit Erde bedeckt fanden sich die
erwähnten Gefäße.“ Dieser Fundbericht
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ist enthalten in einem Schreiben des damaligen
Forstwärters in Ritzerau, späteren Lübeckischen Oberförsters Hermann
Stockmann vom 22. August 1858, mit welchem er die Einsendung der
Kruke und des Pokalfußes begleitete. Haben auch beide Gegenstände
keinen Kunstwerth, so verdient doch die Art und die Oertlichkeit
ihres Fundes immerhin Beachtung.
Unter Koberg, zum lübschen Kirchspiel Nusse gehörig, erwähnt
H., S.
78 den Koberger Wall. Ich möchte hier, auf Grund der in den Neuen
Lübeckischen Blättern 1838, S. 20 enthaltenen zum Theil auf das
Nusser Kirchenarchiv sich stützenden Mittheilungen hinzufügen, daß
Koberg ehemals EINE KAPELLE besaß, in welcher alljährlich am Tage
der Heimsuchung Mariä (2. Juli) von dem Pastor zu Nusse Gottesdienst
gehalten wurde, der auch von Lübeckern, Hamburgern, Möllnern,
Ratzeburgern und anderen sehr zahlreich besucht wurde. Im Jahre
1770
wurde dieser Gottesdienst theils WEGEN GROSZER BAUFÄLLIGKEIT DER
KAPELLE, theils wegen allerlei eingeschlichenen Unfugs dabei, von
dem königl. Consistorium für immer aufgehoben.
Kröppelshagen hatte eine schon 1581 und 1590, auch
1614 genannte
Kapelle (Burmester, Beitr. S. 162), die nach ihm
1683 allerdings
ganz verfallen war.
Krumesse besitzt ohne Zweifel eine der interessanteren Kirchen des
lauenburgischen Kreises, ein Gemisch des Uebergangsstieles mit dem
der nächstfolgenden Zeit. An keiner Kirche aber wird man so oft in
Zweifel sein könen, was daran „echt“, was der Restaurirungssucht zu
verdanken sei, die vor mehr als einem Menschenalter auch an diesem
in vieler Beziehung wichtigen mittelalterlichen Bauwerke ihr
Müthchen gekühlt, ohne Aufzeichnungen zu hinterlassen, was vor der
beginnenden Restaurirung vorhanden und wie gestaltet und beschaffen
es war. Hier ganz besonders wird man mit lebhaftem Bedauern daran
erinnert, daß es an wirksamen Vorschriften für die Landbaumeister
fehlte. Hier aber hätte man auch am meisten gewünscht, die Gründe,
aus denen die Zweifel an der Echtheit der Einzelheiten sich
herleiten, etwas näher dargelegt zu finden, als sie
1891/6 - 172
1891/6 - 173
dem Texte bei H., S. 78 ff. zu entnehmen sind. Es
soll in Rücksicht auf die gebotene möglichst knappe Fassung des
Textes diesem hierin kein Vorwurf gemacht werden, aber wenn es z. B.
heißt „keine Spur einer Nordthüre; das Südportal, mitten in der
Südseite ist neu,“ so fragt man sich, ob diese Thür überhaupt erst
neu angelegt, vorher also überhaupt keine Thür an der Südseite
vorhanden war, oder nicht an dieser Stelle, oder ob nur eine
„Wiederherstelung“ in der Weise stattgefunden hat, daß alles Alte
neu geworden ist. Meine Ansicht ist, daß allerdings an jener Südthür
zum Schiff sehr vieles, aber doch nicht alles neu sei; insbesondere
habe ich L. K.-A., S. 47 auf die geformten, nicht gehauenen
Klauenkapitäle hingewiesen, welche nicht der modernen Herstellung
entstammen, während ich die Knospenkapitälchen der
Thurmfenstersäulchen allerdings für neue Erzeugnisse halte, während
sie von H. 79 als „von irgend einem alten Bautheile sonst“ stammend
bezeichnet werden.
Obwohl nicht eigentlich hierher gehörig, mag doch an dieser Stelle
Mittheilung gemacht werden von der Sitte, welche noch jetzt, wenn zu
Krumesse aus den eingepfarrten Dörfern eine Leiche bestattet werden
soll, den fußlosen Sarg auf Strohbündel, welche auf den zum
Transport der Leiche dienenden Wagen gelegt sind, setzt damit der
Sarg nicht den Boden des Wagens berührt. Wenn der Wagen nach der
Bestattung leer zurückkehrt, werden JENSEIT DER FELDMARK des
betreffenden Dorfes die Strohbündel abgeworfen, damit der nächste
Todte des Kirchspiels nicht aus demselben Dorfe, wie die jetzt
bestattete Leiche, sein möge. dieser mir durch mündliche Mittheilung
eines Kirchspielsangehörigen bekannt gewordene Gebrauch findet sich
auch in Dörfern lübeckischer Kirchspiele und möchte ich um
freundliche Auskunft ersuchen, ob auch aus anderen lauenburgischen
Kirchspielen derselbe Gebrauch noch nachweisbar und in Uebung ist.
Oestlich von der durch die Feldmark des Dorfes Krützen führenden
Chaussee von Schwarzenbeck nach Lauenburg soll eine Koppel liegen,
welche „ALTE DORFSTELLE“ genannt wird und
1891/6 - 173
1891/6 - 174
ebenso soll auf der Feldmark ehemals ein Dorf
„KLAPPENDORF“ gelegen haben, nach welchem noch einige Aecker und
Wiesen benannt wurden. Diese bei Kobbe, bezw. Schröder und Linsen
sich findenden Angaben hätten immerhin auch bei H., S.
82 Platz
finden dürfen.
Die Kirche zu Kuddewörde hat nächst Gültzow von allen
lauenburgischen Kirchen am wenigsten von ihrem ursprünglichen
Zustande bewahrt. Die letzten Jahrhunderte und besonders auch der
Lohmeyer’sche Umbau 1871 haben unendlich viel zerstört. Aber gerade
dem gegenüber müssen alle noch nachweisbaren alten Spuren auf das
Genaueste verfolgt werden. Zu diesen Spuren zähle ich auch eine im
Innern der Kirche an der Nordwand, etwa 2 m von der Westwand
vorhandene, etwa 55-60 cm breite, 12 cm dicke rechteckige Vorlage,
die ich deshalb hier besonders erwähnen möchte, da sie sicher der
alten Kirche angehört, aus dem in Abbild. 63 bei
H. 83 sich
findenden, übrigens den gegenwärtigen Zustand doch nicht genau
wiedergebenden Grundrisse aber nicht kenntlich ist.
Nicht klar ersichtlich ist, weshalb auf S. 83 über die ursprünglich
im Fuße des Kelches vorhandene gothische Inschrift nur gesagt ist,
sie sei „sorgsam entfernt.“ Da sie noch sehr wohl lesbar ist und
„pawell wolffram dedit“ lautet, war kein Grund sie zu übergehen; man
findet sie L. K.-A., S. 92 bereits mitgetheilt.
Hinsichtlicht des „Augustiner-Bettelklosters“ war vielleicht zu
erwähnen, daß nach Kobbe 2, 239 a. E. im Jahre
1519 „der Prior des
Hl. Geist-Hospitals zu Kuddewörde, Theodoricus Bodecker, mit seinen
14 Brüdern in den Bann gethan“ ward, und daß Frz.
KNAUTH (Das
Herzogthum Lauenburg, Langensalza 1866, S. 35) die sonst mir nicht
begegnete Angabe enthält, das Augustinerkloster sei „schon 1521
wieder aufgehoben.“ Die Richtigkeit der Angabe kann ich nicht
prüfen. Die allerdings sonst nicht fehlerfreie Arbeit Knauth’s fehlt
in der Zusammenstellung der benutzten Quellen und Hülfsmittel bei
H., S. 179 gänzlich und wird dem Verfasser unbekannt geblieben sein.
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Der Platz der HERZOGLICHEN BURG „an der Bille
nördlich der Kirche in einer Niederung“ wird von Linsen, S. 316, auf
den H. 85 Bezug nimmt, genauer dadurch bezeichnet, daß er sagt,
„nördlich von der Kirche AUF EINER SUMPFIGEN WIESE „HOPFENHOF“
genannt. Je genauer solche Ortsbestimmung sich geben läßt, um so
mehr sollte man sie ohne Grund nicht bei Seite lassen.
Die Glocke zu Kulpin, deren Gießer in den Worten: A. P. me fecit in
Lvbeck Anno 1724 angegeben ist, ward offenbar von Adam Planer dem
Aelteren verfertigt. Er ward zwar erst 1725 April
20. als Rothgießer
Bürger, mag aber in jener Glocke sein Meisterstück gemacht oder als
Werkführer für eine Rothgießer-Wittwe dieselbe gearbeitet, deshalb
auch nur mit den Anfangsbuchstaben seines Namens versehen haben.
Wenn die in und bei dem Burgplatze von Lanken im Gute Wotersen
gemachten Funde nicht VOLLSTÄNDIG aufgeführt werden sollten, mußte
bei H. wenigstens der Hinweis gegeben werden, wo sie nachzuschlagen
seien bei Kobbe, Schröder oder Linsen. Besser noch wäre aber
gewesen, nicht zu verschweigen, daß in einer der Pallisaden, „ein
vierzölliges bleiernes Kreuz“ war, und daß man nordwestlich von dem
Hügel des Burgplatzes „ein doppelt übereinander gelegtes
Steinpflaster“ gefunden hat. Die genauere Ortsbestimmung des
Burgplatzes, nämlich „in der Nähe der Chaussee zwischen der Koppel
Drewskamp und dem Zuschlag Ellernholz in einer Wiese“ konnte
ebenfalls den genannten Schriftstellern entnommen werden. Auch
ergibt sich aus Duve, S. 620 ff., daß jedenfalls
1736 noch nicht die
Gebäude des jetzigen „adelichen Hofes“ bestanden, was festzustellen
immer einmal von Bedeutung werden kann.
Wie selten es ist, in Geschmacksangelegenheiten einem
übereinstimmenden Urtheil zu begegnen, dafür geben die Denkmäler der
Kirche zu Lassahn ein beredtes Beispiel. Schon daß H., S.
87 und L.
K.-A., S. 72 und 73 über das Alter der beiden Crucifixe daselbst
nicht übereinstimmen, kann etwas Wunder nehmen. Was ich dem 15. Jh.
zuschrieb, setzt er in den Anfang des 16. Jh., vielleicht mit Recht;
dagegen
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1891/6 - 176
will H. das kleinere Crucifix, durch die Haltung
als Vorläufer der Spätgothik charakterisirt finden und dem Ende des
14. Jh. zuweisen, während ich geglaubt habe, das, was Altes an jenem
restaurirten Denkmale sei, erst für das Ende des 15. Jh. in Anspruch
nehmen zu dürfen. Hier würde eine Abbildung des Crucifixes sehr
erwünscht und in der That von Nutzen gewesen sein, um Anderen ein
Selbsturtheil zu erleichtern; vielleicht hätte sie auch mich
bekehrt. Von dem Taufengel jedoch, dessen Trümmer auf dem Boden der
Kirche liegen und den H. als „recht gut“ bezeichnet, hätte eine etwa
gegebene Abbildung sicherlich die große Mehrheit überzeugt, daß ich
nicht allzu sehr im Unrecht war, wenn er als „der scheußlichsten
einer“ mir erschienen ist. Indessen – de gustibus non est
disputandum!
Lauenburg. Einer der wichtigsten und, soweit ich mir ein Urtheil in
dieser Angelegenheit erlauben darf, der bestgelungenen, an neuen
Ergebnissen reichsten Abschnitte des Buches ist der auf die
Hauptstadt der niedersächsischen Herzogslinie bezügliche, nach
welcher das Herzogthum benannt wird. Daß die Unverständigkeit und
archäologische Ungebildetheit des Landbaumeisters Timmermann,
welcher 1827 auf Anstiften des damaligen mindestens gleich
unverständigen Hauptpastoren zu Lauenburg die Kirche, insbesondere
den Chor mit seiner prachtvollen künstlerischen Einrichtung
verwüstete und vernichtete, auf das allerschäffste gegeißelt wird,
kann jeder nicht ganz einseitig theologisch Gebildete nur billigen,
gleichzeitig aber sich feuen, daß es H. gelungen ist, wenigstens
bildlich und in der Beschreibung die ehemalige Pracht wieder
vorzuführen und festzuhalten, wofür ihm ein ganz besonderer Dank
gebührt. Doppelt bedauerlich, daß auch die Neuzeit ihre
Restaurirungswuth in unfähiger und dreister Weise daran bethätigt
hat, wie H. 97 es aktenmäßig darlegt. Dankenswerth ist die
Lichtdruckwiedergabe der Gedächtnißbilder des Skick Jegher mit der
Kreuzgruppe, einem trefflichen Gemälde vom Ende des 15. Jh. Ungern
aber vermissen wir eine Abbildung des Weltzin’schen Epitaphs, das
eine solche trotz des fehlenden Theiles der Umrahmung wohl verdient
hätte, wie sie das Sittenbild mit Jünglich und Jungfrau
glücklicherweise erfahren hat.
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Zu dem im Schutte der Fürstengruft gefundenen
Goldschmucke sei hier bemerkt, daß ein „Anhänger“ des 16. Jh. in der
letztjährigen Schmuckausstellung im Gewerbemuseum zu Berlin
ausgestellt war; er ist abgebildet im Kunstgewerbeblatt,“ her. v. A.
Pabst N. F. I. Heft 10, S.
87, und zeigt von dem H. S. 100
abgebildeten Goldschmuck unterschiedene Motive.
Hinsichtlich der ehemals vorhanden gewesenen kirchlichen
Kostbarkeiten hätte wohl auf die nach Burmester, Beiträge S. 78
gelegentlich der Kirchenvisitation von 1590 gemachte Aussage der
Kirchenvorsteher Bezug genommen werden dürfen, wonach durch die
Herzöge Magnus, Franz I. und II. „eine Lade mit allerlei goldenen
und silbernen Kleinodien“, ferner „eine Monstranz“, und ein
„vergoldeter Kelch mit Patene“ aus der Kirche entnommen, aber nicht
wiedergekommen waren.
Die ausführlichen Nachweise über Holzarchitekturen in der Stadt
Lauenburg werden von anschaulichen Skizzen begleitet, welche den
Wunsch nach genaueren Detailaufnahmen jedoch nicht völlig
zurückdrängen können. Ueber HAUSMARKEN aus Lauenburg handelt, was
hier gelegentlich erwähnt sei, der 20. Bericht der Gesellschaft für
Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer (Kiel 1861) S.
50
und bildet deren sechs ab (Taf. 4, Nr. 238-243).
Linau hat wegen der Spuren des alten Raubschlosses welches
1349
zerstört ward, von jeher viele Besucher angezogen und eine ganze
Literatur ist über die dort und in der Nähe befindlichen
Befestigungen erwachsen. Zu den bei H., S. 107 gemachten Angaben
sind als wichtig noch hinzuzufügen: HANDELMANN in Schlesw.-Holst.
hist. Zeitschr. 1882 (XI.) 243, dann F. VOIGT „Die Ueberreste der
Burg Linow“ (in „Mittheil. d. Ver. f. Hamburgische Gesch.“ I. (1878)
Nr. 6, S. 41-44 mit Grundriß); ferner ein trefflicher Aufsatz von
Dr. E. R. RAUTENBERG: Die Burgen in der Nähe von Linau in Lauenburg
(in „Hamburger Nachrichten“ 1886 Juni 22.)
Die Zeit, wann das alte Kirchspiel Lütau getheilt ward, (vor 29.
Aug. 1328) ist schon oben bei Gültzow angegeben
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worden; daß dennoch in der Taxe von 1335 die
Lütauer Pfarre noch zu 42 Mk., also sehr hoch, angeführt ist, zeugt
von ihrer Bedeutung und läßt auf’s höchste bedauern, daß von dem
alten Kirchengebäude nichts mehr übrig ist, als der Untertheil des
Thurmes. Um so mehr Veranlassung wäre gewesen, das wirklich Alte
darin genauer zu beschreiben; dazu gehört sicher das Westportal mit
seiner Profilirung. Der durch den Thurm in die Kirche führende
Haupteingang ist noch zu erkennen, aber durch die neue Kirche
vermauert. Daß nach dem Inventar des Pastor L. Rohrdantz vom 30. Mai
1877 die alte Kirche außer dem Haupteingange im Westen auch eine dem
Dorfe zugewendete südliche Thür hatte, soll wenigstens hier erwähnt
werden; das Schweigen über die Nordthür läßt schließen, daß eine
solche in der alten Kirche nicht vorhanden war. Von wem der jetzige
Bau der Kirche von 1845/46 herrühre, hätte H. wohl auf amtlichem
Wege ermitteln können, so daß das Fragezeichen hinter dem Namen
Timmermann nicht mehr nöthig gewesen wäre.
Ueber ehemalige Einrichtungsgegenstände und Kirchengeräthe des
Klosters Marienwohld mag man insbesondere die auch L. K.-A., S.
57
u. 69 ff. angeführten Geschenke des Krämers Dunkelgud nachlesen bei
W. MANTELS Beiträge zur lübisch-hansischen Geschichte, her. v.
Koppmann, Jena 1881, S. 367.
Mölln, die bedeutendste und an Alterthümern reichste Stadt des
Herzogthums, welche die meisten ihrer Baudenkmäler und Kunstschätze
der Zeit verdankt, in welcher sie, in lübeckischem Pfandbesitze
stehend, gepflegt ward, hat mit Recht auch bei H. eine besonders
eingehende und durch zahlreiche Abbildungen erläuterte Behandlung
erfahren. Mehr aber noch als bei den anderen Ortschaften wird man
gerade hier eine gute Uebersicht über die Spezialliteratur vermissen
und darin einen Mangel empfinden, der sich gegenüber den
vortrefflichen Angaben, wie sie z. B. in dem Werke von Fr. X. KRAUS,
Kunst und Alterthum in Elsaß-Lothringen, bei jedem Orte, besonders
aber bei den Kirchen und auch bei den einzelnen Denkmalen gegeben
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sind, unangenehm bemerkbar macht, da eine
Nachprüfung und eine weitere Orientirung über das Einzelne für den
Leser, wenn er nicht ALLE auf S. 179-181 von H. angeführten Quellen
erst SELBST GANZ durcharbeitet, fast zur Unmöglichkeit gehört.
Ohne eine wiederholte genaue Vergleichung der Einzelheiten,
insbesondere des Kirchengebäudes St. Nikolau, ist mir es gleichfalls
nicht thunlich, die Angaben bei H. richtig zu würdigen. Man wird es
deshalb gerechtfertigt finden, wenn ich hier mich auf das Wenige
beschränke, welches ich mit Sicherheit glaube berichtigen zu können
oder bezweifeln zu müssen, und daß ich hinzufüge, was ich vermißt
habe. Zu letzterer Klasse gehört, daß von der bei H., S.
118
erwähnten „Hausmarke“ über dem Inschriftstein von 1497 neben der
Sakristeithür keine Abbildung gegeben ist. Mit größter
Wahrscheinlichkeit wird man jene Hausmarke als ein Baumeisterzeichen
ansehen dürfen; jede Spur, die Meister der Werke zu ermitteln, muß
bei dem Mangel an sonstigen Quellen möglichst verfolgt und solche
Verfolgung ermöglicht werden; dazu ist aber eine Abbildung der
Meisterzeichen in erster Linie erforderlich. Diese Bemerkung gilt
auch für die Marken anderer Künstler und Werkmeister, die wohl
verdient hätten, auf einer besonderen Tafel dem Buche angefügt zu
werden.
Nicht gerechtfertigt finde ich, daß von dem Portal zur Sakristei
gesagt wird, es sei an der Kirche „das einzige erhaltene alte“, da
doch das Portal in der Westmauer unter dem Thurm als „streng
FRÜHgothisches“ bezeichnet ist, also jedenfalls nicht zu den jungen
Erzeugnissen zählt; eine Beschreibung oder besser noch eine gute
Darstellung des Profiles dieses letzteren, auch durch die Bildung
seiner Formsteine nicht uninteressanten Portals wäre sicher wohl
angebracht gewesen.
So sehr man geneigt sein wird, mit H. anzunehmen, daß die
Nikolaikirche auch ein Südseitenschiff nach dem ursprünglichen Plane
habe erhalten sollen, so wenig läßt sich positiv solches noch
nachweisen. Genaue Zeichnungen, Schnitte u.s.w. waren aber vollends
unentbehrlich bei der von H., S. 118 versuchten Erklärung und
Bestimmung der Bauzeiten der im
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Süden des Altarhauses (Chores) sich findenden
Anbauen. Das hochinteressante Problem harrt noch einer klaren und
anschaulichen Darlegung und böte den Architekten und
Spezialforschern ein gutes Arbeitsthema.
Von den älteren Einrichtungsgegenständen der Kirche bildet H., S.
120 in Abb. 98 einen Taufstein aus Gotländer Kalkstein ab, der jetzt
in einem Garten am See steht. Man kann sich nach der Abbildung nur
schwer eine richtige Vorstellung machen; daß der Fuß polygon sei,
ist klar; ob aber auch die Kumme, ist wenigstens für die linke Seite
recht zweifelhaft. Unter den Taufsteinen unserer Gegend mit völlig
oder fast gleicher Ornamentik sind eckige Kummen, wie die Möllner in
der That es ist, die Minderzahl. Die Zeitbestimmung „aus dem Anfange
des 13. Jh.“ kann bei H. nur ein Druckfehler sein. Die Ornamentik
jenes Taufsteines wird sich im Norddeutschen Tieflande, speziell in
unserer Gegend, nicht vor 1250 nachweisen lassen, und gehört
mindestens dieser Taufstein dem Ende des 13. oder Anfang des
14. Jh.
an. Man vergl. z. B. die Kummen der Taufsteine zu Blekendorf, Kr.
Ploen (Bau- u. Kunst-Denkm. in Schl.-Holst. 2, 125), zu Hohn (Kr.
Rendsburg, a. a. O. 2, 195), aus Behlendorf bei Ratzeburg im Cult.
Museum zu Lübeck und andere, die alle der gleichen Zeit angehören
und, soweit von Haupt bestimmt, als „frühgothisch“ von ihm selbst
charakterisirt sind, mithin keinesfalls vor Mitte des 13. Jh.
gesetzt werden dürfen.
Die Wiedergabe der Inschrift an dem schönen Taufkessel von 1509
unterliegt der schon gelegentlich der Glocken zu Breitenfelde
gerügten Ungenauigkeit; die Worte sind nicht in der
charakteristischen Zusammenziehung wiedergegeben, in der sie sich an
dem Gußwerke finden.
In Betreff der Gleichaltrigkeit des hölzernen Deckels mit dem
Taufkessel selbst wird H. im Rechte sein.
Wenn auf S. 120 bezüglich der gothischen „Bischofs- und Chorstühle“
auf eine Abbildung bei „Chapuy moyenâge 64“ hingewiesen wird, so ist
man mit Recht verwundert, weshalb denn in einem mit Abbildungen so
freigebig ausgestatteten
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Werke, wie die vorliegende Inventarisation der
Lauenburgischen Denkmäler es ist, nicht auch jenes gothische Gestühl
einer Wiederabbildung werth erachtet ist? Das Chapuy’sche Werk ist
doch nicht so überaus selten, daß der amtliche Bearbeiter des
Inventars dasselbe nicht von einer größeren Bibliothek oder einem
Museum hätte erlangen können; andererseits aber ist es nicht zu
verlangen, daß jeder Einzelne, welcher für die lauenburgischen
Denkmäler, speciell vielleicht für das Kunstgewerbe dortselbst
Interesse hat, die Umständlichkeit auf sich nehme, sich als
Privatmann das Chapuy’sche Werk zugänglich zu machen. Hier mußte der
amtlich Beauftragte solche Mühe vielen Hunderten abnehmen und jene
Abbildung nachbilden oder doch mindestens ganz genau beschreiben.
Daß letzteres sowie die Wiederabbildung unterblieben ist, halte ich
für einen schweren Fehlgriff. Denn außer den Resten im Ostende des
Südschiffes der Kirche zu Mölln ist im ganzen Kreise Lauenburg
nichts mehr von gothischem Gestühl erhalten. Man kommt zu der
Vermuthung, daß H. von der Abbildung jener verschwundenen „Bischofs-
und Chorstühle“ lediglich nach deren Citat bei Loth,
Kunsttopographie Deutschlands I., 447 Anmerk.
3, „Anf. b. Chapuy,
moyen âge 64“ Kenntniß habe. Uebrigens findet sich auf jene
Abbildung auch in den Jahrbüchern f. d. Landeskunde d. Hrzgth.
Schl.-H. u. L. I., S. 83 hingewiesen; auch dort schon wäre eine
Wiederabbildung am Platze gewesen, deren Fehlen bei Haupt aber eine
directe Unterlassungssünde bildet.
In der Inschrift des erzenen Kohlenbeckens (H., S.
125) ist im
Original der Stiftername „vrovde“ (nicht „vrowde“) geschrieben,
statt „werdinne“ steht im Original: „werdine“, die Bestandtheile der
Jahreszahl sind wie die einzelnen Worte getrennt unter sich: m.
cccc. lxxij – Kleinigkeiten, aber nicht bedeutungslos, wenn man die
von H. gegebenen Inschrift-Lesungen mit ihm denen vorzuziehen
geneigt sein sollte, welche z. B. ich selbst von Möllnischen und
anderen mittelalterlichen Denkmälern abgeschrieben und
veröffentlicht habe. Abweichende Lesarten findet man hinsichtlich
der Kelche (H., S. 126), der Glocken (H., S.
127) u.s.w. vielfach.
In Betreff der letzteren muß
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ich nur ersuchen, nicht alle etwa im Lauenb. Arch.
II., 1 S. 75-82 enthaltenen Druckfehler
MIR als Lesefehler
zuschieben zu wollen, da mir seinerzeit keinerlei Correcturbogen des
Satzes, ja nicht einmal eine Empfangsbestätigung des Manuscriptes
durch die Redaktion zugegangen war und ich erst ziemlich lange nach
Erscheinen des betreffenden Heftes zufällig erfuhr, daß mein Aufsatz
über die Möllner Kirchenglocken darin enthalten sei.
Gerne erkenne ich es an, daß ich in Betreff der Ornamentformen auf
der Glocke 2 von 1514 im Irrthum gewesen bin und dieselbe nach
Ausweis der H., S. 131 gegebenen Abb.
116 „Nichts von Renaissance“
enthält.
Das Epitaph von Joh. Bremer (H., S. 129), von welchem Manne man nur
aus dem Namenverzeichniß auf S. 198 erfährt, daß er „Zöllner zu
Mölln“ war, läßt unter den dargestellten Familiengliedern vielleicht
auch den Sohn Jürgen Bremer erkennen, der als des „Sehl. Johann
Bremers gewesenen Tolners zu Mölln Sohn“ 1606 und
1607 ein
Stipendium aus Paul Frencking’s Testament in Lübeck zum Studium der
Theologie empfing. Die ganze Familie gehört nach Lübeck und zu
derjenigen, welcher die durch ihr Gitterwerk ausgezeichnete
Bremerkapelle in der Lübecker Marienkirche gehört.
Das dritte der auf S. 130 erwähnten Pastorenbilder des
18. Jh.
stellt nicht, wie verdruckt scheint, einen Hoye, sondern offenbar
den Pastor Hier. Frdr. Boye (1734-1746) dar.
Am Rathhause findet man einen Fries aus Dreipässen (H., S.
133, Abb.
120), dessen Formsteine ganz denen entsprechen, welche sich z. B. im
Culturhistorischen Museum zu Lübeck finden und zu den
mannigfaltigsten Rosetten zusammengesetzt, sich an alten Giebeln in
Lübeck vorgefunden haben. Sie gehören dem 14.-15. Jh. an.
Eine dankenswerthe Ergänzung zu den bei H. eingestreuten Details von
Holzarchitekturen bildet das im vergangenen Jahre von Herrn Pastor
Bestmann in Mölln veröffentlichte „Corpusculum inscriptionum
Mollnensium“, in welchem die Hausinschriften sorgfältig gesammelt
sind.
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Im Bericht XX. (1861) der Ges. f. Samml. u.
Erhalt. vaterl. Alterth. findet sich Tafel IV./Nr.
228 die Abbildung
eines QUERBALKENS VON DER HAUSTÜR DER EHEMALIGEN S. G. THORBUDE am
Steinthor, die seit Alters die Wohnung des Stadtpfeifers gewesen und
noch bis zuletzt von dem Stadtmusikus bewohnt sein soll. Zwischen
den Buchstaben W und R. trug jener Balken das Möllner Stadtwappen
und die Jahreszahl 1576, ferner eine Sackpfeife und eine Trommel.
Die Abbildung eines anderen Hausbalkens aus der Mitte des 17. Jh.
mit Namen und Wappen von David Rieke und Katharina Hinriks (das Haus
steht dem Museum gegenüber noch jetzt in der Museumstraße) – ist
abgebildet a. a. O. Taf. IV., 229, eine gemalte GLASSCHEIBE, a. a.
O. Taf. IV., 237, weitere drei Scheiben sind erwähnt a. a. O. im
Text S. 50; HAUSMARKEN a. a. O. Taf. 4, Nr.
230 bis 237.
Nach Schroeder’s Topographie II., 171 soll sich zu
Müssen noch ein
alter BURGPLATZ finden. Das Gut gehörte seit langen Jahren der
Familie von Schack. Ueber die von Schack’s auf Müssen im 17. u.
18.
Jh. vgl. man Mecklenburg. Jahrbb. XXXI. A., 13-17.
Die Kirche zu Mustin, eine der ältesten des Landes, welche nach
H.
noch aus dem 12. Jh. stammen und bereits im Anfange des
13. Jh.
erweitert worden sein soll, verdient schon aus diesem Grunde eine
besondere Beachtung. Einzig aber wird sie im Lande dastehen, wenn
sich bewahrheiten sollte, was H., S. 138
angiebt. Nach ihm wären in
dem – jetzt mit einer Balkendecke versehenen, ursprünglich in zwei
quadratischen Jochen überwölbten Schiffe, „wahrscheinlich um 1500
(wie zu Eutin und Zarrentin) die Gewölbe abgerissen“ und wären dafür
„ziemlich flache Kreuzgewölbe mit stark vortretenden Rippen von
Birnstabprofil in 4 Jochen und, wie die Westwand zeigt, auf Stützen,
so daß sie eine dreischiffige Halle bildeten, übergespannt worden.“
Ich gestehe, daß letzterer Gedanke mir bei Untersuchung der Mustiner
Kirche nicht gekommen ist, auch eine dreischiffige Halle bei einer
einfachen Dorfkirche,
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wie die Mustiner von jeher gewesen und geblieben
ist, in jener Gegend selbst zu Anfang des 16. Jh., etwas so einzig
Dastehendes mir erscheinen will, daß nur ganz sichere Nachweise
solches glaublich machen können. In den bei H. gegebenen Abbildungen
findet sich nicht der geringste Anhalt dafür; ein sehr
beklagenswerther Mangel.
Zu Niendorf am SCHALSEE erwähnt H. nur, daß das Gutshaus ein
stattlicher, 1844 ausgebauter Bau von 1762 sei. Er konnte
hinzufügen, daß die „ALTE BURG“ daselbst erst unter dem 1750
verstorbenen Hauptmann Gotthard von Höveln, damaligem Eigenthümer
des Gutes, abgebrochen war. In dem Streite zwischen dem
Sachsen-Herzog. und den Lützows 1391 ward auch „nygendorpe, ene gude
vesten“ eingenommen und durch Brand zerstört (Detmar, Chronik, her.
v. Grautoff I., 359); sie muß bald wieder aufgebaut sein.
Welchen Zweck die Erwähnung der „Palmschleuse“ (H., S.
141) hat, die
nichts Alterthümliches bietet, ist schwer einzusehen; ebenso,
welchen Nutzen es gewähren soll, wenn bei Groß-Pampau gesagt ist:
„Das Haus eines Hufners gilt für Eulenspiegel’s Geburtshaus“, dabei
aber nicht gesagt ist, WELCHEN Hufners Haus es sei. Die betreffende
Bauerstelle ließ sich wohl noch ermitteln; jedenfalls ließen sich
Literaturhinweise auf Kobbe III., 384 (nach dem das Haus noch
gezeigt ward), auf Schroeder II., 273 (der Zweifel äußert), und
andere geben.
Die nur durch ihre älteren Ausstattungsreste noch interressirende
Kirche zu Pötrau besitzt noch einige Altargeräthe des 17. und 18.
Jh., die L. K.-A. S. 96 erwähnt sind, und nicht verdient haben, von
H. unbeachtet zu sein.
Ratzeburg, „der alte Hauptort des Polabenlandes“ hat als „Stadt“ nur
sehr geringe Bedeutung für die Denkmalskunde des Lauenburgischen
Kreises. Um so interessanter sind die Nachrichten, welche H. über
das ehemalige Schloß und die Befestigungen zusammengestellt hat. Als
Ergänzung der darüber erwähnten Literatur mag hier ein Aufsatz über
„die alte Burg auf der Schloßwiese vor Ratzeburg“ noch genannt
werden, der
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in der Beilage zu Nr. 50 (Dec.
19.) und den
folgenden Nummern des „Ratzeburger Wochenblattes“ 1885 enthalten
ist. Ueber die Befestigung und Belagerung von 1689 verbreitet sich
ein Tagebuch eines Ratzeburgers jener Zeit, das in Biernatzky’s
Volksbuch f. d. Hrzgth. Schl.-H. u. L., Jg. 1848 veröffentlicht ist.
Die unter den Altargeräthen der Kirche aufgeführte achteckige Dose
mit plastischem Crucifix und gravirten Nebenfiguren möchte H., S.
150 in das Jahr 1642 setzen. Letzteres wäre nur dann möglich, wenn
die ebendort angegebene Goldschmiedemarke GDM neben dem Lübecker
Stempel nicht den Verfertiger bezeichnet, sondern gelegentlich einer
Wiederherstellung der Dose eingestempelt wäre. Die Marke ist nämlich
diejenige des lübeckischen Goldschmiedes Gottschalk Dannemann, der
1716 Bürger in Lübeck geworden, bereits 1735 verstorben war.
Vielleicht läßt eine erneuerte Prüfung jener Dose deren
Entstehungszeit mit den ebengenannten Jahreszahlen in
Uebereinstimmung erscheinen.
Das HL. GEISTSPITAL der Stadt Ratzeburg, welches nach Kobbe III.,
367 sehr alt und „in füheren Zeiten in einer abgelegenen Straße
belegen“ war, welche davon noch den Namen „Hospitalstraße“ führt,
darf wohl als identisch betrachtet werden mit dem Hospital in
„Raceborch“, welchem 1289 das Testament des Nicol. Vrowedhe in
Lübeck 2 Mark Pfennige vermachte. (Urk. B. d. Stadt Lübeck
I., S.
485.)
Die Kirche zu Sandesneben hat in der allerempfindlichsten Weise die
Bauwuth, oder richtiger die Zerstörungssucht kunstgeschichtlich
ungebildeter Baumeister erfahren müssen; fast nichts von der
ehemaligen Schönheit eines stattlichen gothischen Gotteshauses hat
vor den Augen jener Vandalen Gnade gefunden. Die geringen alten
Reste hat auch H. gewürdigt, wenn er auch der glasirten Steine und
einiger anderen, schon in L. K.-A. erwähnten Einzelheiten nicht
gedacht hat.
In der Inschrift des Kelches ist, wie gleichfalls schon L. K.-A., S.
91 betont ward, statt „pro omnibus“ irrig
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„pro onnibus“ geschrieben; dennoch steht bei
H.
wieder fälschlich „pro omnibus“, wohl nur ein Flüchtigkeitsfehler
beim Correcturlesen.
Die kleine Kapelle zu Schmielau, welches ehemals eine eigene Pfarre
war, giebt H. Anlaß zu der Annahme, „daß nur der Chor um
1230
gebaut sei, das sehr kleine Schiff aber nachträglich, als sich die
Verhältnisse schon geändert hatten“, d. h., als Ratzeburg in der St.
Peterskirche eine Kirchspielskirche erhalten hatte, zu welcher außer
dem Burgfeld Ratzeburg der Dermin vom Schmilauer Kirchspiel
abgenommen war. Letzteres geschah vor 1320. Ob in jene Zeit auch das
jetzige Schiff der Schmielauer Kapelle gehört, lasse ich
dahingestellt, doch mag es nicht unangebracht sein, darauf
hinzuwiesen, daß nach Schl.-H.-L. Zeitschrift XII.,
214 im Jahre
1479 Heinrich Pentzien in Lübeck drei Tonnen Kalk testamentarisch
bestimmte „TO SMYLOWE TO DEME BUWETE“, unter welchem Baue schwerlich
etwas anderes sich wird verstehen lassen, als ein damaliger Bau am
dortigen Gotteshause.
In L. K.-A., S. 17-20 war die eingehend begründete Vermuthung
aufgestellt, daß die Kirche zu Seedorf in ihrer ursprünglichen
Anlage, gleich der Kirche zu Krumesse, als deren Altersgenossin sie
überdies erscheint, eine symmetrisch zweischiffige Kirche gewesen
sein müsse. H. meint nun S. 163, daß der Grundriß der Seedorfer
Kirche, wenn man ihn mit Sterley vergleicht, es als unzweifelhaft
erscheinen lasse, daß sich über dem Westjoche ein breiter Thurm
erheben sollte, der jedoch nie zu Stande kam. Die MÖGLICHKEIT, daß
man über dem Westtheil zu Seedorf einen Thurm beabsichtigt habe,
läßt sich vielleicht zugeben, Wahrscheinlichkeit dafür ist nicht
vorhanden. Zwar sagt H., S. 170 von Sterley: „eigentlich sollte sich
der Thurm über dem 1. Joche erheben.“ Obgleich sich der Thurm auch
dort niemals über dem Westjoch erhoben hat, so wäre es doch möglich
gewesen, denn Sterley hat auch ein ursprüngliches Westportal. Keine
mit einer Thurmanlage von Ursprung her bedachte Kirche entbehrt des
letzteren. Nun hat die Kirche zu Seedorf aber bis 1872 niemals einen
Eingang
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auf der Westseite gehabt; schwerlich wird man also
als „unzweifelhaft“ annehmen können, daß dort „sich über dem
Westjoche ein breiter Thurm erheben sollte.“
Der in hohem Maße auffälligen Thatsache, daß in Seedorf das mittlere
(zweite) Joch (das Schiff der Kirche) mehr breit als lang ist,
gedenkt H., der für jenes Joch überhaupt gar keine Maße angiebt, mit
keinem Wort; man kann sie aber bei Nachmessen des in Abb. 155
gegebenen Grundrisses bestätigt finden. Die nicht minder wichtige
Thatsache, daß sich verschiedene Spuren einer von der jetzigen
Einwölbung jenes Joches völlig abweichend gestaltet gewesenen
ehemaligen Einwölbung noch erhalten haben, ist von H. mit den Worten
abgethan: „Im zweiten Joche ist das Gewölbe, über Resten des
ursprünglichen, jünger.“ Worin jene Reste des ursprünglichen
Gewölbes bestehen, welche Folgerungen sie nahe legen müssen, ferner,
daß solche Folgerungen in L. K.-A., S. 17 ff. gezogen sind – was
geht das H. an? Er schweigt sich darüber vornehm aus. In der
architektonischen Beschreibung der Seedorfer Kirche hat H. somit
nicht gerade das Beste geliefert. – In dem „Katalog der schl.-h.
Holzschnitzwerke und Intarsien im Thaulow-Museum zu Kiel, von
Heinrich Dose. Kiel 1884“ tragen die jetzt dort befindlichen Reste
des spätgothischen SCHNITZALTARS aus der Seedorfer Kirche die Nr.
1209, was zur leichteren Auffindbarkeit hier angemerkt sei.
Das Inventar des Pastors O. Prahl von 1877 führt als damals noch in
Seedorf vorhanden auf: ein silbernes Ciborium (Oblatenschachtel) von
1666, eine silberne vergoldete Patene, eine desgl. Weinkanne (beide
ohne Jahreszahl), ferner drei Kelche, nämlich einen aus getriebenem
Silber 15 cm hoch (wohl den H., S.
165 unter 2) als „frühgothisch,
hoch 016“ beschriebenen), dann den 1607 vergrößerten und erweiterten
gothischen Kelch (H., S. 165 unter
1), endlich den aus getriebenem
Silber, 1633 vom Propst H. v. Parkentin geschenkten Kelch. Weshalb
H. letzteren sowie die Oblatendose gar nicht erwähnt, ist
unerfindlich. Nicht minder, weshalb bei der kleinen Glocke „1872
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(aus Lübeck)“ nicht die im Inventar doch genannten
Namen der Gießer, Gebrüder Redder in Lübeck, mitgetheilt sind.
„Gepreßte MÖNCHSbände mit Beschlag, 1569-1624“ hat die bereits viel
früher protestantisch gewordene Seedorfer Kirche schwerlich
aufzuweisen; es sind aber immerhin beachtenswerthe gute Einbände
dort vorhanden.
Dadurch, daß bei Segrahn des alten „Wendenkirchhofs“ und der großen
Menge von Hünengräbern gedacht wird, ist H. seinem Prinzip, die
prähistorischen Denkmäler im Kreise Lauenburg nicht zu behandeln,
wie er auch in dem Werke über Schleswig-Holstein das Vorhistorische
ausschloß, untreu geworden; ein Grund hierfür ist nicht zu finden
und deshalb wird man über solche vereinzelte Abweichung von jenem an
sich beklagenswerthen Prinzip mehr verstimmt als erfreut sein.
Daß der südöstlich gelegene alte Burgplatz, die REHBURG „in Folge
einer Grenzänderung zum Schwerinischen gehört,“ läßt uns hoffen, daß
sie in dem von mecklenburgischer Seite in Angriff genommenen
Inventarwerke eine ausführliche Würdigung erfahren werde.
Wenn wir H., S. 168 vom 1722 erbauten Herrschaftshause zu
Steinhorst
erfahren, an der Treppe sei „sparsame Stuckzier im Regence-Stil“, so
wäre ein Hinweis auf das Wörterbuch zu den Bau- und Kunstdenkmälern
Schleswig-Holsteins (III. S. 208) sehr angebracht gewesen. Es wird
(selbst unter Fachleuten) nicht allzuviele geben, welch sich
jederzeit klar sind, was man unter jenem selten gebrauchten
Kunstausdruck verstehe und daß der „Régencestil“ „sich durch die
geistlose Liebhaberei an einem Ornament aus gleichbreiten, sich
durchkreuzenden Riemen und häufige Anwendung maiglöckchenartiger
Blüthen“ kennzeichne und in unserer Gegend von etwa 1720-1730
Modesache solle gewesen sein.
Vielfach besteht in Bezug auf Inschriftenlesung ein Zwiespalt
zwischen H. und L. K.-A.; er tritt auch hervor bei den Glocken der
Kirche zu Sterley. Freilich bieten diese der Lesung zuerst große
Schwierigkeiten, da die Buchstaben theils sehr verschmiert waren,
theils rückwärts zu lesen und manche überdies
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noch recht gleichartig sind; über die einzelnen
Buchstaben selbst aber kann, namentlich bei einer wiederholten
Prüfung und Besichtigung, wie sie mir mehrfach möglich war, gar kein
Zweifel sein. Weshalb H. bei der größeren Glocke (1) in der
Jahreszahl (m c vnde xxiiij) das c durch
l ersetzen und dann 1474
lesen will, anstatt der viel näher liegenden Annahme zu folgen, daß
nach dem m ein v ausgefallen, die Glocke mithin von
1524 zu datiren
sei, hat er nicht angegeben. Irrig ist es, wenn er auf dem Mantel in
einer Darstellung „Christus lehrend“ erkennen will, während doch
Johannes der Täufer mit dem Lamm dort zu finden ist, auf welchen
außer seiner Nennung in der Inschrift auch noch die Stellung dieses
Reliefs gerade unter den Inschriftworten „suntet“ (Johans)
hindeutet. Nach meiner Lesung lautet die Inschrift dieser Glocke
folgendermaßen (die Trennungen der Worte u.s.w. sind durch Punkte
hier angedeutet):
An . no . domini . m. c . vnde [H. unde] xxiiii. helpgot . vndet [H.
vnde] . mariaa . suntet . iohans . here . kopkinus . tonaghel . [H.
komaghes] . hermen . grotekop . hinrick [H. hinrik] iochim . wighe
[H. unghe] . hans . ratke.
Als Trennungszeichen sind abwechselnd Lilien, Rosetten, Sterne und
stilisirte Doppeladler verwendet.
Bei der zweiten Glocke, die von 1481 datirt, hat
H. offenbar an der
unrichtigen Stelle die Inschrift zu lesen begonnen; so wie diese bei
H., S. 171 abgedruckt ist, erscheint sie schwieriger als sie in der
That ist. Die Inschrift steht zwischen zwei Streifen und lautet aus
der verkehrt gestellten Buchstabenfolge in die gewöhnliche
übertragen nach meiner Lesung wie folgt:
anna [so für anno] domne [so für domini] m . cccc. lxxxi . ihesvs
van nasereit . rex ivdeiorvm . in de ere vser leven . frovven [H.
vrouven] vnde . santo iohans . nes. [H. des] bab [H. „van“, das aber
nach ihm auch „dad“ oder „bab“ gelesen werden kann] betistte .
loseke . (Die beiden letzten Worte bilden eine besondere Zeile.)
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Nimmt man mit H. „loseke“ für den Namen des
Pfarrers oder Gießers an, so bietet diese Glockeninschrift dem
Verständniß gar keine Schwierigkeiten dar, sondern zeigt nur die
Schriftunerfahrenheit des Meisters. Von der dritten, weil 1885
umgegossen, jetzt nicht mehr vorhanden alten Glocke konnte noch
L.
K.-A., S. 142 erwähnt werden, daß sie ein hohes Alter hatte und
außer einem viergetheilten Kreise eine Hausmarke, sicher ein
Gießerzeichen, trug. Die Gestalt derselben glich ziemlich einem
Zainhaken (Wolfsangel); eine Durchreibung desselben ist noch in
meinem Besitze. Die Marke hatte im Original eine Höhe von 45 mm; die
nicht regelmäßige Kreisfigur einen Durchmesser von fast 60 mm.
Die Glocke zu Talkau wird H., S. 172 als „nicht alt“ bezeichnet; sie
hängt in einem kleinen Giebelchen auf dem Kapellenfirst; soweit von
unten von der Straße aus sich erkennen ließ; trägt sie eine
Verzierung und eine Inschrift, von der ich nur „ANNO 17.. lesen
konnte, darnach gehört die Glocke dem vorigen Jahrhundert an.
Eine Kapelle in Thömen wird schon im 16. Jh. erwähnt und nach
Burmester, Beiträge S. 186, auch noch 1581, nicht
1681, wie H., S.
172 steht. Doch könnte bei Burmester ein Druckfehler sein.
Wohltorf (Wohltorpe), im Kirchspiel Hohenhorn, wird bei
H. nicht
genannt. Ein Hof derer von Lasbeke dortselbst begegnet schon 1309
und nach Maneke, S. 127 hat zu Woolddorf vor Zeiten „ein RAUBSCHLOSZ der von Scharfenberg gestanden, das von den Hamburgern mit Hülfe der
Grafen von Holstein 1344 oder 1349 zerstört worden ist.“ Detmar’s
Chronik erwähnt hiervon zu jenen Jahren freilich nichts.
Zecher war, was H. wohl hätte erwähnen sollen, eine der
1349 von den
Verbündeten zerstörten 9 „vesten“. Es erscheint vielleicht nicht
unmöglich, daß die an dem nördlichen Vorsprunge der Halbinsel
„Zechersche Werder“ im Schalsee befindliche merkwürdige
Steinanhäufung, die Teufelsbrücke genannt, welche der Sage nach der
Rest eines Dammes von
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Zecher nach Dargow sein soll (Schroeder II.,
618)
mit der 1349 zerstörten Burg im Zusammenhang steht.
Das Armenhaus zu Zecher, welches H. nach Kobbe 3,
324 im Jahre 1661
erbaut sein läßt, soll nach Linsen 432 vom Dechanten Diedr. Wilh. v.
Witzendorf erbaut sein, welcher zwar 1661 geboren ward, aber erst
1690 in den Besitz des Gutes Zecher kam.
In Betreff der KAPELLE zu Klein-Zecher konnte H. den von ihm
benutzten Quellen immerhin noch einige erwähnenswerthe Nachrichten
entnehmen. Darnach nahm 1519 der mit dem Bann belegte Herzog Magnus
„Geld und Kostbarkeiten aus der erbrochenen Kapelle zu Zecher“
(Kobbe 2 240) womit jedenfalls nur die Kapelle zu Klein Zecher
gemeint sein kann. Auf die „Capelle zu Klein-Zecher“ bezieht sich
auch eine in Jahrbb. IV., 146 und im Inventar über Seedorf erwähnte
Sage; daß die Kapelle, nach Einführung der Reformation eingegangen,
erst um 1750 ganz abgebrochen sei, bestätigt eine alte
Kirchenrechnung.
* * *
Im Vorstehenden ist an Nachträgen und Berichtigungen zu den Bau- und
Kunstdenkmälern im Kreise Lauenburg gezeigt, wo Lücken und Irrthümer
in dem Haupt und Weysser’schen Buche mir bemerklich geworden sind.
Ehe ich hiermit die Anzeige jenes Werkes schließe, will ich nicht
unterlassen, noch einmal zu bezeugen, daß das Buch einen bedeutenden
und in vieler Beziehung anerkennenswerthen Beitrag zur Kenntniß des
lauenburgischen Landes in kunstgeschichtlicher und
kunstarchäologischer Beziehung geliefert hat, wie denn außer den
schon bei der Kirche zu Lauenburg erwähnten namentlich auch die dem
Staatsarchive zu Schleswig entnommenen Nachrichten über alte, nicht
mehr bei den einzelnen Pfarren befindliche, ja fest ausnahmslos
überhaupt nicht mehr nachweisbare Kirchengeräthe vor 1557
von
höchstem Interesse sind, z. B. für Krumesse, Mölln, Ratzeburg
u.s.w., besonders auch der „Papagoy“ (offenbar eine eucharistische
Taube) in Hohenhorn und andere. Aber andererseits
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haften bei aller auf das Buch verwendeten Mühe
demselben Mängel an, welche bei einer auch die historische Seite
schärfer, als hier von mir geschehen, der Kritik unterwerfenden
Prüfung sich in nicht angenehmer Weise bei der Benutzung
entgegenstellen, wobei die klare Erkenntniß durch den schon früher
gerügten Uebelstand allzu allgemeiner Quellenhinweise erheblich
erschwert wird.
Mit Absicht habe ich möglichst die von H. gegebenen EINZELHEITEN auf
ihre Richtigkeit zu prüfen mich bemüht. Es hat das auch einen Grund
persönlicher Art. In seiner Vorrede (S. V. und VI.) bespricht
H.
auch das Verhältniß seines Buches zu meiner Arbeit über die
kirchliche Kunstarchäologie, und sagt, daß der Ursprung vieler
Nachrichten in beiden Bearbeitungen derselbe sei, nicht nur, indem
seine Angaben (wie übrigens auch die meinigen) „wo immer möglich“
auf Selbstbesichtigung beruhen, sondern auch insofern, also von
H.
mir s. Z. „ALL DAS ZUR VERFÜGUNG GESTELLT“ war, und auch für mein
Werk benutzt sei, was H. „in vorigen Jahren für die vorliegende
Arbeit bereits gesammelt und gearbeitet hatte. Dahin gehören auch
die amtlichen Inventare der Kirchen.“
Wie ich bereits L. K.-A., S. 4 „die mir ermöglichte Durchsicht und
Benutzung der Inventare“ als eine wesentliche Förderung meiner
Arbeit erwähnte – wobei ich den Namen desjenigen, welcher mir
dieselben zur Verfügung stellte, in seinem eigensten Interesse
glaubte nicht nennen zu sollen – so erkenne ich auch dankbar und
rückhaltslos an, daß von Herrn Prof. Haupt mir mit jenen Inventaren
„all das zur Verfügung gestellt war, was er „in vorigen Jahren für
die vorliegende Arbeit bereits gesammelt und gearbeitet hatte.“ Nur
Eines aber muß ich mir hierzu zu bemerken das Recht nehmen, nämlich
die positive Behauptung, daß „all das“, was jene Vorarbeiten des
Herrn Prof. Haupt damals für mich Brauchbares enthielten, auf einige
von ihm zu anderem Zwecke damals mir mitgetheilte Glockeninschriften
und auf einige Notizen über die Kirche zu Büchen und wenige ganz
unwesentliche Bemerkungen sich beschränkte. Die zeitraubenden
Arbeiten, welche der
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literarischen Materialsammlung zu einer
lauenburgischen Kunsttopograhie von mir gewidmet sind, und deren ein
Theil in meiner L. K.-A. Verwendung gefunden hat, lagen weit früher
als all das von H. mir zur Verfügung Gestellte, während die
Augenscheinnahme erst später und nach und nach sich vollziehen
konnte.
Gegen den durchschimmernden Vorwurf eines Plagiates oder des
Mißbrauchs Haupt’scher Vorarbeiten muß ich mich auf das
Allernachdrücklichste verwahren. Seine und meine Arbeit haben im
Wesentlichen die gleichen Quellen gehabt: die Literatur, die
Inventare, den Augenschein; H. benutzte überdies das Staatsarchiv zu
Schleswig. Wer aus diesen Quellen das richtigste Resultat für seine
Arbeit gezogen hat, darüber steht die Entscheidung bei Anderen.
Möchten nur Alle, denen die Denkmale des Lauenburgischen Kreises
werth und von Interesse sind, aus unseren beiden Arbeiten sowie aus
dem Widerstreit der Meinungen wahren Nutzen ziehen können. Im
Uebrigen wird dem einen wie dem andern Part die Erfahrung nicht
erspart bleiben, daß errare humanum est; aber ein Trost bleibt: -
Ut
desint vires, tamen est laudanda voluntas!
Dr. Th. Hach.
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