Beiträge zur Geschichte des Amts Steinhorst.
Von Amtsrichter E. Nissen in Steinhorst.
____________________
I. Aelteste Zeit.
Aeltere Mittheilungen, welche die Gegend des jetzigen Amts
Steinhorst betreffen, sind nur sehr spärlich vorhanden. Die erste
Nachricht finden wir bei dem Geographen Ptolemaeus, der im 2.
Jahrhundert vor Christi Geburt lebte und mittheilt, daß auf der
nördlichen Seite der Niederelbe und auf den vor der Elbe
befindlichen Inseln Sachsen gewohnt haben.
Zu Karls des Großen Zeit haben wendische oder slavische Völker
zwischen der Elbe und Ostsee ihren Wohnsitz gehabt.
In der Groß-Klinkrader und Schiphorster Feldmark sollen sich noch
Wendenkirchhöfe vorfinden und sind in Groß-Klinkrade vor Jahren
mehrere Urnen ausgegraben worden.
In Folge der Kriege Karl's gegen die Sachsen errichtete derselbe
um's Jahr 812 zum Schutze seines Landes einen Grenzwall, den limes
Saxoniae, welcher sich vermuthlich von der Elbe aus über Linau durch
das jetzige Amt Steinhorst und an dem Plöner See vorbei bis an
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die Ostsee hingezogen hat. 1169 sind, nach Helmoldt, wieder Sachsen
eingewandert.
Ob die Steinhorster Gegend zu Holstein oder Lauenburg gehört hat,
ist zweifelhaft 1), Dankwerth in seiner
Schleswig-Holsteinischen Landes-Chronik von 1652, Seite 247, ist der
Ansicht, daß dieselbe nicht zu Holstein gehört habe, wogegen
allerdings spricht, daß Steinhorst in den ältesten Lauenburgischen
Pfandverschreibungen 2) stets ein "Amt"
genannt wird, während im Lauenburgischen immer die Bezeichnung
"Vogtei" üblich war.
Die historischen Nachrichten aus den früheren Jahrhunderten lauten
nicht sehr zu Gunsten der Vorfahren, sie betreffen nur Räubereien,
welche besonders dadurch lohnend wurden, daß die Hamburg-Lübecker
Heerstraße über Siebenbäumen, Steinhorst, Stubben und Eichede ging.
Von den festen Burgen aus wurden die durchziehenden Kaufleute, wenn
sie ohne Bedeckung reisten, ausgeplündert.
Als vorhandene Burgen und Schlösser werden folgende genannt:
1. Das Schloß DUVENSEE; auf demselben wohnte eine Nebenlinie der
Familie von Ritzerow, welche außerdem noch Labenz, Lüchow und
Klinkrade 3) besaß. Im Jahre
____________________
1) Siehe Schleswig-Holsteinische Anzeigen von 1806.
2) Die betreffenden Verschreibungen
sind dem Titel nach abgedruckt in der Gegen-Information betreffend
die zwischen Sr. Königl. Majest. zu Dännemark als Hertzogen von
Holstein und Sr. Königl. Majest. von Großbritannien als Hertzogen
von Lauenburg über das Stormarische Amt und Hauß Steinhorst und die
durch ein Hannöversches Detachement auf Steinhorst überfallene
Königl. Dänische Dragoner, entstandene Streitigkeit; der
Chur-Braunschweigischen, überall ausgebreiteten, am Ende angefügten
Information vom 16. December 1738 entgegengesetzt. Mit Beylagen.
Gedruckt im Jahr 1739. § 7.
3) Nach dem Ratzeburger Zehntregister
von 1236 gehörte „Klinkroth“ zur Parochia Nusse. 1437 verkauft das
Ratzeburger Domcapitel Klinkrade für 900 Mark an Hartwig von
Krumesse auf Klempow (Vaterl. Archiv I. Seite 304).
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1394 verkauften die Gebrüder Hartwig, Bartold, Diederick, Hannecke
und Vollrad von Ritzerow das Gut Labenz und tho der Helle an den
Lübecker Bürger Vromold Wahrendorf 1);
Wahrendorf verkaufte es 1399 an Cord Breckewold in Lübeck unter
Vorbehalt des Wiedereinlösungsrechts derer von Ritzerow, welche es
1403 wieder einlösten 2); 1413 wohnten
auf Duvensee Johann und Vollrad von Ritzerow und 1442 Hans und Otto
von Ritzerow, welche in diesem Jahre an Hinrich Constin in Lübeck
das halbe Dorf Duvensee und den halben See für 500 Mark verpfändeten
3); 1443 verpfändet Bertha von Ritzerow
das Dorf Lüchow dem Lübecker Bürgermeister C. Breckwold.
4) 1458 verkaufen Wittwe Abel Schack
geb. v. Ritzerow und ihr Sohn Vollrad Scharpenberg
5) ihre auf den Gütern Lütken Klinkrade
und der Feldmark zu Groten Klinkrade ruhende jährliche Rente von 21
Mark Lübischer Pfennige an Heinrich von dem More zu Lübeck, 1462
verkaufen dieselben an den Lübecker Rathmann Hinrich von Hechteden
ihre auf dem halben Dorfe Duvensee ruhende jährliche Rente von 21
Mark für 300 Mark 6) und 1468
verpfändet die Wittwe Abel Schack für ein Darlehn von 300 Mark
7) die Hälfte von Duvensee an das
Kloster Marienwohlde; durch Verträge von 1471 mit den v.
Ritzerow'schen Töchtern [nämlich: Abel Schack, Adelheid Dargessen
und Becke von Buchwald] 8) und von 1476
mit Otto und Hartwig von
____________________
1) Ausführung des Rechts Jhro Königl.
Majestät von Groß-Britannien als Hertzogs zu Lauenburg an das Amt
Steinhorst von 1739. §§ 3 und 6.
2) Ausführung § 6.
3) Vaterl. Archiv I. Seite 397.
4) Ausführung § 7.
5) Ausführung § 3.
6) Ausführung § 3.
7) Vaterl. Archiv I. Seite 397.
8) Vaterl. Archiv I. Seite 304
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Ritzerow 1) kaufte Hertzog Johann IV.
den Hof zu Duvensee, das halbe Dorf Duvensee mit dem halben See,
sowie Lüchow, Labenz und das Wiedereinlösungsrecht von Klein- und
Groß-Klinkrade, welche an Lübeck verpfändet waren. Die andere Hälfte
von Duvensee gehörte zu Lübeck und wurde 1747 wieder an Lauenburg
abgetreten. Klein-Klinkrade wurde erst 1774 ein selbständiges Dorf.
Das Schloß Duvensee hat wahrscheinlich am Duvenseer Wall gestanden.
Daß es ein Raubnest gewesen, wird nicht erzählt.
2. Die Burg NANNENDORP, 2) nach einer
Urkunde vom 8. November 1259 3) östlich
von Sprenge und nördlich von Grönwohld belegen, vermuthlich dort, wo
sich ¼ Meile westlich von Franzdorf jetzt noch die Trümmer der
Steinburg befinden. 1291 wurde Nannendorp von den Lübeckern,
Wendischen Fürsten und Städten von Grund aus zerstört, doch wieder
aufgebaut. 4) Im Jahre 1344 wohnte
daselbst ein Ritter Morkard Wulf, welcher von hier aus große
Raubzüge unternahm, doch schon 1349 zwischen Pfingsten und Johanni
5) zerstörten die Lübecker, die Grafen
von Holstein und Herzog Ehrich von Lauenburg unter Anführung des
Hartwig von Ritzerow, Nannendorp. Bald darauf muß Nannendorp in den
Besitz der Burgherren von Scharpenberg in Linow übergegangen sein,
denn 1391 verkauften die Gebrüder von Scharpenberg das Dorf
Schönberg nebst ihrem Hof und Dorf Nannendorp an den Hamburger
Bürger Diedrich Cusvelt und dieser wieder
____________________
1) Ausführung §§ 7 und 9.
2) Lappenberg, Von den Schlössern der
Sachsen-Lauenburgischen Raubritter. Vaterländisches Archiv I. 140.
3) Hamburger Urkundenbuch Nr. 646.
4) Becker, Geschichte der Reichsstadt
Lübeck I. S. 230.
5) Becker, Geschichte der Reichsstadt
Lübeck I. S. 265.
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dasselbe für 540 Mark Hamburger Pfennige an Berend Pleskow in Lübeck
1).
Die Ueberreste dieser alten Raubburg sind noch jetzt sichtbar,
allerdings nur in geringem Maße, denn nur ein kleiner Theil des
Burgwalls und Grabens zeigt noch den Platz, wo die Burg gestanden;
darnach war dieselbe belegen auf dem äußersten Punkte einer nicht
unbedeutenden Höhe, welche nach drei Seiten hin, gegen Holstein,
ziemlich abfällt. Von hier aus hat man eine Aussicht weit über
Bargteheide hinaus. Wenn man bedenkt, daß unten im Grunde, eine
Viertelstunde entfernt, bei Eichede die Lübeck-Hamburger Landstraße
vorbeiführte, so war die Lage des Raubnestes sehr gut gewählt.
3. Die berüchtigtste aller Burgen war ohne Zweifel LINOW, denn von
hier aus wurde das Raubritterthum am stärksten betrieben. Bereits in
Folge des 1291 zwischen den Wendischen Fürsten und Städten und den
Herzögen zu Lauenburg zu Dutzow abgeschlossenen Landfriedens wurde
Linow durch die Lübecker geschleift. 2)
Im Jahre 1308 war die Burg bereits ebenso fürchterlich wie früher
3) und nach einer erfolglosen
Belagerung durch Graf Gerhard II. im Jahre 1312
4) erbauten, um die Scharpenberg's in
Linow im Zaum zu halten, die Grafen von Holstein 1342 das Schloß
Trittow 5); da auch dieses keinen
Erfolg hatte, kaufte Herzog Ehrich der Aeltere den Scharpenberg's
ihre Burg Linow im Jahre 1345 ab. 6)
____________________
1) Linsen, Statistisches Handbuch 337,
Lappenberg 140.
2) Sachau, Vaterländisch. Archiv III.
Seite 389, und Becker I. 229. Kranz, Vandalia VII. 41.
3) Becker I. 241.
4) Detmar, Lübecker Chronik z. J. 1312
5) Christiani, Geschichte der
Herzogthümer Schleswig und Holstein III. 181, Becker I. 256, welcher
das Jahr 1326 angiebt.
6) Becker I. 264; Chronicon
Lüneburgense in Leibnitii S. R. B. III. 219; Rudlof, Handbuch der
Mecklenburgischen Geschichte II. 287; Manecke, Geschichte des Amts
Neuhaus im neuen vaterländischen Archiv I. 135. v. Kobbe Seite 84.
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Die Scharpenberg's zogen in das Land Darzing (jetzt Neuhaus in
Hannover) und setzten dort die Räubereien fort, wurden indessen von
den vereinigten Sächsischen, Lauenburgischen und Mecklenburgischen
Fürsten 1346 vertrieben. Lüdecke von Scharpenberg und Heinz von
Brockdorf verbündeten sich, bemächtigten sich wieder der Burg Linow
und trieben Räubereien und nicht zu beschreibende Gewaltthätigkeiten
wie zuvor. In Folge dessen zogen Herzog Ehrich von Lauenburg, die
Grafen von Holstein und die Lübecker am 8. September 1349 vor Linow,
erstiegen es mit Gewalt nach 3 Wochen und ließen es durch 1500
Lübecksche Bürger in einen Steinhaufen verwandeln. Die Besatzung von
Linow entkam nach Mecklenburg und als die Stadt Lübeck sich bei dem
Herzog Albrecht I. beschwerte, daß er derselben Geleit ertheilt
habe, erwiderte er: er habe Leute nöthig, die er seinen Feinden
entgegenstellen könne 1). Damit
verschwindet das Raubnest aus der Geschichte, jedoch blieben die v.
Scharpenberg's ansässig in Linow, denn 1448 verpfändete
2) Vollrat von Scharpenberg, Sohn des
Lüdecke von Scharpenberg, den Hof thor Lünow, dat Dorp darsulvest
und dat Dorp tho Wentorp, nebst der Feldmark tho Eckenhorst dem
Herzog Bernhard für 2400 Mark auf 20 Jahre und 1471 verkaufte er
alles dieses dem Herzog Johann IV. erblich.
Linow hatte im Jahre 1320 3) eine
eigene Kirche.
Die heute noch vorhandenen Ruinen beweisen die Festigkeit der einst
so berüchtigten Linauer Burg. Auf einer künstlichen Erhöhung mit
weiter Fernsicht stand die
____________________
1) Becker I. 264 und 265; v. Kobbe
Geschichte des Herzogthums Lauenburg II. Seite 84; Detmar I. 259,
271.
2) Ausführung § 8.
3) v. Kobbe III. 292.
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eigentliche Burg, unmittelbar daran auf einem 4 Meter dicken
Fundament von Feldsteinen ein fester Thurm, dessen unterer Theil
noch größtentheils erhalten ist, oben scheint derselbe von
Backsteinen aufgeführt gewesen zu sein. Die ganze Burg war von einem
noch erhaltenen Graben umgeben, welcher sie von den gleichfalls mit
Gräben umgebenen noch sichtbaren 3 Außenwerken trennte. Ein im
Linauer Oberteich vorhandener runder Platz, jetzt noch Schloßberg
genannt, umgeben von Wall und Graben, hat sicher zum Schutz des
Ganzen beigetragen. 1) Von der Linauer
Burg soll ein unterirdischer Gang nach Sirksfelde geführt haben.
Außer alten Dachziegeln sind bis jetzt in Linau gefunden worden: ein
altes Ritterschwert, eine Lanzenspitze und eine eiserne Kelle, sowie
Theile alter Rüstungen; letztere sollen im Museum zu Kopenhagen
sein.
4. Nicht minder berüchtigt als Raubnest scheint STEINHORST gewesen
zu sein. Im Jahre 1315 schenken Siegfried und Vollrad von Borstele 3
Hufen in Steinhorst dem Bischof von Ratzeburg zu Tafelgut. 1349 ist
"die Steinhost" von dem Herzog Ehrich zu Lauenburg, in Verbindung
mit dem Grafen von Holstein und der Stadt Lübeck überwältigt und zu
Grunde gerichtet worden. 2) 1393 kommt
ein Ritter Gerd von Steinhorst 3) vor,
und am Charfreitage selbigen Jahres verkaufen Macke von Zyle und
dessen Vaterbruder und Vormund Gottschalk von Zyle, genannt von der
Steinhorst, ihr Gut die Steinburg, bei
____________________
1) In den Wällen im Linauer Oberteich
hatte der Sage nach der 1763 abgegangene reitende Förster König zu
Linau eine Erscheinung, indem er, in der Mittagsstunde von der Jagd
mit mehreren Begleitern heimkehrend, sowie auch diese auf dem
Schloßberge um eine Tafel viele Menschen in alter Tracht versammelt
deutlich erkannt, bis diese Erscheinung nach einiger Zeit wieder
verschwand.
2) Becker I. 265.
3) Deduct von dem Dominio und der
Advocatia Möllen. Urk. 32.
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Panthen belegen 1) und um 1291 erbaut
2), damals zur Kirche zu Nuß gehörend,
mit allen Zubehörungen, an Gewässern, Fischereien, Aeckern bebauet
und unbebauet, an Wiesen, an Weiden, an Holz, an Feldern, an Wegen
mit aller Nutzung, Frücht, mit allem Rechte, Hoch und niederen
Gerichte, an Hals und Hand, und mit allen Freyheiten, wie deren
Vorfahren sie genossen - dem Bischof Gerhard zu Ratzeburg für 450
Mark Lübscher Pfennige.*)
Die Urkunde wurde 1393 am Charfreitage auf dem Kirchhofe zu
Ratzeburg vollzogen und findet sich unter den solche besiegelnde
Zeugen auch Detlov Scharpenberg, ohne Zweifel einer der damaligen
Inhaber der alten Burg Linau 3). 1408
verkaufen Gottschalk, Wedege und Vollrat von Zylen an Herzog Ehrich
den Aeltern von Lauenburg: Hof, Mühle und Teich zum Groten
Steinhorst, Lütken Steinhorst, Zanzkeneve, Schiphorst, Stubben,
Rekenhagen und Schönenborn 4). Ueber
diesen Verkauf ist später zwischen Vollrat und Wedege von Zylen
einerseits und Herzog Bernhard andrerseits Streit entstanden, jedoch
ist der Verkauf durch Vergleich von 1449 bestätigt worden. Später
1466 gab Herzog Johann den Hof zu Steinhorst an Heseke von Buchwald
für 800 Mark als Leibzucht zu Lehen, und 1524 setzte Herzog Magnus
zu Lauenburg seinen Ministerialen
____________________
1) Vaterl. Archiv I. 138; Masch,
Geschichte des Bisthums Ratzeburg Seite 294; v. Kobbe II. 54.
2) v. Kobbe II. 23, 66.
*) Anmerkung der Redactionscommission. Diese Steinburg (Steenborg)
dürfte nicht in oder bei dem jetzigen Steinhorst zu suchen, sondern
mit der gleichnamigen Befestigung identisch sein, die bei Mölln der
Oberschleuse gegenüber gelegen hat und von der noch Ueberreste
vorhanden. Vergl. Manecke’s topogr.-histor. Beschreibung des
Herzogth. Lauenburg etc. S. 372 ff.
3) Schröder Papistisches Mecklenburg
Seite 1602 und v. Kobbe II. 66.
4) Ausführung § 4.
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Christoph von Lussow auf 10 Jahre zum Vogt zu Steinhorst ein.
1)
In Steinhorst scheinen nicht eine, sondern mehrere Burgen vorhanden
gewesen zu sein, wie schon die Bezeichnung Groten und Lütken
Steinhorst besagt. Genau läßt sich die Lage derselben nicht
bestimmen, doch ist es höchstwahrscheinlich, daß die eine dort
gestanden, wo sich jetzt das Amtsgerichtsgebäude befindet und die
andere im Garten der Domäne. Als im Jahre 1818 von der Domäne nach
dem jetzigen Gerichtsgebäude eine Röhrenleitung gelegt wurde, stieß
man in der Richtung von Norden nach Süden mehrere Fuß tief, vor dem
Amtshause auf den mit Felsen ausgesetzten Burggraben und auf die
Spuren eines verbrannten Hauses von beschränktem Raum, wobei
Dachziegel von alter Form, unter diesen verkohlte Sparren und Latten
und ein Fußboden, theils von Kalk und theils von Mauersteinen
gefunden wurden. 2) Im Garten der
Domäne war noch zu Anfang dieses Jahrhunderts der mit einem Graben
umgebene runde Burgplatz, auf dem vor Jahren noch viele
Fundamentsteine ausgebrochen sind, zu erkennen; zum Schutze diente
der 1824 noch sichtbare hohe Wall gegen den jetzt trocken gelegten
Ziegelteich. Hier hat vermuthlich die zweite Burg gestanden. Diese
Burgen haben an der Landstraße von Hamburg nach Lübeck gelegen, denn
in der Stuttkoppel ist noch ein gepflasterter Weg, dessen Zweck
sonst nicht ersichtlich ist. Auch in Sandesneben soll der Sage nach
eine Burg auf dem Hügel, wo jetzt die 1278 erbaute Kirche steht,
gestanden haben. Fundamente älterer Bauten sind noch bei
Gr.-Klinkrade vorhanden, und der "Wallteich" bei Stubben deutet
ebenfalls auf eine Burg hin.
____________________
1) Ausführung § 4.
2) Notiz des Amtsmanns Etatsrath
Schubert in Steinhorst vom Jahre 1824.
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II. Steinhorst zu Lauenburg gehörend bis 1575.
Das Amt Steinhorst ist nach und nach aus adligen Gütern und Dörfern
von den Herzögen zusammen gekauft und stand im 16. Jahrhundert unter
einem Vogt.
1345 kaufen Herzog Ehrich der Aeltere und Ehrich der Jüngere den von
Scharpenbergs die Burg Linau ab; 1)
1394 kauft Herzog Ehrich III. Siebenbäumen 2)
und das Gut Rondeshagen von Erhard von Parkenthin.
3) 1408 überließen Gottschalk, Wedege
und Vollrat von Zylen Steinhorst, Sandesneben, Schiphorst, Stubben,
Reckenhagen und Schöneborn an Herzog Ehrich IV.
4) 1471 gelangt von Vollrat v.
Scharpenberg Hof und Dorf Linow, Dorf Wentorf und die Feldmark zur
Eckenhorst an Herzog Johann IV. und erhält Letzterer durch Verträge
von 1471 und 1476 mit den von Ritzerow'schen Töchtern und Otto und
Hartwig Ritzerow den Besitz des Hofes Duvensee, des halben Dorfes
Duvensee mit dem halben See, sowie Labenz, Lüchow, Groß- und
Klein-Klinkrade. 5)
Durch Vergleich vom 4. Februar 1747 zwischen Georg II. von Hannover
und der freien Reichsstadt Lübeck kamen die halben Dörfer Duvensee
und Siebenbäumen wieder an Lauenburg. 6)
Im Jahre 1757 fiel der Hof zu Schönberg durch Kauf an Lauenburg und
vom 1. Mai 1775 ab wurde die "Vogtei Schönberg", bestehend aus den
____________________
1) Siehe Note 6, Seite 63
2) Bei Siebenbäumen wurden im Jahre
1358 die Grafen Heinrich und Niclas von Holstein, welche in einer
Fehde des Herzogs Ehrich II. von Lauenburg mit dem Herzog Albrecht
von Mecklenburg dem Letzteren zu Hülfe kommen, von den Lauenburgern
geschlagen und verloren an Gefangenen 70 Gewappnete. v. Kobbe II.
90.
3) Ausführung § 5.
4) Ausführung § 4.
5) Ausführung §§ 7 und 9.
6) Tit. I. No. 3 (Zeichen der Akten des
Amts Steinhorst).
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Dörfern Schönberg und Franzdorf, von Amt Schwarzenbeck abgetrennt
und dem Amte Steinhorst zugelegt. 1) In
Schönberg war ursprünglich ein adliger Hof, welchen 1554 Matthias
von Köhnen und 1646 die Familie von Göhren besaß, von 1574-1584 war
der Holstein’sche Kanzler Dr. Adam Tratziger von Franz II. mit
Schönberg belehnt. 2)
Die zum Amt gehörigen Dörfer Boden und Schürensöhlen werden nicht
erwähnt und sind wohl erst später entstanden, statt deren kommen
aber die Ortschaften Schönenborn und Rieckenhagen vor.
SCHÖNENBORN hat wahrscheinlich in der jetzigen Feldmark
Schürensöhlen gelegen und ist daselbst vor Jahren ein großer
Kirchenschlüssel gefunden worden. 1314 gehörte das Kirchspiel
Schönenborn zu Holstein und 1344 besaß im Dorfe Schönenborn das
Hamburgische Domcapitel 3) und 1345 der
Ritter Heinrich v. Wedel einige Rechte und nach dem Lübeck'schen
Zehntregister von 1427 waren zu Schönenborn eingepfarrt:
Rieckenhagen, Wulmenau, Westerau und Wendisch Tralau (Tralauerholz).
4) 1590 war es wüste Feldmark.
5)
RIECKENHAGEN hat wohl dort gelegen, wo jetzt das Dorf Boden sich
befindet, in der Gegend des zur dortigen Mühle gehörenden
Rieckenhagener Teiches, wo man beim Graben auf den angrenzenden
Koppeln Spuren alter Häuser trifft. Von der Feldmark Eckenhorst
fehlt jede Kunde, vielleicht hat sie in der Gegend von Linau und
Wentorf gelegen.
____________________
1) Tit. I. No. 4
2) Duve Seite 320.
3) Staphorst, Hamburg.
Kirchengeschichte I. Seite 506 No. 640.
4) Lünig, Specil. eccles. Tom. II.
5) Staatsbürgerl. Magazin IX. Seite 47.
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In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts 1)
scheinen Streitigkeiten wegen des Amts Steinhorst zwischen den
Herzögen von Holstein und Lauenburg entstanden zu sein, denn in
einer am 11. Februar 1553 unter denselben abgeschlossenen
Vereinbarung 2) ist von holsteinischen
"Zusprüchen uf der Steinhorst" die Rede, in Folge des am 18. März
1542 zu Rendsburg abgeschlossenen Vergleiches blieb Steinhorst
jedoch bei Lauenburg.
Der verschuldete Herzog Franz I. (der Aeltere) hatte von Friedrich
von Brockdorff 20000 Rthlr. angeliehen und verpfändete
3) diesem am 13. Januar 1568 zur
Sicherheit für diese Summe das Gut Steinhorst und die Dörfer
Klinkrade, Labenz, Lüchow, Sandesneben, Wentorf, Linow, Schiphorst,
Stubben, Siebenbäumen und Duvensee auf 5 Jahre. Trotzdem wurde am 7.
August 1568 des Prinzen Magnus, ältesten Sohnes des Herzogs Franz
I., Braut Sophia (Halbschwester des Königs Ehrich IV. von Schweden)
als Morgengabe das Amt Steinhorst verschrieben.
Da Friedrich von Brockdorff die Wälder in Steinhorst verwüstete und
die Eingesessenen schlecht behandelte, überfiel Prinz Franz II. (der
Jüngere) am 20. Juni 1569 Steinhorst und nahm Brockdorf gefangen,
4) mußte ihn jedoch auf Veranlassung
des Herzogs Adolf von Holstein wieder freilassen. Dieser gab auch
dem von Franz II. ernannten Vogt in Steinhorst, Barthold Lützow, am
21. Februar 1571 den Befehl, dem von Brockdorff Steinhorst wieder
einzuräumen, 5) jedoch ohne Erfolg. In
Folge dessen nahm von Brockdorff Haus und Amt Steinhorst gewaltsam
____________________
1) Duve, Seite 288 ff.
2) Gedruckt: Gegen-Information. Beilage
A; Ausführung § 27.
3) Ausführung § 10. Der Pfandbrief ist
gedruckt: Gegen-Information Beilage B. – Schleswig-Holsteinische
Anzeigen von 1806.
4) Ausführung § 10; Duve, Seite 294; v.
Kobbe II. Seite 285.
5) Ausführung § 10.
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ein. Der Herzog Franz I. stellte am 15. Mai 1571 dem Herzog Adolf
von Holstein einen Revers dahin uns, daß er das Amt als ein Pfand
des v. Brockdorff an sich lösen könne. 1)
Dieser Revers wurde vom Kaiser Maximilian am 12. September 1571 zu
Wien bestätigt. Friedrich von Brockdorff trat seine Forderung an
Franz I. am 1. Juni 1571 an Herzog Adolf von Holstein ab.
2) Versuche der Herzöge zu Lauenburg,
das Amt Steinhorst wieder einzulösen, blieben ohne Erfolg, da sowohl
Friedrich von Brockdorff, als Herzog Adolf von Holstein die
Auszahlung des Pfandschillings durch Nichterscheinen in den
Zahlungsterminen hinderten. 3)
Am 17. November 1571 4) trat Herzog
Franz I. in dem Lüneburger Vertrag die Regierung an seinen Sohn
Magnus ab und bestellte dieser 1572 Adam Penz zum "Hauptmann" zu
Steinhorst gegen die Verpflichtung Geld anzuschaffen, um die
Schulden zu zahlen; 5) Magnus begab
sich darauf nach Schweden, wurde jedoch auf der Rückreise von König
Friedrich II. von Dänemark gefangen genommen und erst am 2. October
1572 wieder in Freiheit gesetzt. Magnus bedurfte jetzt Geld und
erhielt solches vom Landmarschall Joachim von Bülow, sowie Joachim
von Schack und Ludolf von Parkenthin, welches sie von Detlef von
Buchwald auf Neversdorf und der Stadt Lübeck zum Betrage von 16000
Thlr. und 1000 Thlr. aufnahmen, wofür er ihnen das Amt Steinhorst
verpfändete.
In Folge dieser Verhältnisse verlangte Franz I. die Regierung wieder
zu übernehmen, welches er auch auf dem Landtage in Lauenburg
erreichte, nachdem sein Sohn Franz
____________________
1) Duve, Seite 296.
2) Gedruckt: Gegen-Information Beilage
C.
3) Ausführung § 11. Duve, Seite 298.
4) Duve, Seite 299.
5) Ausführung § 13.
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der Jüngere sich gewaltsam in den Besitz von Steinhorst gesetzt
hatte. Hierdurch veranlaßt, cedirten Joachim von Bülow, Joachim von
Schack und Ludolf von Parkenthin, da sie sich nicht anders zu helfen
wußten, ihre Pfandverschreibung am 20. Januar 1574 an Herzog Adolf
von Holstein. 1)
Bald darauf, nämlich am 3. März 1574 trat Franz der Jüngere das Amt
als ein Pfandgut, wie es Friedrich von Brockdorff besessen, an
Herzog Adolf von Holstein erblich und eigenthümlich ab.
2)
Auch Herzog Franz der Aeltere hatte Geld von dem Herzog Adolf
angeliehen und dafür Steinhorst verpfändet. 3)
Dieses genehmigte Franz der Jüngere nachträglich durch eine in
Trittau ausgestellte Urkunde vom 14. October 1574.
4)
Durch Verträge von Marienwohld und Ratzeburg vom 2. April
5) und 11. Mai 6)
1575 verkaufte dann Herzog Franz der Jüngere Haus und Amt Steinhorst
für die Summe von 16000 Rthlr. Pfandschillinge nebst 1000 Rthlr.
bezahlter Zinsen und 10000 Rthlr. baar an Herzog Adolf.
7)
III. Das Amt Steinhorst zu Holstein gehörend. 1575-1691
8)
Franz II. verheimlichte den Lauenburgischen Landständen den wirklich
geschehenen Verkauf und stellte die
____________________
1) Ausführung § 14.
2) Ausführung § 15; die Urkunde ist
gedruckt: Gegen-Information Beilage D.
3) Duve, Seite 312; Schleswig-Holst.
Anzeigen 1806. Der Pfandbrief ist gedruckt: Gegen-Information
Beilage F.
4) Gedruckt: Duve Seite 312.
5) Gedruckt: Gegen-Information Beilage
G.
6) Gedruckt: Gegen-Information Beilage
H.
7) Das Nähere siehe: Duve, Seite 314
ff.
8) Das Specielle siehe: Duve, Seite 321
und 348 ff.
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Sache so dar, als wenn Steinhorst nur dem Herzog Adolf verpfändet
wäre. Am 30. Juni 1590 erklärte Franz, daß ihm der Verkauf durch
Furcht abgezwungen sei.
Da Steuern aus Steinhorst für Lauenburg nicht eingingen, verweigerte
die Ritter- und Landschaft im Jahre 1595 eine fernere Besteuerung
bis die "verpfändeten Pertinenzien gebührend concurrirt haben".
Herzog Johann Adolf von Holstein verweigerte jedoch die Steuern,
weil seinem verstorbenen Vater das Amt Steinhorst von Herzog Franz
II. verkauft sei. Franz des II. Bruder Moriz wollte jetzt Steinhorst
als verpfändet von Herzog Johann Adolf von Holsten wieder einlösen
1); hierauf erwiderte Letzterer am 16.
Mai 1607 2), daß er von einer
Verpfändung Nichts wisse, da sein Vater das Amt Steinhorst von
Herzog Franz erb- und eigenthümlich erkauft habe.
Im Jahre 1649 lieferte Herzog August von Lauenburg alle Urkunden und
Acten hinsichtlich des Amts Steinhorst dem Herzog Friedrich von
Holstein ab 3), nachdem Herzog August
in einem mit Herzog Friedrich im Jahre 1648 abgeschlossenen Vertrage
auf die Regierung in Steinhorst verzichtet hatte.
August's Nachfolger, der Herzog Julius Heinrich, suchte durch eine
1662 bei dem Reichshofrath gegen Herzog Christian Albrecht von
Holstein eingereichte Klage Anerkennung der Landeshoheit über das
Amt Steinhorst zu erlangen 4).
Christian Albrecht hatte jedoch bereits das Amt Steinhorst am 20.
Mai 1661 an den Amtmann zu Trittau und Reinbeck, Friedrich von
Ahlefeldt zu Seestermühe und Schinkel für 307,666 Thlr. 32 ßl. in
Species
____________________
1) Das Schreiben ist auszugsweise
gedruckt: Gegen-Information Beilage I.
2) Gedruckt: Gegen-Information Beilage
K.
3) Ausführung § 21.
4) Ausführung § 23.
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verkauft unter Vorbehalt des Rückkaufsrechts auf 20 Jahre
1). Gegen diesen Verkauf protestirten
aber sowohl Herzog Julius Heinrich von Lauenburg als auch der König
Friedrich III. von Dänemark, durch ein Schreiben vom 3. September
1661, dieser als Vormund des Herzogs Hans (Johann) August von
Holstein Gottorf 2).
In Folge dieser Proteste stellte Friedrich v. Ahlefeldt die nach dem
Kaufcontract ihm obliegenden Zahlungen ein und gelangte auch nicht
in den Besitz von Steinhorst. Christian Albrecht legte nun, um den
von Fr. v. Ahlefeldt bereits empfangenen Theil des Kaufgeldes
zurückerstatten zu können, seinen Unterthanen in Steinhorst die
Zahlung von 20,000 Rthlr. auf und verkaufte aus den Steinhorster
Wäldern für 60,000 Rthlr. 3) Holz.
Gegen diese beabsichtigte Verwüstung der Forsten erhob Herzog Julius
Franz von Lauenburg Einspruch und ward dieserhalb gegen Christian
Albrecht im Jahre 1668 beim Reichshofrath klagbar (der Prozeß
schwebte jedoch noch als mit Julius Franz 1689 die Lauenburger
Herzogslinie ausstarb).
Christian Albrecht gerieth in Streitigkeiten mit Christian V. von
Dänemark und verglichen beide sich 1681 dahin, daß Christian
Albrecht innerhalb 6 Jahre 300,000 Rthlr. zahlen sollte. Die ersten
fälligen 50,000 Rthlr. hatte Christian V. seinem Bruder dem Prinzen
Georg abgetreten und Christian Albrecht diesem zur besonderen
Sicherheit die Aemter Steinhorst und Tremsbüttel verschreiben
müssen. Da aber Zahlung nicht erfolgte, nahm Dänemark das Amt
Steinhorst in Besitz, und erst durch den Altonaer Vertrag vom 20/30.
Juni 1689, welchen Prinz Georg am 9. Juli 1689 genehmigte, erhielt
Christian
____________________
1) Der Kaufbrief ist gedruckt:
Gegen-Information Beilage O.
2) Ausführung § 24. Gedruckt:
Gegen-Information Beilage P.
3) Ausführung § 25.
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Albrecht Steinhorst zurück, verkauft es aber schon 1691 an Magnus
von Wedderkop.
IV. Das Amt Steinhorst als reichsfreies adliges Gut
unter der Familie von Wedderkop 1691-1739.
Magnus v. Wedderkop wurde am 26. October 1637 zu Husum geboren,
besuchte das Gymnasium zu Lübeck und später die Universitäten
Helmstädt, Jena und Heidelberg, darauf machte er eine Reise durch
Frankreich und Italien und kehrte nach Heidelberg zurück, wo er zum
Professor jur. publ. et feud. bestellt wurde.
Im Jahre 1668 wurde er von dem Churfürsten Carl Ludwig von der Pfalz
in einigen Angelegenheiten an den Herzog Christian Albrecht zu
Holstein geschickt, bei dem er sich durch seine Gelehrsamkeit und
Klugheit solche Achtung erwarb, daß dieser ihn 1669 zum Professor
codicis auf die Universität Kiel berief. Bald nachher bekam er auch
beim Domcapitel in Lübeck ein Canonicat und wurde sowohl beim
Bischof zu Lübeck als auch bei den regierenden Herzögen zu Holstein:
Christian Albrecht, Friedrich IV. und Carl Friedrich, Rath, sowie
Curator der Universität Kiel, schleswig-holsteinischer
Rathspräsident, Amtmann in Tremsbüttel, und Herr in Steinhorst,
Tangstede, Meusling und Seegarten. 1683 wurde ihm sein Adel vom
Kaiser erneuert. Als holsteinischer Gesandter befand er sich 1677
bei dem Nymwegen'schen, 1688 und 1689 bei dem Altonaschen und 1700
bei dem Travendal'schen Friedensschluß, wo er große Geschicklichkeit
sehen ließ. Am 2. December 1691 verkaufte der Herzog Christian
Albrecht das Amt Steinhorst für 70,000 Rthlr. in Species an M. von
Wedderkop 1) mit Reservirung des
Vorkaufsrechts und des
____________________
1) Der Kaufbrief ist gedruckt:
Gegen-Information Beilage Q.
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Wiedereinlösungsrechts auf 10 Jahre, aber mit Begebung der
landesfürstlichen Hoheit und Obrigkeit, sowie Episcopalrechte, als
eigenthümliches, unmittelbar reichsfreies, adliges Gut.
1) Am 3. November 1697
2) einigten Herzog Friedrich und M. v.
Wedderkop sich dahin, daß Herzog Friedrich für sich und seine Erben
auf das Wiedereinlösungsrecht verzichten und M. v. Wedderkop noch
30,000 Rthlr. in Species zahlen sollte; am selbigen Tage
3) verzichtete Herzog Friedrich noch
auf das Wiedereinlösungsrecht, so daß ihm nur das Vorkaufsrecht
verblieb. 4)
Unter dem Herzog Friedrich IV. von Holstein hatten von Wedderkop und
dessen Schwager Pincier v. Königstein nur das Kriegswesen und die
auswärtigen Angelegenheiten zu besorgen, da Friedrich IV. die innere
Verwaltung und
____________________
1) Zum Amt Steinhorst gehörten damals:
Steinhorst, Linau, Sandesneben, Wentorf, Schiphorst, Lüchau, Labenz,
Klinkrade (Klein-Klinkrade wurde erst 1774 Dorf), Stubben,
Schürensöhlen, Boden, halb Duvensee und halb Siebenbäumen (die
anderen Hälften von Duvensee und von Siebenbäumen gehörten zu Lübeck
und kamen erst 1747 wieder an Lauenburg).
2) Abgedruckt: Gegen-Information
Beilage S; siehe auch Schleswig-Holsteinische Anzeigen, Jahrgang
1806.
3) Der Revers ist gedruckt:
Gegen-Information Beilage T.
4) In einer Convention zwischen
Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg und Herzog Friedrich zu
Schleswig-Holstein vom Jahre 1697 (Westphal mon. ined. Tom. 4 coll.
3433 sqq.) heißt es:
Und weil 2. von einigen auch auf die dem Fürstl. Hause Gottorp
angehörige beide Aemter Tremsbüttel und Steinhorst gewisse
Ansprüche, und zwar ohne einigen Grund, gemacht werden wollen: so
versprechen Se. Churfürstl. Durchlaucht zu Brandenburg, daß sie
wider solche Prätensionen mit dem Fürstl. Hause Holstein, dero Erben
und Nachkommen vor einem Mann stehen, und wenn Jhre Fürstl.
Durchlaucht zu Holstein, dero Erben oder Nachkommen über kurz oder
lang solcher beiden Aemter halber, wegen prätendirter Eviction oder
sonst unter einigen andern Prätext beunruhigt werden sollten, Ihnen
dawider wirkliche Assistenz leisten und sie bei der Possession und
dem Eigenthum solcher beiden Aemter kräftig erhalten wollen.
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die Einkünfte seines Antheils an dem Lande dem Gouverneur v.
Bergholz in Pacht übergab.
Als Friedrich IV. am 19. Juli 1702 in der Schlacht bei Klissow fiel,
folgte ihm sein 2jähriger Sohn Carl Friedrich unter Vormundschaft
seiner Mutter Hedwig Sophia und seines Onkels Christian August. Die
Regierung führte der geheime Rath, zu dessen Mitgliedern v.
Wedderkop und Georg Heinrich Freiherr v. Schlitz, genannt v. Görtz,
gehörten. 1) v. Görtz war ein Mann von
niedriger Gesinnung, schlau, ehr- und habsüchtig; er ging
leichtsinnig mit den Staatsmitteln um, während v. Wedderkop auf
Ordnung und Sparsamkeit hielt. Hierdurch entwickelte sich eine
Spannung unter beiden, welche bei v. Görtz in tödtlichen Haß
ausartete. Als v. Görtz schließlich nach dem Tode der Herzogin
Hedwig Sophie das Uebergewicht erlangte, begab v. Wedderkop sich zu
seiner Sicherheit nach Hamburg, ließ sich aber durch v. Görtz's
freundliche Vorspiegelungen nach Schloß Gottorf locken, wo er am 20.
December 1709 verhaftet, nach der Festung Tönning gebracht und seine
Güter eingezogen wurden. Während v. Wedderkop in Tönning saß, wurde
daselbst der schwedische General Steenbock von Russen, Sachsen und
Dänen am 13. Februar 1713 eingeschlossen, nachdem der herzogliche
Commandant von Tönning, Zacharias Wolf, dem Steenbock die Festung
geöffnet hatte. Während der Belagerung sandte v. Görtz dem
Commandanten Wolf den heimlichen Befehl zu, vor Uebergabe der
Festung von Wedderkop enthaupten zu lassen. Der König Friedrich IV.
von Dänemark erhielt jedoch Kunde hiervon, und ließ Wolf erklären,
daß er ihn für v. Wedderkop's Leben verantwortlich machte. Am 7.
Februar 1714 mußte Tönning in
____________________
1) Falk, Sammlung der wichtigsten
Abhandlungen aus den Schleswig-Holsteinischen Anzeigen, Band IV.,
Seite 326 und Falk, Sammlungen zur Kunde des Vaterlandes Band I.,
Seite 1 ff.
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Folge Mangels an Lebensmitteln sich ergeben und von Wedderkop wurde
wieder in Freiheit und seine ehemaligen Würden eingesetzt und durch
Acte vom 1. Juli 1719 1) verlieh der
Herzog von Holstein v. Wedderkop und seinen Erben als Ersatz für das
erlittene Unrecht das Amt Tremsbüttel zur Nutznießung auf 30 Jahre;
sein Gegner v. Görtz trat in die Dienste des Königs Karl XII. von
Schweden und wurde am 2. März 1719 enthauptet. Das Nähere siehe in
"des Freiherrn v. Görtz gewissenlose Haushaltung" abgedruckt in
Falks Sammlungen zur näheren Kunde des Vaterlandes. Bd. I. Seite 1.
Unter einem Bilde des v. Wedderkop befinden sich folgende gedruckte
Worte:
Illustrissimus et generosissimus dominus Magnus de Wedderkop dynasta
hereditarius in Steinhorst, Moisling, Tangstaedt et Seegarten
serenissimi Cimbrorum ducis regnantis primus status minister a
sanctioribus et intimis consiliis praeses nec non consiliarius
provincialis et gubernator Tremsbüttelensis Capituli Lubecensis
canonicus. Natus Anno MDCXXXVII die XXVI. Octobris denatus anno
MDCCXXI die XVI. Januarii.
Am 18. November 1717 cedirte M. v. Wedderkop sein Recht an
Steinhorst seinem ältesten Sohn Gottfried v. Wedderkop unter der
Bedingung, daß, so lange von ihm männliche Descendenten vorhanden,
er nicht berechtigt sein sollte, es entweder ganz oder zum Theil zu
verpfänden oder zu verkaufen, oder einige Schulden darauf zu machen,
sondern daß es, so wie er es empfangen, allezeit auf seines und
seines Bruders männliche Descendenten justa ordinem successionis
legitimae verfallen solle. 2)
____________________
1) Gedruckt: Gegen-Information, Beilage
R. Schleswig-Holstein. Anzeigen von 1806.
2) Schleswig-Holsteinische Anzeigen von
1806. Die Cessionsacte ist abgedruckt: Gegen-Information, Beilage Y.
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M. v. Wedderkop, welcher am 16. Januar 1721 in Hamburg starb, war
ein redlicher, leutseliger und erfahrener Mann, dessen Sparsamkeit
fast an Geiz grenzte. Von letzterer Eigenschaft war sehr wenig auf
seine Söhne übergegangen, denn dieselben werden als sehr
verschwenderisch geschildert. Gottfried v. Wedderkop baute in den
Jahren 1721 und 1722 das jetzige Amtshaus in Steinhorst, ein für
damalige Verhältnisse gewiß sehr großartiges Gebäude, 34 Meter lang
und 14 Meter breit, 2 Stockwerk hoch, mit großem Mansardendache. Das
ganze Gebäude ruht auf eichenen Pfählen und hat das Fundament eine
Dicke von 1 ½ Meter. Das Schloß war ringsum von einem 18 Meter
breiten Graben umgeben, über welchen 2 Zugbrücken führten. Ueber der
Gartenthür befinden sich folgende in Stein gehauene Worte:
Hoc saxae sedis domicilium binas inter S. R. imperii civitates
liberas medium Gothofredus a Wedderkop dominus haereditarius in
Steinhorst extrui curavit ao. r. MDCCXXII. Schon bei Lebzeiten des
M. v. Wedderkop übertrugen dessen Söhne am 25. Febr. 1719 dem König
von Dänemark aus Dankbarkeit für den ihrer Familie gewordenen Schutz
das Anfallsrecht in Steinhorst nach Abgang des Mannesstammes. Als im
Jahre 1736 1) die Untergehörigen von
Steinhorst sich gegen die Gutsherrschaft auflehnten, erhielt
dieselbe auf Bitten Hülfe vom König von Dänemark. Da jedoch
Gottfried v. Wedderkop eine Menge Schulden contrahirt hatte, wurde
zum Zweck der Regulirung derselben von dänischer Seite eine
Commission niedergesetzt, um die eigenen Rechte zu sichern. Trotzdem
unterhandelte Gottfried v. Wedderkop im Jahre 1737 mit dem
Churfürsten von Braunschweig-Lüneburg (König Georg II. von England)
wegen Ueberlassung von Steinhorst,
____________________
1) Schleswig-Holst. Anzeigen von 1806.
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und der Herzog Carl Friedrich von Holstein übertrug am 13. Juni 1738
1) sein Vorkaufsrecht an Georg II. für
53,000 Rthlr. In Folge dessen ließ der König von Dänemark das Schloß
in Steinhorst durch 26 Mann dänischer Reiter am 24. November unter
dem Capitän Christian besetzen um seine Rechte zu wahren und den
Gottfried v. Wedderkop zu arretiren. Dieser hatte sich jedoch
rechtzeitig entfernt. Nachdem das dänische Commando einige Zeit auf
Steinhorst gewesen, bemerkte der Gärtner 2),
welcher Gemüse aus dem Garten holen wollte, ungefähr 300 Mann
hannoversche Truppen auf dem Damm am hohlen Moor. Er machte sofort
von seiner Wahrnehmung Mittheilung und es wurden auf Steinhorst
Anstalten zur Vertheidigung getroffen, die Zugbrücken aufgezogen und
um Succurs nach Oldesloe geschickt. Bei der Ankunft der Hannoveraner
vor Steinhorst rückten die Dänen auf den Platz vor dem Hause. Die
Hannoveraner rissen jedoch die vordere Zugbrücke mit Feuerhaken, die
sie aus Sandesneben mitgebracht, nieder. Jetzt ging der hannoversche
Oberst v. Maydell 3) in Begleitung
eines Majors und eines Lieutenants über die Brücke nach dem inneren
Hof und suchte den Capitän Christian zur Capitulation zu bereden.
Christian wies mit den Worten "für meinen König lasse ich mein
Leben" alle Anträge zurück und zeigte auch seine
____________________
1) Der Vergleich ist auszugsweise
abgedruckt in der Chur-Braunschweigischen Information, d. d.
Hannover, den 16. December 1738. Linsen, Gesetz-Sammlung Bd. III. a
Nr. 117.
2) Nachstehendes beruht auf einer
Aussage des am 17. Januar 1828 im Alter von 96 Jahren und 2 Monaten
verstorbenen Altentheilers Dühren zu Schiphorst, dem diese
Nachrichten von seinem Vater mitgetheilt, welcher über 70 Jahr alt
geworden, 1730 geheirathet und den alten Geheimen Rath v. Wedderkop
gut gekannt hat. Siehe auch Ausführung § 58.
3) Heißt in gedruckten Werken „von
Maider“ und „Möhder“. (Ausführung § 58).
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Ordre vor, daß er sich nicht ergeben solle. Hierdurch entstand
Streit und wurde Christian, nachdem er vorher den hannoverschen
Lieutenant verwundet, mit dem Degen niedergestoßen, rief jedoch, auf
der Erde liegend, seinen Leuten noch zu, sich zu vertheidigen.
Hierauf wurde die Schildwache an der Brücke aufgefordert sich zu
ergeben, dieselbe erwiderte, "ich trete nicht von meinem Posten",
feuerte ihr Gewehr auf die Hannoveraner ab und wurde gleich darauf
niedergeschossen. Die Dänen zogen sich in das Haus zurück, und
schossen so lange aus den Fenstern (von 10 Uhr Morgens an) bis ihnen
die Munition ausging. Die Hannoveraner hatten Kanonen, sog.
Feldschlangen, bei sich, wie dies die jetzt noch vorhandenen Spuren
an dem Hause zeigen (eine Kugel hat den über der Hausthür im v.
Wedderkop'schen Wappen befindlichen Löwen am rechten Vorderfuß
getroffen). Als die Dänen sich verschossen hatten, öffnete der sie
befehlende Wachtmeister die Hausthür, warf seinen Pallasch hinaus
und damit war Friede. Die Dänen hatten außer dem Capitän Christian
nur den auf dem Posten erschossenen Reiter verloren. Der Verlust der
Hannoveraner soll, nach der für die Todten gegrabenen Grube,
ansehnlich gewesen sein; der verwundete hannoversche Lieutenant
wurde zu Pferde nach Ratzeburg gebracht und das dänische Commando
rückte Nachmittags mit seinen Pferden, Waffen und den beiden Todten
ab.
Der aus Oldesloe erwartete Succurs, etwa 150 Mann stark, traf
Nachmittags in der Gegend von Boden ein, kehrte jedoch, als der
dortige Holzvogt Peters ihnen die Lage der Sache gemeldet, wieder
um. Abends rückte der Brigadier Suberon mit 700 Mann, von Lüneburg
kommend, in Schiphorst ein, weitere Truppen folgten und alle Dörfer
wurden besetzt. In Sandesneben hatte der General Sommerfeld sein
Quartier. Am hohlen Moor steckten die Hannoveraner für den Fall
eines Angriffes
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vorläufig ein Lager ab. Kurz vor Ostern rückten erst die
Hannoveraner wieder ab.
Der Bericht des Capitän Borns über die Einnahme von Steinhorst
lautet folgendermaßen: (Das Manuscript befindet sich auf der Kieler
Universitätsbibliothek.)
Extract
des Herrn Capitain Borns an des Herrn Generallieutenant von Guold
Excell. ergangenen Berichts de dato Oldeslohe, den 15. Dec. h. a.
Ein wenig nach 9 Uhr Morgens als den 14. d. habe der commandirende
Wachtmeister einen Trupp Infanterie in rother Mundirung erblickt und
da er den Capitain davon rapport gegeben, habe dieser sich mit ihm
vom Zimmer an der aufgezogenen Brücke begeben, auch gleich
wahrgenommen, daß der ankommende Haufe hannoversche Truppen wären.
Er, der Capitain, habe seine Leute sogleich in Ordnung gebracht,
einen Unteroffizier mit 10 Mann an der hintern Brücke gesetzt, er
selbst aber sei mit dem Ueberrest an der vordern Brücke geblieben.
Worauf er nach gemachter dieser disposition ihm den Wachtmeister
befohlen, den Ankommenden entgegenzugehen und zu fragen, wer sie
wären und wohin sie wollten. Der commandirende Obrister Möder hatte
ihm in Antwort erwidert, sie wären von Ihrer Majestät
Großbrittannien Truppen und beordnet von Steinhorst possession zu
nehmen. Sie kämen als Freunde, und verlangten den commandirenden
Chef zu sprechen, welches er dem Capitän Christian referiret, und
der auch mit Zuziehung seiner des Wachtmeisters über ein Brett,
welches an der Seite der aufgezogenen Brücke überschoben gewesen,
dem Obristen Möder entgegengegangen; besagter dieser Obrist hatte
dem Kapitain Christian dasjenige wiederholt, welches er dem
Wachtmeister bereits selbsten in Antwort empfangen, jedoch mit
fernerem Zufügen,
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daß der Herr Obrister eine schriftliche Ordre von seinem Könige
hervorgezogen, und dem Capitain Christian vorgelesen, hiernächst
angezeigt, daß er nach Einhalt solcher die possession nehmen müsse,
daher der Capitain Christian sich bequemen werde, die Zugbrücke
öffnen zu lassen und in der Güte abzuziehen. Der Capitain hatte dem
erwidert, daß er dazu keine Ordre habe, vielmehr gesonnen wäre, sich
bei seiner Possession zu mainteniren, er müsse erwarten, ob sie
Gewalt brauchen würden. -
Der Capitain sei hierauf mit ihm auf dem Schlosse zurückgegangen,
habe einen Corporal mit der Königl. Ordre sowohl an den Herrn
Capitain de Ahlefeldt als auch an mir abgesandt, das Brett an sich
gezogen, seine Leute nach gemachter disposition postiret, und 2 Mann
mit Haken an die Brücke gestellt, um der gegenseitigen ihre damit
herabzustoßen. Gleich hierauf wären die Hannoveraner angerückt, ihre
großen Haken an die Zugbrücke angeworfen, mittelst der vielen daran
hangenden Seilen durch die viele Mannschaft selbige niedergerissen,
und mit hellen Haufen mit Gewehr hoch zum Schlosse eingedrungen. -
Der Capitain Christian hätte, nachdem er das Feuergeben ernstlich
verboten, dieser Gewalt mittelst aufgesteckter Bajonette wahren
wollen, allein der andrängende Haufe wäre ihm sowohl übermächtig
gewesen, als auch daß sie heftig mit Espondons und kurz-Gewehren
auch mit Flintenkolben stets geschlagen und gestoßen, und nachdem
Capitain Christian mit dem Degen gestoßen worden, habe er endlich
gerufen und befohlen, Feuer zu geben, welcher Ordre die Dragoner
gelebet und, so geschwind sie fertig werden können, gefeuert,
wodurch denn der Adjutant mit 6 Gemeinen todt geschossen, ein
Lieutenant aber mit 12 Mann blessiret worden. -
Wohingegen unserer Seiten, wie ich eben die Ehre gehabt Ew.
Excellenz unterthänig zu melden, der Capitain
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Christian nebst 1 Dragoner todt geblieben, 2 Dragoner aber
beschädigt worden. -
Alles dieses ist nun auf der Brücke vor dem Schlosse geschehen, und
haben unsere Dragoner nicht einmal den blessirten Capitain wegen
gewaltiger Nachdrängung der Hannoveraner mit sich schleppen können,
sondern haben denselben unter den Füßen auf der Brücke liegen lassen
müssen, bis das ganze Schloß occupiret, die Dragoner disarmiret und
als Gefangene in ein Zimmer getrieben worden, wonächst er, der
Capitän, erst aufgehoben, und endlich gegen 12 Uhr verschieden. -
Wie groß die Anzahl der hannover'schen Truppen in dem Steinhorst
sind, kann nicht positiv determiniren, soviel aber die zuverlässigen
Nachrichten ergeben, so ist das attaquirende Corps 5 bis 600 Mann
stark gewesen, und zu diesen sind des Wachtmeisters Angabe nach
während seiner determinirung 6 Compagnien Infanterie gestoßen, denen
noch ein Oberstlieutenant mit Kavallerie diesen Abend folget.
____________________
Dieser Vorfall hätte beinahe ernstliche Verwickelungen zur Folge
gehabt, indeß schlossen Dänemark und der Churfürst von Hannover
einen Vergleich vom 5. März 1739 dahin 1),
daß, falls eine gütliche Vereinbarung darüber nicht würde
stattfinden können, alsdann diese Sache zu einer compromissarischen
oder richterlichen Entscheidung heimgegeben werden solle, nachdem
vorher bemerkt worden, daß der gewaltsame Vorgang auf Steinhorst nur
aus Mißverstand und zufälligen Umständen wider die beiderseitigen
Neigungen geschehen sei.
____________________
1) Büschings Magazin für die neue
Historie und Geographie, Theil 8 Seite 273 ff.
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V. Steinhorst zu Hannover gehörend 1739-1814.
Am 8. December 1738 erschien das Patent 1)
des Königs und Churfürsten Georg II. wegen Wiedervereinigung des
Amts Steinhorst mit dem Herzogthum Lauenburg, am 5. März 1739 wurde
alsdann das Amt an Georg II. gegen 70,000 Gulden abgetreten und am
4. August in Besitz genommen, indem Gottfried v. Wedderkop in Folge
des am 12. December 1737 abgeschlossenen Vertrages seinen Rechten
entsagte.
Durch Vergleich vom 4. Februar 1747 zwischen Georg II. und der
freien Reichsstadt Lübeck wurden halb Siebenbäumen und halb Duvensee
von Lübeck abgetreten und mit dem Amte Steinhorst vereinigt
2) und vom 1. Mai 1775
3) an wurde die Vogtei Schönberg,
bestehend aus den bis 1814 vereinigten beiden Dörfern Schönberg und
Franzdorf, vom Amt Schwarzenbek, zu welchem sie bisher gehört,
abgetrennt und nach Steinhorst verlegt. Seit dieser Zeit hat das Amt
Steinhorst keine Veränderung erlitten und ist von den Verwickelungen
in Deutschland verschont geblieben, bis dasselbe in Folge der
französischen Revolution unter der Einquartierung der französischen
Truppen und deren Requisitionen stark zu leiden hatte. Nach Erlaß
des Patents des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen vom 27.
Januar 1806, 4) wurden die deutschen
Staaten des Churhauses Braunschweig-Lüneburg von preußischen Truppen
besetzt und in Administration genommen, dann aber in Folge einer mit
Napoleon abgeschlossenen Convention durch Patent vom 1. April 1806
in Preußen kraft
____________________
1) Linsen’sche Gesetzsammlung Band IIIa
Nr. 117.
2) Tit. I Nr. 3.
3) Tit. I Nr. 4.
4) Tit. I Nr. 5.
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Eroberungsrechts einverleibt und am 4. Mai 1806 erfolgte durch den
Kammergerichtsrath Sack, Namens Preußens, die Besitzergreifung des
Amts Steinhorst. Dieser Zustand dauerte jedoch nicht lange, denn
bereits im Sommer 1806 1) erfolgte durch den König von Schweden
Besitznahme des Herzogthums Sachsen-Lauenburg Namens des Churfürsten
von Braunschweig-Lüneburg und wurde die frühere Verfassung in
Lauenburg völlig wieder hergestellt.
Am 11. März 1810 wurden die hannoverschen Staaten dem 1807
gegründeten Königreich Westphalen einverleibt, jedoch ohne das
Herzogthum Lauenburg, welches bis auf Weiteres dem Kaiser Napoleon
reservirt wurde, nachdem es von demselben am 21. December 1808 in
Besitz genommen. Lauenburg wurde seit März 1810 von einer speciellen
Gouvernements-Commission zu Lauenburg verwaltet.
Ende 1810 wurde der Canton Steinhorst eingerichtet, er umfaßte
folgende 5 Mairien 1):
1. KASTORF (Rothenhausen, Schenkenberg, Grinau, Kastorf, Bliestorf,
Klein-Klinkrade
und Siebenbäumen).
2. STEINHORST (Steinhorst, Schürensöhlen, Boden, Labenz, Stubben,
Schiphorst).
3. LINLAU (Kühsen, Poggensee, Nusse, Koberg, Ritzerau, Bergrade,
Linau).
4. SCHÖNBERG (Schönberg, Lüchow, Wentorf, Sirksfelde, Sandesneben,
Franzdorf).
5. RONDESHAGEN (Rondeshagen, Sirksrade, Düchelsdorf, Göldenitz, Gr.
Klinkrade, Duvensee, Niendorf).
Für jede Mairie wurden 1 Maire, 1 Adjoint und 10
Municipalitäts-Mitglieder bestellt.
Der Canton Steinhorst stand zunächst unter dem provisorischen
Unterpräfect des Arrondissements Lüneburg
____________________
1) Tit. I Nr. 6.
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und seit Ende 1811 unter dem Unterpräfect des Arrondissements
Lüneburg, welches zum Departement der Elbmündungen gehörte.
Nach dem unglücklichen Feldzuge Napoleons gegen Rußland im Jahre
1812 brach am 24. Februar 1813 in Hamburg ein Volksaufstand gegen
die Franzosen aus und verließen in Folge dessen die französischen
Truppen am 27. Februar das Amt Steinhorst, 1)
nachdem sie auch aus Lübeck vertrieben waren.
Mitte März übernahm die Churfürstlich Braunschw.-Lüneburgische
Regierung zu Ratzeburg im Auftrage des russischen Generals von
Tettenborn, welcher am 18. März seinen Einzug in Hamburg hielt,
wieder die Verwaltung des Landes. Von Hamburg aus erließ Tettenborn
am 19. März folgenden Aufruf an die Lauenburger:
Bewohner des Herzogthums! Der Jubel, womit ihr die Russischen
Truppen in eure Mitte aufgenommen habt, und die Bereitwilligkeit,
womit sich schon einige Gemeinden unter euch bewaffnet haben, um die
Feinde abzuwehren, bürgen meinem erhabenen Monarchen für die
Richtigkeit eurer Gesinnungen und für euren kräftigen Willen, daß
das Werk der Rettung Deutschlands nicht ohne euch vollbracht werde.
Doch ihr Lauenburger, eure Anstrengungen müssen allgemein sein und
mit Weisheit geleitet werden, um Nutzen zu bringen. Auf denn also zu
den Waffen jeder, der sich wehrhaft fühlt, wie eure Brüder im Osten
und Norden euch bereits das Beispiel geben, und Gut und Blut in die
Freiheit gesetzt. Ihr werdet Anführer erhalten, die euch unter euren
eigenen Fahnen zu Sieg und Ruhm führen werden.
Am 1. September 1813 wurde die hiesige Gegend wieder von den
französischen Truppen besetzt, am 30. November
____________________
1) Tit. I Nr. 7.
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rückte das letzte Detachement vom 111. Infanterie-Regiment, unter
Commando des Lieutenants Pesaro, nach Bergedorf und am 2. Decbr. zog
ein Detachement Dänen von 120 Mann mit etwas Kavallerie in
Steinhorst ein und besetzte den Redder nach Labenz, wo das 1.
Husaren-Regiment der Russisch-Deutschen Legion, von Sandesneben
kommend, die Dänen angriff, in Folge dessen sich die Dänen nach
Boden zurückzogen und die Husaren die Dörfer des Amts Steinhorst
besetzten. Am 4. December zogen sich, auf die Morgens eingehende
Nachricht, daß die Dänen über Mühlenbroock mit Infanterie
vorrückten, die Husaren gegen Labenz zurück. Die dänischen
Scharfschützen besetzten Steinhorst. Mittags entwickelte sich ein
Vorpostengefecht in dem Redder nach Labenz und bald darauf zogen
sich die Dänen zurück vor der anrückenden Infanterie der Alliirten
vom Dörnberg'schen Korps, bestehend aus dem Lüneburgischen,
Dessau'schen, Bremen'schen Bataillon und einem Bataillon der
russisch-deutschen Legion, die sämmtlich im Sturmschritt vordrangen,
unter fortwährendem Feuern, so daß viele Häuser in Steinhorst von
den Kugeln getroffen wurden. Nachmittags kam es bei Boden zum
scharfen Gefechte, bis schließlich die Dänen sich zurückziehen
mußten. Die im Hause des Käthners Möller zu Boden gefundenen durch
das Dach geschlagenen Flintenkugeln sollen 28 Pfund Blei gewogen
haben. Von den bei Boden verwundeten Alliirten, unter denen sich der
Major von Burgsdorff vom Bremen'schen Bataillon befand, wurden 40-50
Mann nach Steinhorst transportirt, 6-7 Mann starben und wurden im
Garten des Hausvogts (jetzt Steuerempfängers) beerdigt.
Am 6. December rückten die Husaren der russisch-deutschen Legion und
das am 4. December eingerückte Englische 3. Husaren-Regiment aus
Steinhorst ab.
Durch dieses Gefecht hatte die französische Herrschaft im Amt
Steinhorst ihr Ende erreicht, die Folgen blieben
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aber noch lange fühlbar, denn für die feindlichen Armeen in der
letzten Zeit gelieferte Quantitäten an Fourage, Lebensmitteln u. s.
w. beliefen sich für das Amt Steinhorst auf wöchentlich über 16,000
Thlr. Durch die Requisitionen an Korn waren die Kornvorräthe in
einzelnen Dörfern so vermindert, daß dieselben das zu liefernde Korn
in den Holsteinischen Gegenden kaufen mußten. Der Bestand an
Hornvieh war in einzelnen Orten bis auf 1/3 und ¼ vermindert. Auf
Steinhorst und Mühlenbrook waren von 250 Holländerkühen nur 38
geblieben. In manchen Dörfern war kein Pferd mehr vorhanden.
Am 18. December wurde die frühere Verfassung wieder hergestellt und
trat die Lauenburgische Regierung wieder in Activität. Gleich darauf
wurde der Herzog von Cambridge zum General-Militär-Gouverneur der
hannoverschen Lande ernannt 1).
VI. Steinhorst ein Theil der dänischen Monarchie 1814-1864.
Durch den am 14. Januar 1814 zu Kiel abgeschlossenen Frieden wurde
Schwedisch-Pommern nebst Rügen an Dänemark abgetreten, von diesem
jedoch nicht in Besitz genommen, sondern durch Verträge mit Preußen
und Hannover vom 29. Mai und 23. September 1815 an Preußen
abgetreten 2), wofür das jetzige
Herzogthum Lauenburg an Dänemark fiel und nachdem der Prinz-Regent
von Hannover am 16. Juli 1816 ein Patent wegen Uebergabe Lauenburgs
erlassen, am 27. Juli 1816 an Dänemark übergeben. Am 2. October
erfolgte die Erbhuldigung; die Schleswig-Holsteinische Kanzelei
wurde am 2. August in die Benennung Königl.
Schleswig-Holstein-Lauenburgische Kanzelei umgeändert.
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1) Tit. I Nr. 7.
2) Tit. I Nr. 8.
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Am 15. August 1817 kam König Friedrich VI. nebst Gemahlin und den
Prinzessinnen Caroline und Wilhelmine auf der Reise von Oldesloe
nach Ratzeburg durch das Amt Steinhorst 1),
hielt sich aber nur eine kurze Zeit (zum Frühstück) im Amtshaus zu
Steinhorst auf.
Unter dänischer Herrschaft hat das hiesige Land viele Jahre der Ruhe
genossen, denn auch die Bewegung des Jahres 1848 berührte Lauenburg
wenig, nur daß der damalige Amtmann Prehn in Steinhorst
2), welchem, wohl irrthümlich, dänische
Gesinnung vorgeworfen wurde, auf Wunsch verschiedener
Amtseingesessener, welche in das Amtshaus kamen, um die Freilassung
des nach Ratzeburg abgeführten Amtsexecutors Martensen zu verlangen,
sein Amt am 17. April 1848 freiwillig niederlegte und Amtmann v.
Levetzow das Amt verwaltete. Bald darauf wurden in Folge des
Gerüchts, daß sich in den angrenzenden Holsteinischen Districten
räuberisches Gesindel zeige, die Einwohner des Amts Steinhorst
bewaffnet und Wachtdienst organisirt. Die Bewaffneten haben jedoch
keine Gelegenheit gehabt gegen das Gesindel einzuschreiten. Auf
Aufforderung des Oberbefehlshabers des 10. deutschen Armeecorps
Generals von Wrangel d. d. Kolding 6. Mai 1848
3), mußten alle Lauenburgische Mannschaften der Jahrgänge
1842-1847 sich in Rendsburg stellen, jedoch durch Befehl des
Reichskriegsministeriums vom 23. August 1848 wurde angeordnet, daß
Lauenburg sein besonderes und getrenntes Contingent auszubilden und
zu halten habe, welches in Ratzeburg gebildet wurde, nachdem in der
Zeit vom 2.-14. Juli einige 60 Mann des Hannoverschen
Infanterie-Regiments zur Aufrechthaltung der Ruhe in Sandesneben
einquartiert gewesen waren.
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1) Tit. I Nr. 10.
2) Tit. IV Nr. 2.
3) Tit. IIIb Nr. 4.
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Auch der Tod des Königs Friedrich VII. von Dänemark rief hier keine
Bewegung hervor 1), da die
Amts-Eingesessenen sich unter der Herrschaft des dänischen Scepters
wohl fühlten, auch die in Schleswig-Holstein ausgebrochene Erregung
ging spurlos an den Steinhorster Eingesessenen vorüber.
Auf Grund des Bundesschlusses vom 7. December 1863 übernahmen der
Königl. Sächsische Kreisdirector v. Könneritz und der Königl.
Hannoversche Geheime Regierungsrath Nieper als Bundescommission die
Verwaltung der Herzogthümer Holstein und Lauenburg, welche am 23.
December von Büchen aus die Bekanntmachung erließen
2).
Im Januar 1864 3) zogen verschiedene
Preußische Truppen durch das Amt, doch machte auch dieses keinen
Eindruck, weil die Einwohner sich für die Schleswig-Holsteinischen
Angelegenheiten wenig interessirten, vielmehr suchten sie sich von
ihren Holsteinischen Grenznachbarn möglichst fern zu halten.
Durch den Wiener Friedensschluß vom 30. October 1864 zwischen
Oesterreich, Preußen und Dänemark wurden die Herzogthümer Schleswig,
Holstein und Lauenburg an Oesterreich und Preußen abgetreten
4) und in Folge Bundes-beschlusses vom
5. December legten v. Könneritz und Nieper die Verwaltung nieder
5).
VII. Steinhorst unter Preußen seit 1865.
Durch Vereinbarung zwischen Oesterreich und Preußen vom 14. August
1865 6) wurde Lauenburg an Preußen
abgetreten
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1) Tit. I Nr. 9.
2) Offizielles Wochenblatt von 1863 Nr.
38.
3) Tit. I Nr. 9.
4) Offizielles Wochenblatt von 1864 Nr.
40.
5) Offizielles Wochenblatt von 1864 Nr.
40.
6) Offizielles Wochenblatt von 1865 Nr.
6.
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und durch die Convention d. d. Gastein, den 14. August
1865/Salzburg, den 20. August 1865 Art. 9 1)
überließ Oesterreich seine Rechte auf das Herzogthum Lauenburg an
Preußen gegen Entrichtung von 2,500,000 dänischen Thalern. Die
Besitzergreifung erfolgte am 15. September 1865 zu Ratzeburg
2) (Patent vom 13. September 1865) und
am 25. September 3) nahm Se. Majestät
König Wilhelm die Erbhuldigung in Ratzeburg entgegen
4). Durch Gesetz vom 23. Juni 1876
5) wurde dann das Herzogthum Lauenburg
mit der Preußischen Monarchie vereinigt.
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1) Offizielles Wochenblatt von 1865 Nr.
19 und 22.
2) Offizielles Wochenblatt von 1865 Nr.
20.
3) Offizielles Wochenblatt von 1865 Nr.
22.
4) Offizielles Wochenblatt von 1865 Nr.
23.
5) Preuß. Gesetz-Sammlung 1876 Seite
169.
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